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Datenschützer sieht nach Hackerangriff Fehler bei Bund und Xplain

Une personne regarde le site internet de la societe Xplain, leader dans la creation de solutions logicielles dans le secteur "Homeland Security" ce dimanche 2 juillet 2023 a Daillens. Des in ...
Am Mittwoch ist der Untersuchungsbericht zum Hackerangriff auf Xplain erschienen.Bild: keystone

Datenschützer sieht nach Hackerangriff Fehler bei Bund und Xplain

01.05.2024, 11:4902.05.2024, 06:54
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Im Fall des Cyberangriffs von Kriminellen auf die Software-Entwicklerin Xplain haben sowohl der Bund als auch die Berner IT-Firma Fehler begangen. Das schreibt der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte in drei Untersuchungsberichten, die er am Mittwoch veröffentlichte.

Weder das Bundesamt für Polizei (Fedpol) noch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) hätten mit Xplain klar vereinbart, unter welchen Voraussetzungen Personendaten auf dem Server von Xplain gespeichert werden dürften. Das steht in der Mitteilung des Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Edöb).

Die Bundesstellen hätten ausdrücklich festhalten müssen, in welchem Umfang Personendaten an die Berner Firma übermittelt und von Xplain gespeichert werden dürften. Ohne diese genauen Anforderungen sei letztlich auf dem Server von Xplain «eine Sammlung von unstrukturierten Daten» entstanden. Die Menge an übermittelten Personendaten hält der Edöb zudem für unverhältnismässig.

Xplain hatte keine Zugriffsmöglichkeiten auf die Datenbanken der beiden Bundesämter. Die Firma hätte aber für den Edöb wissen müssen, dass die von ihr programmierten Supportfunktionen auch Personendaten enthalten konnten. «Für diese Bearbeitungen hat Xplain als Auftragsbearbeiterin keine angemessenen Massnahmen zur Gewährleistung der Datensicherheit (...) getroffen.»

Auch habe Xplain die datenschutzrechtlichen Grundsätze der Zweckbindung und der Verhältnismässigkeit verletzt. Zudem seien trotz vereinzelt vorhandener vertraglicher Löschpflichten Personendaten vertragswidrig aufbewahrt worden.

Auch externer Untersuchungsbericht liegt vor

Der Cyberangriff auf den IT-Dienstleister Xplain war am 23. Mai durch watson publik gemacht geworden. Die Hacker hatten eine Schwachstelle auf den Servern des IT-Dienstleisters Xplain mit Ransomware angegriffen und dort Daten der Bundesverwaltung gestohlen. Weil sie kein Lösegeld erhielten, veröffentlichten sie die Daten im Darknet.

Unter anderem landeten Personendaten der Militärpolizei sowie Angaben zu Personen, die 2015 im Hooligan-Informationssystem Hoogan aufgeführt waren, im Darknet.

Nicht nur der Edöb, sondern auch der Bundesrat reagierte auf das Datenleck. Er setzte einen Krisenstab namens «Datenabfluss» ein, der sicherstellen sollte, dass der Datenabfluss nicht weitergeht. Zudem erteilte er einer Genfer Anwaltskanzlei den Auftrag, bis Ende März eine Administrativuntersuchung durchzuführen.

Wie die Landesregierung am Mittwoch mitteilte, sind auch die Genfer Anwälte zum Schluss gekommen, die betroffenen Bundesstellen hätten Fehler gemacht. Lieferanten seien nicht sorgfältig genug ausgewählt und nicht angemessen instruiert und überwacht worden.

Bundesrat beschliesst Massnahmen

Nach Vorliegen der externen Untersuchung hat der Bundesrat Massnahmen zur Vermeidung künftiger Datenabflüsse beschlossen. Erstens will er das Sicherheitsmanagement des Bundes stärken, indem die Verwaltung bis Ende 2024 zusätzliche Sicherheitsvorgaben zur Zusammenarbeit mit Lieferanten erstellen muss.

Zweitens lässt die Landesregierung bis Ende Jahr ein Ausbildungskonzept für die Schulung und Sensibilisierung von Angestellten erarbeiten. Drittels lässt der Bundesrat eine Übersicht über die vorhandenen Kommunikationsmittel erstellen.

Die Cybersicherheit beim Bund erhöhe sich auch dank der Anfang Jahr in Kraft getretenen Informationssicherheitsgesetzgebung (ISG), schreibt der Bundesrat. Edöb Adrian Lobsiger hat den beiden Bundesämtern und Xplain Empfehlungen zugeschickt.

Letztere teilte am Mittwoch mit, die meisten Empfehlungen Lobsigers seien bereits umgesetzt respektive seien im vergangenen Jahr im Zug des Neubaus der IT-Infrastruktur angepasst worden. Im Fall des Cyberangriffs auf Xplain führt die Bundesanwaltschaft zwei Strafverfahren.

(sda)

Der Xplain-Hackerangriff und seine weitreichenden Folgen

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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bärn
01.05.2024 13:27registriert Juli 2016
"datenabfluss".... vielleicht sollte der bund auch mal eine taskforce "kompetenzabfluss" einrichten die das ziel hat festzustellen, wieviele leute eine funktion besetzen (anders kann man es nicht nennen, denn erfüllen tun sie es oft nicht), welcher diese leute nicht im ansatz gewachsen sind. es ist wirklich bedenklich. die audits oder prüfungen der EFK sind ungenügend und die leute geben sich mit abenteuerlichsten ausreden der verantwortlichen zufrieden.... was dazu führt dass diejenigen, welche kompetent wären, entweder mundtot gemacht werden oder eben zum kompetenzabfluss beitragen
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Yolanda Hecht
01.05.2024 12:41registriert Juni 2022
Wirklich? Wer hätte das gedacht? Der Bund und X-Plain haben Fehler gemacht. Ist das alles, was der Bericht zu bieten hat?
Der Bund hat produktive, geschützte Daten an den Software-Hersteller gegeben, anders sind die ja wohl kaum bei X-Plain gelandet. Einige Kantone taten das auch. Vermutlich für Tests von neuer Software. X-Plain hat sich diese Daten stehlen lassen.
Stehen da keine Straftatbestände im Raum? Kann der Staat gegen den Datenschutz verstossen, ohne dass es Konsequenzen gibt?
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santos7882
01.05.2024 13:42registriert November 2014
Finde es faszinierend wie sich der Bund mit seinen Millionen an Budget aus der Verantwortung reden will (zu wenig Ressourcen, Zeit...)-. Das kleine KMU soll aber in der Lage sein für die Versäumnisse des Bundes einzuspringen und muss ganz alleine (ohne Auftrag und Entlöhnung) die notwendigen technischen und organisatorischen Massnahmen umsetzen? Das ist wohl ein verspäteter 1. April-Scherz.
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