Deutschland: Jeder Vierte Deutsche würde auf Flüchtlinge schiessen lassen

Deutschland: Jeder Vierte Deutsche würde auf Flüchtlinge schiessen lassen

07.02.2016, 00:04

In Deutschland hält es mehr als jeder vierte Befragte (29 Prozent) für gerechtfertigt, unbewaffnete Flüchtlinge mit Waffengewalt am Grenzübertritt zu hindern. Für nicht gerechtfertigt halten dies 57 Prozent, keine Angaben machten 14 Prozent.

Dies geht aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov hervor, die am Samstag der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Hintergrund sind umstrittene Äusserungen der Chefin der Partei Alternative für Deutschland (AfD), Frauke Petry: Sie hatte gesagt, Polizisten müssten illegale Grenzübertritte von Flüchtlingen verhindern, «notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen». Später ruderte sie etwas zurück.

Vizekanzler Sigmar Gabriel forderte daraufhin die Beobachtung der rechtspopulistischen Partei durch den Verfassungsschutz. Dies würden laut der YouGov-Umfrage 32 Prozent voll und ganz befürworten und 26 Prozent eher befürworten. Dagegen würden es 13 Prozent ganz und gar ablehnen und 14 Prozent eher ablehnen. Befragt wurden 2080 Personen zwischen dem 2. und 4. Februar.

Das Oberhaupt der deutschen Katholiken, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, übte derweil scharfe Kritik an der Haltung der AfD in der Flüchtlingskrise. «Überlegungen, an den Grenzen auf wehrlose Flüchtlinge zu schiessen, sind inakzeptabel und menschenfeindlich», sagte er der «Passauer Neuen Presse» vom Samstag. «Parteien, die so etwas äussern, sind keine Alternative für Deutschland.»

Marx sagte, ihn erschrecke das Ausmass der Fremdenfeindlichkeit hierzulande. «Es hat in Deutschland leider immer ein gewisses Potenzial an Rechtsextremismus und auch Rassismus gegeben. Diese Ideologie hat sich offenbar weiter verfestigt», sagte der Kardinal. Die Hetze gegen Fremde reiche «bis in bürgerliche Kreise hinein». Auch die Sprache verrohe. «Der Firnis der Zivilisation ist offenbar doch nicht so dick wie immer gedacht.»

«Brauchen eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen»

Hingegen sprach sich Marx dafür aus, die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu begrenzen. «Auch als Kirche sagen wir: Wir brauchen eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen», sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz . Deutschland könne «nicht alle Notleidenden der Welt aufnehmen».

Es gehe bei der Aufnahme von Flüchtlingen «nicht allein um Barmherzigkeit, sondern auch um Vernunft», sagte Marx. Er sprach sich aber gegen eine Beschränkung des deutschen Asylrechts aus. «Jeder, der europäischen Boden betritt, muss anständig behandelt werden und ein faires Verfahren erhalten», sagte der Erzbischof von München und Freising. Die Grenze Europas dürfe «keine Grenze des Todes sein». (sda/dpa)

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