«Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr sicher.» Die Zürcherin Karin S. (*Name geändert) ist noch heute empört, wenn sie sich an die Wohnungsbesichtigung vor einigen Wochen im Zürcher Glattpark erinnert. «Ich fragte mich bereits beim Inserat, wie das gehen soll», sagt sie. Darin lud die Immobilienfirma Apleona zur Besichtigung einer Viereinhalbzimmer-Wohnung an einem Montag von 18 bis 20 Uhr. «Eine vorgängige Anmeldung war nicht nötig, und auf eine Maskenpflicht oder das Abstandhalten wurde im Inserat nicht hingewiesen.»
Karin S. traf pünktlich um 18 Uhr ein. «Ich wollte so gut wie möglich einen Andrang von anderen Interessenten vermeiden.» Doch das war nicht möglich. «Es klingelte immer häufiger, die Wohnung füllte sich stetig mit anderen Leuten.» Karin S. schätzt, dass sich zeitweise bis zu 20 Personen gleichzeitig in der Wohnung aufhielten, oft nahe beieinander in einzelnen Zimmern, um das Objekt der Begierde möglichst gut inspizieren zu können. «Auch wenn alle eine Maske trugen, wurde ich je länger je mehr nervös und mir wurde klar: Ich muss hier raus.» Schliesslich lautete schon damals die Empfehlung, dass nicht mehr als zehn Personen sich treffen und nicht mehr als zwei Haushalten zusammenkommen sollen.
Apleona verteidigt sich: Seit Herbst weise man in den Inseraten oder bei der Terminvereinbarung auf die Maskentragepflicht hin. Beim konkreten Fall habe man dies ebenfalls getan. Und gemäss den Informationen, welche der Firma vorliegen würden, hätten alle Interessenten ohne Ausnahme eine Maske getragen. Nur: Im Homegate-Inserat, das Karin S. ausdruckte und CH Media vorliegt, fehlt von Gesundheitshinweisen jede Spur.
Die Firma schreibt zudem, die Bewirtschaftungsteams seien «angehalten», keine spezifischen Termine in den Inseraten zu publizieren, da man die Resonanz nicht abschätzen könne. Auch diese Regel wurde im konkreten Fall aber missachtet.
Ein Blick auf aktuelle Online-Inserate zeigt: Der von Karin S. beschriebene Vorfall ist keine Ausnahme. So pries die Immobilienfirma Regimo zuletzt ebenfalls im Glattpark eine öffentliche Wohnungsbesichtigung an. Die Besichtigung war auf eine Stunde beschränkt. Und auch bei diesem Inserat waren Hinweise auf Vorsichtsmassnahmen inexistent.
Silvia Vorburger, Geschäftsführerin der Regimo Zürich mit rund 7000 Wohnungen im Kanton, sagt, man versuche wenn immer möglich individuelle Besichtigungstermine zu vereinbaren. «Es gibt aber Fälle, bei denen die aktuellen Mieter zum Beispiel wegen mangelnder, zeitlicher Verfügbarkeit explizit einen allgemeinen Besichtigungstermin durchführen wollen.» In solchen Fällen weise man den Mieter auf die BAG-Weisungen aufmerksam und bitte ihn oder sie, die Interessenten gestaffelt in die Wohnung einzulassen. Kontrolliert wird dies aber offensichtlich nicht.
Wenn Regimo-Angestellte die Wohnung präsentierten, würden diese stets eine Maske tragen und auf Sammelbesichtigungen verzichten, sagt Vorburger. Zudem versuche man bei Neubauprojekten auf Vor-Ort-Besichtigungen zu verzichten und stattdessen Live-Rundgänge via der Onlineplattform Zoom anzubieten.
Wincasa mit 69'000 Mietwohnungen in der Schweiz führt nebst individuellen und Online-Rundgängen ebenfalls noch immer Open-House-Besichtigungen durch. Die Firma betont, dass dies stets unter Einhaltung der BAG-Richtlinien geschehe. Danach würden auch Türfallen und andere Flächen desinfiziert. Dies gilt für Führungen mit Firmenangestellten. Doch inwiefern die Kontrolle tatsächlich funktioniert, wenn kein Wincasa-Personal vor Ort ist, bleibt unklar.
Auch die Immobilienfirma Livit, die 68'000 Wohnungen zu ihrem Portfolio in der Schweiz zählt, setzt auf individuelle und virtuelle Rundgänge von leerstehenden Wohnungen. Die Rückmeldungen dazu seien positiv, sagt eine Sprecherin. So könnten Interessenten einen ersten Eindruck gewinnen. Die virtuelle Tour ersetze aber in den meisten Fällen die persönliche Besichtigung nicht.
So genannte Open-House-Besichtigungen führe man zurzeit wegen der aktuellen Gesundheitsbestimmungen nicht durch. «Wir halten uns vollumfänglich an die Weisungen der Kantone und des Bundes», sagt die Sprecherin. Wenn sich die Interessenten trotz Einhaltung des nötigen Abstands unwohl fühlten, würden sie von den Angestellten gar allein in die Wohnung gelassen. Zudem führe Livit zurzeit Tests mit Live-Besichtigungen via Online-Stream durch.
Die Zürcher Pensionskasse BVK, eine der grössten Vermieterinnen der Schweiz, lehnt Open-House-Besichtigungen derzeit ebenfalls ab. «Wir beschränken uns auf individuelle Termine zum Schutz der Mieter und Mitarbeitenden», sagt ein Sprecher. Man biete schon seit längerem virtuelle Rundgänge mit 3D-Simulationen und 360-Grad-Fotos an, so dass man sich als Interessent durch die Räumlichkeiten klicken könne.
Zudem setzt die BVK auf die Dienste des Roboters Sam des Zürcher Startups Realbot Engineering. Dieser überträgt, was er sieht und er lässt sich vom eigenen Computer aus durch die frei werdende Wohnung steuern. Laut dem Sprecher ist die Innovation bisher ein Erfolg: «Keiner führt derzeit mehr Besichtigungen durch als Sam.» (bzbasel.ch)
- In einer Wohnung kann man sich gut aus dem Weg gehen. Notfalls bei zu viel Andrang neu ankommende kurz bitten draussen zu warten.
- Maskenpflicht
- Fenster offen lassen
Die Gefahr, dass man sich im Tram auf der Hinfahrt ansteckt ist wohl ungleich grösser.
Etwas mehr common sense, bitte.
Nur weil eine ängstliche Frau zu den Medien gerannt ist, braucht es kein Verbot.
Sich jetzt öffentlich in den Medien über sowas zu empören, ist unpassend.