Der Rio Doce, einst ein schöner, mächtiger Fluss in Brasilien, verwandelt sich in eine giftige, braune Brühe. Drei Viertel des 850 Kilometer langen Flusses sind verseucht. Schuld daran sind giftige Schlammlawinen, die seit einem Unfall in einer Bergbaumine vor drei Wochen in die umliegenden Gewässer kriechen.
Es ist die grösste Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens, wie Tests des Instituts für Wasser in Minas Gerais (IGAM) zeigen: Stellenweise sind die Arsen-Werte im Fluss zehn Mal so hoch wie das Gesetz erlaubt. «Das Ausmass des Umweltschadens entspricht 20'000 olympischen Schwimmbecken mit Giftschlamm», sagt UNO-Experte John Knox. In einem grossen Gebiet seien der Boden, die Flüsse und das Wassersystem kontaminiert worden.
Das Desaster wird bleibende Schäden hinterlassen: «Viele Regionen werden nie mehr dieselben sein», prophezeit der Geologe Klemens Laschesfki zu Reuters. Der Biologe André Ruschi erklärt gegenüber ZDF heute: «Es wird mindestens 100 Jahre dauern, bis die Rückstände dieser Giftstoffe langsam verschwinden».
Videos zeigen verzweifelte Fischer, die weinend in ihren Holzbooten sitzen, in denen sie haufenweise tote Fische stapeln. Die Menschen, die an den verseuchten Gebieten leben, können das Wasser nicht mehr zum Trinken und Kochen benützen. Freiwillige und das Militär müssen mit Trinkwasserkanistern aushelfen.
Mittlerweile sind rund neun Tonnen verendete Fische aus dem Fluss entfernt worden. Dies berichtete das Portal UOL am Donnerstag (Ortszeit) unter Berufung auf die Umweltbehörde.
So nahm die Katastrophe ihren Anfang: Am 5. November brachen zwei Dämme einer Eisenerz-Bergwerks in der Stadt Mariana und lösten eine Lawine aus 62 Millionen Kubikmeter Schlamms voller Eisenerz-Abfälle aus. Diese begrub praktisch das ganze Bergdorf Bento Rodrigues unter sich, mindestens 15 Menschen kamen ums Leben.
Der Betreiber der Mine spielt alles in geradezu dreister Weise herunter. Die Abwasser seien nicht giftig, sagt das Unternehmen Samarco, das zu gleichen Teilen dem brasilianischen Bergbaukonzern Vale und dem britisch-australischen Rohstoffkonzern BHP Billiton gehört.
Präsidentin Dilma Rousseff vergleicht den Schaden mit der BP-Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im Jahr 2010. Brisant: Samarco soll Rousseffs Wahlkampagne, wie auch die ihres Mitkonkurrenten, zu grossen Teilen mitfinanziert haben.
Im Netz entlädt sich die Wut gegen den Konzern und die Präsidentin. User beklagen sich darüber, dass die Regierung nur eine Zahlung von umgerechnet 270 Millionen Franken als Notfallmassnahme gewährt. «Selbst das Hundertfache davon kann nicht wiedergutmachen, was dieser Konzern angerichtet hat», schimpft ein User auf Facebook.
Ein weiterer schreibt: «Das ist unser Fukushima.»