Alleine die Gemeinde Interlaken, welche als wichtige Tourismusdestination im Berner Oberland bekannt ist, konnte 400'000 Franken an Bussgeldern nicht eintreiben. Der Berner SVP-Grossrat Samuel Krähenbühl stellte eine Kleine Anfrage an die Berner Regierung, um mehr darüber zu erfahren.
In der Anfrage an die Regierung spielt der SVP-Politiker auch mit der Idee, die Vermietungsunternehmen direkt in die Pflicht zu nehmen: «Was meint der Regierungsrat zum Vorschlag, dass die Autovermieterinnen und Autovermieter für nicht bezahlte Bussen ihrer Automieterinnen und Automieter bezahlen müssten?» Der Regierungsrat antwortet, dass noch weitere Erfahrungen gesammelt werden müssen, doch erste Erkenntnisse zeigen, dass die Polizei zwar die Namen erhält, diese Forderungen von eher kleinen Einzelbeträge in den jeweiligen Staaten nicht durchgesetzt werden können.
Gegenüber BärnToday sagte Krähenbühl vergangene Woche, dass es vor allem um Touristen aus weiter entfernten Staaten, etwa aus dem asiatischen oder arabischen Raum, gehe, denn mit den europäischen Nachbarn gebe es mittlerweile Abkommen, die das Bussen-Inkasso regelten.
Doch was halten die betroffenen Firmen vom Vorschlag des Politikers? Nicht besonders viel. «Dieser Vorschlag entbehrt jeder Logik», teilt etwa Toby Meier, Kommunikationsmanager bei Herold Fahrzeugvermietung/Hertz, mit. «Der Sinn einer Busse ist klar definiert. Dabei geht es darum, ein Fehlverhalten (z.B. wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen) zu bestrafen. Das Fehlverhalten geht bei Verkehrsbussen, egal ob im In- oder Ausland, klar vom Lenker und nicht von der Mietwagenfirma aus.»
Erfahrungen mit Bussen mache man regelmässig, wie Meier sagt: «Mieter verursachen täglich Bussen, sowohl im In- als auch im Ausland.» Auch Massnahmen des Unternehmens, etwa höhere Kautionen, würden nicht funktionieren: «Kautionen können nicht endlos blockiert werden. Entsprechend ist es nicht die Aufgabe der Mietwagenfirma, eine Bankenfunktion für Mieter oder Behörden zu übernehmen und Geld auf Vorrat zu blockieren und/oder zu verwalten.»
Auch bei Europcar ist man mit dem jetzigen System zufrieden: «Grundsätzlich soll der Verursacher die Busse begleichen. Der Kunde wird von uns informiert und gebeten, die Rechnung zu begleichen», teilt Martin Helg von Europcar mit. Falls das nicht funktioniert, greift man auch zu drastischeren Mitteln. «Wir behalten uns vor, die Kreditkarte des Kunden zu belasten, sollte er die Busse nicht begleichen.»
Auch die Polizei ist mit dem aktuellen Vorgehen einverstanden. So werden die Bussen vorerst der Firma zugestellt und falls diese den effektiven Lenkenden nicht bekanntgeben will oder kann, haftet die Firma als Halter, wie Cindy Schneider, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern, erklärt. Dabei sei der Ablauf gleich wie bei Privatpersonen. Nach dem Versenden der Busse erfolgt eine Mahnung. Falls die Busse immer noch nicht bezahlt wird, wird ein ordentliches Verfahren eingeleitet. «Das ist aus unserer Sicht praktikabel und für die Involvierten korrekt», so die Mediensprecherin.