In aufgeladener Atmosphäre hat der Prozess gegen die überlebenden Besatzungsmitglieder der vor rund zwei Monaten gekenterten südkoreanischen Fähre «Sewol» begonnen.
In Gefängniskleidung und Handschellen erschienen Kapitän Lee Joon Seok und 14 Mitglieder seiner Mannschaft am Dienstag vor Gericht in der südwestkoreanischen Stadt Gwangju. Lee und drei seiner Untergebenen sind der «fahrlässigen Tötung» in besonders schwerem Fall angeklagt, ihnen droht die Todesstrafe.
Angesichts eines seit 1997 herrschenden Moratoriums ist jedoch kaum damit zu rechnen, dass ein derartiges Urteil vollstreckt wird. Die anderen elf Crew-Mitglieder müssen sich wegen weniger schwerwiegender Vorwürfe verantworten.
Die Fähre «Sewol» war am 16. April mit 476 Menschen an Bord vor der Südküste gesunken. Nach bisherigen Angaben kamen 292 Menschen ums Leben, noch immer werden aber zwölf Passagiere vermisst. Die meisten Opfer waren Schüler auf einem Ausflug.
Der Grossteil der Crew rettete sich rechtzeitig, ihnen wird deshalb unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen. Die wenigen Besatzungsmitglieder, die an Bord blieben und versuchten, den Passagieren zu helfen, überlebten das Unglück nicht.
Der grösste Teil der Wut der Bevölkerung richtet sich gegen Kapitän Lee und seine Mannschaft. Familien der Opfer begrüssten die Angeklagten im Gerichtssaal mit «Mörder»-Rufen, bis einer der drei Richter mit der Aussetzung des Verfahrens drohte. (rar/sda)