Hyundai hat viel vor beim Thema E-Mobilität: In acht Jahren wollen die Koreaner elf Stromer im Angebot haben. Mit dem Ioniq 6 kommt Ende des Jahres das zweite vollelektrische Ioniq-Modell bei uns auf den Markt.
Wie schon beim 2021 eingeführten 5 geht Hyundai eigene Wege bei der Gestaltung des Ioniq 6, weicht aber in weiten Teilen vom kantigen Design des Ioniq 5 ab.
Der Ioniq 6 ist eindeutig keine Limousinen-Version des Steilheck-Ioniq 5, sondern optisch eigenständig – auch wenn er Details wie die Pixel-Grafik der Leuchten mit ihm gemeinsam hat. «Streamliner» nennt Hyundai ihn, in Anlehnung an die stromlinienförmigen Autos, die ab Ende der 1930er Jahre auf den Markt kamen.
Die Aussenhaut ist betont aerodynamisch mit einer sich im weiten Bogen spannenden Dachlinie, die bis weit in den kurzen Heckbürzel reicht. Die Nase sitzt deutlich tiefer und ist glatter, der Ioniq 6 duckt sich richtig auf die Strasse.
Hinzu kommen die mit der Blechhaut bündigen Türgriffe sowie die kleinen Kamerahalter in den Vordertüren, die als Ersatz für Aussenspiegel dienen. Lohn der Mühen ist ein cW-Wert von niedrigen 0.21 (Ioniq 5: 0.28).
Mit 4.86 Metern ist der Ioniq 6 über 20 Zentimeter länger als der Ioniq 5, sein Radstand fällt mit 2.95 Meter hingegen fünf Zentimeter kürzer aus. Trotz des zum Heck hin abfallenden Dachs bietet der Fond neben viel Bein- auch eine gute Kopffreiheit. Hyundai betont, dass die Sitze rund 30 Prozent dünner gearbeitet sind als bei vergleichbaren Modellen, aber dennoch bequem sein sollen. Das schafft mehr Raum.
Ausserdem zeichnen den 6 ein durchgehend flacher Boden sowie in der optionalen Viersitzer-Version eine durchgehende Mittelkonsole aus. Das Interieur gefällt unter anderem mit teilweise aus recyceltem Kunststoff gefertigten Oberflächen, mit einem aufgeräumten Cockpit und wohnlicher Atmosphäre.
Reduktion ist hier das Motto: Die Türen sind frei von Knöpfen, die Taster für die Fensterheber beispielsweise befinden sich in der Mittelkonsole. Auf der lässt sich auf ein Laptop abstellen, wenn die Ladepause fürs Arbeiten genutzt wird. Dafür sind auch 220-Volt-Steckdosen mit an Bord.
Eine weitere Besonderheit: Auf dem Lenkrad befinden sich statt des Hyundai-H vier zentrale Leuchtelemente. Sie geben ein visuelles Feedback der Spracherkennung und informieren zudem über den Ladezustand. Wenn Sie einmal ins Morsealphabet schauen: Vier Punkte stehen für, richtig, den Buchstaben H.
Neben den beiden optionalen Monitoren der kamerabasierten Aussenspiegel bietet das Cockpit noch zwei 12-Zoll-Displays auf dem Armaturenbrett. Die Anzeige hinterm Lenkrad ist vornehmlich für fahrrelevante Informationen, der rechts davon befindliche Touchscreen ist für so ziemlich alles andere verantwortlich.
In Sachen Assistenten ist der Hyundai auf der Höhe der Zeit: Er parkt selbstständig ein, hilft beim Spurwechsel, hält ansonsten die Spur, erkennt Verkehrszeichen und Querverkehr beim Ausparken.
Mehrere Motor- und Batteriepakete stehen zur Auswahl. Die 77.4-kWh-Batterie mit grosser Reichweite gibt es mit Heck- oder Allradantrieb. Das Topmodell bietet eine Systemleistung von 325 PS und 605 Nm Drehmoment, und benötigt für den Sprint von 0 auf 100 km/h lediglich 5.1 Sekunden.
Eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale des Ioniq 6 zum 5 ist seine Reichweite: Mit bis zu 610 Kilometern ist sie in der Version mit 77.4-kWh-Batterie rund 100 Kilometer grösser als beim kantigen Bruder mit 72.6-kWh-Batterie. Damit macht er dem Tesla Model 3 (602 Kilometer) und dem VW ID.3 (550 Kilometer) Konkurrenz. Zu solchen Werten tragen unter anderem die Karosserieform sowie Anpassungen an der Batterie und der Steuerung bei. Zudem ist der Ioniq updatefähig «over the air»: Die neueste Software wird direkt per drahtlosem Internet aufgespielt.
Mit Hyundais E-GMP-Architektur als technische Basis und 800-Volt-Technik lädt der Hyundai an einer 350-kW-Ladesäule in 18 Minuten seine Batterie von 10 Prozent auf 80 Prozent der Kapazität.
Noch ungewiss, doch der Preis könnte sogar ähnlich wie bei einem vergleichbar motorisierten Ioniq 5 (mindestens 41'900 Euro) ausfallen. In der Schweiz sind wohl eher Preise ab 50'000 Franken realistisch.
Bei der Präsentation war auch das Seven Concept zu sehen, eine Studie für ein Ioniq-SUV. Als nächstes Modell kommt zunächst die sportliche N-Variante des Ioniq 5 auf den Markt. Ob es die auch für den Ioniq 6 gibt? Ausschliessen wollte man es auf Nachfrage zumindest nicht.
Was mich beeindruckt und glücklich macht, ist die schnellere Ladezeit. Das ist bei Aussendienst und Ferien (lange Autobahnfahrten, Destination-Charging) und Stadtwohnung (kein Laden über Nacht) mehr als willkommen.
Bloss: Wo sind die entsprechenden Schnelllade-Stationen?