Ausstellung Steivan Liun Könz in Valchava GR

Ausstellung Steivan Liun Könz in Valchava GR

28.08.2017, 08:36

Eine Reise vom weiten Himmel hinunter zur schönen Welt und bis zur dunklen Tiefe bietet das Museum Chasa Jaura im Münstertaler Dorf Valchava GR. Reiseleiter ist der 1998 verstorbene Engadiner Künstler Steivan Liun Könz. Die Ausstellung dauert bis 14. Oktober.

Ein Abenteuer ist dieser Gang durch die Chasa Jaura, ein Trip voller fantastischer Geschichten. Erzählt, gezeichnet, gemalt oder gedruckt von Steivan Liun Könz (1940-1998), der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, «ein Schloss zu erforschen», wie er 1997 in einem seiner Tagebücher notierte. «In einem Schloss gibt es viele Zimmer. Ich finde jeden Tag eine neue Tür, die ich öffnen muss.»

Kaum hatte Könz jeweils Zugang zu einem dieser fiktiven Zimmer, sprich zu einer neuen Geschichte, brach er «unruhig und ungeduldig», von unersättlicher Neugier getrieben, wieder auf. «Mein Schloss ist noch lange nicht erforscht», so die Quintessenz ein Jahr vor seinem Tod. Es ist die Quintessenz eines Künstlers, der sein Leben nie in Ordnung bringen konnte, bringen wollte, der bis zum Schluss dem kreativen Chaos verschrieben blieb.

Eros lässt grüssen

Mit «Liebe Neugier», so das Lebenselixier von Könz, hat die Kuratorin Kathrin Siegfried ihre Ausstellung überschrieben. Die thematisch gebündelte Werkauswahl, die sie zusammen mit Andrea Könz, der Frau des Künstlers, getroffen hat, solle zeigen, was Steivan Könz neugierig gemacht habe, sagt Siegfried beim Rundgang.

Diese Neugier hat drei Ebenen: eine weltliche, eine himmlische, eine höllische. Angesiedelt hat Siegfried die Präsentation auf den drei Stockwerken der Chasa Jaura, wobei sie sämtliche Zimmer des verwinkelten Hauses bespielt hat. Mit seinem verwunschenen Ambiente rufe es geradezu nach Steivan Könz, sagt die Kuratorin. Ausgestellt hat sie nicht nur Gemälde, Zeichnungen, Grafiken, sondern auch erhellende Texte aus Könz' Skizzen- und Tagebüchern.

Die fünf Räumen des Erdgeschosses zeigen Könz als Geniesser. Er schwärmte von exotischen Gewürzen, liebte die Heimat, ging aber auch oft und gerne auf Reisen. Davon zeugen seine «Schiffe»: Radierungen ähnlich wie Suchbilder, die mit Fabulierlust fantastische Geschichten erzählen, aber auch stilisierte Malereien mit Wasserfarbe, bei denen die Gischt tatsächlich hochzuspritzen scheint.

Ein weiteres zentrales Genuss-Motiv waren die Frauen. Davon zeugen klassische Aktzeichnungen und -malereien, ebenso verworren-fantastische Radierungen, die wie viele andere Werke in ihrem Detailreichtum kaum zu entschlüsseln sind.

Immer wieder zeigt sich Könz auch als frecher, verspielt-humorvoller Künstler. Ein schönes Beispiel ist eine Radierung mit zwei Nonnen, die sich auf Stühlen gegenüber sitzen. Der einen, züchtigen, hängt ein Kreuz um den Hals, während die andere vollbusig und mit herausforderndem Blick das Kreuz durch ein Herz ersetzt hat. Eros lässt grüssen, auch im Kloster.

Religionen, Monster und das Labyrinth

Könz' spiritueller Suche widmet sich das Obergeschoss mit seinen drei Räumen. In Glaubensfragen sei der Künstler ein Eklektiker gewesen, betont Kathrin Siegfried. Er habe sich für alle Weltreligionen interessiert, auch für die grossen esoterischen Lehren Europas.

Während in einem Raum Bilder und Texte hängen, die durch die Religionen Afrikas und Indiens inspiriert sind, widmen sich die anderen dem Motiv des Narren sowie Könz' Auseinandersetzung mit dem Christentum. Im Mittelpunkt steht hier das Gebet «Char Segner. Lieber Gott.»

Bleibt die Unterwelt, die im düsteren Untergeschoss des Museums den passenden Raum gefunden hat. Hier zeigt sich, dass Könz - so Siegfried - auch «ein Mann des Dunkels» war. «Blut tropft und färbt das Schwarz» schrieb er 1986. Dazu passen die inneren Dämonen, seine Arbeiten aus den Serien «Mischwesen» und «Monster».

In zwei Gewölbekammern schliesslich sind Werke zum Thema «Labyrinth» zu sehen. «Vielleicht möchte ich auf meinem Totenbett das Ende des Labyrinths finden, da ist es dann fertig», sagte er 1997 in einem Radiobeitrag. Angst vor dem Tod hatte Steivan Könz nicht. «Du musst frei und offen vorwärts gehen, jeden Tag geniessen und jeden Tag einen Schritt auf deinen Tod zugehen können.»

«Komplizierte Menschen sind spannend»

Geboren wurde Steivan Liun Könz 1940 in Samedan GR. Seine Eltern waren der Architekt Iachen Ulrich Könz und die Schriftstellerin Selina Könz. Er wuchs im Unterengadiner Dorf Guarda auf. Hier lebte er wieder von 1980 bis zu seinem Tod 1998, wobei er in diesen Jahren auch viele Reisen unternahm. Einen Namen machte er sich in dieser Zeit auch als Sgraffitokünstler.

«Komplizierte Menschen sind spannend», umschreibt Kathrin Siegfried ihre Motivation, sich mit Könz auseinanderzusetzen. 2006 betrat sie erstmals sein Atelier in Guarda und stiess dort auf seine 130 Skizzen- und Tagebücher. Sie lernte Vallader, das Unterengadiner Romanisch, und kam so dem Denken des Künstlers in einer langen Recherchereise auf die Spur.

2011 gab Siegfried beim Limmat Verlag eine Monografie über den «Geschichtenerzähler und Bilderzähler» heraus. Ihre Ausstellung in Valchava öffnet weitere Türen zum Universum Steivan Liun Könz. (sda)

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