Nach den Enthüllungen der «Panama Papers» über Briefkastenfirmen tritt Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zurück. Seine Fortschrittspartei schlug am Dienstag den Vizeparteichef Sigurður Ingi Jóhannsson als neuen Ministerpräsidenten vor.
Gunnlaugssons Name war im Zusammenhang mit den Enthüllungen über Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen aufgetaucht.
Gunnlaugsson hatte den Präsidenten Ólafur Ragnar Grímsson zuvor um Erlaubnis gebeten, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Grímsson wollte die Erlaubnis aber zunächst nicht erteilen, sondern erst mit der Unabhängigkeitspartei sprechen, Gunnlaugssons Regierungspartner. Das Krisentreffen dauerte am Abend noch an.
Zuvor hatten Tausende Isländer gegen Gunnlaugsson protestiert. Die Unterlagen sollen Informationen über eine Offshore-Firma auf den Britischen Jungferninseln enthalten, die Gunnlaugssons Frau gehört. Der Politiker wies die Vorwürfe zurück.
Nie in Geldnot
Zu wenig Geld hatte der in Ungnade Gefallene nie, er stammte aus wohlhabender Familie. Nachdem er als Fernsehjournalist gearbeitet hatte, eroberte der 1975 geborene Gunnlaugsson die politische Bühne im Sturm. Wie auch schon sein Vater trat er der liberalen Fortschrittspartei bei und wurde 2009 ihr Vorsitzender.
Vier Jahre später gewann der studierte Wirtschafts- und Politikwissenschaftler mit nur 38 Jahren die Parlamentswahl gegen die mehr als 30 Jahre ältere Sozialdemokratin Jóhanna Sigurðardóttir. Bei den Bürgern punktete er nach dem Bankenkollaps mit der Ankündigung von Schuldenerlassen für Privathaushalte.
Andere warfen dem Politiker Populismus vor und sahen in seiner Machtübernahme eine Rückkehr zu dem, wovon sie sich nach der Finanzkrise verabschiedet hatten: dem «alten Island», in dem mächtige Eliten und Clans den Ton angeben.
Damals hatte sich Gunnlaugsson gerade auch als Kämpfer gegen soziale Ungerechtigkeit im Schatten der Finanzkrise präsentiert. Dass die Briefkastenfirma seiner Frau jetzt auf der Gläubigerliste der Krisenbanken auftaucht, nehmen ihm seine Landsleute übel.
OECD macht Panama schwere Vorwürfe
Nach der Aufdeckung von 214'000 Briefkastenfirmen in Panama wirft die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) dem mittelamerikanischen Land schwere Versäumnisse vor. Panama halte internationale Standards für Steuertransparenz nicht ein.
«Panama ist der letzte grosse Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden», kritisierte der OECD-Generalsekretär Angel Gurría, am Dienstag in Berlin.
Panama habe sich nicht an Zusagen gehalten, internationale Standards für Steuertransparenz einzuhalten. Die Konsequenzen seien nun öffentlich sichtbar. Die OECD habe die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) erst vor einigen Wochen gewarnt, dass Panama einen Rückzieher gemacht habe beim vereinbarten automatischen Informationsaustausch über Finanzgeschäfte.
Der OECD-Chef forderte Panama auf, auf internationale Standards für Steuertransparenz zu achten: «Panama muss sein Haus in Ordnung bringen, indem es diese Standards unverzüglich umsetzt.» Die OECD ist weltweit der Motor im Kampf gegen Steuerbetrug und -vermeidung. (sda/dpa/afp/reu)