BR Leuthard: Satire ist kein Freipass. Aber keine Darstellung, keine Publikation legitimiert Gewalt. Das ist aufs Schärfste zu verurteilen.
— UVEK - DETEC - DATEC (@UVEK) 7. Januar 2015
Mit diesem Tweet stellte Bundesrätin Doris Leuthard die Twittergemeinde vor Fragezeichen. Sie verurteilte darin zwar klar das Attentat, begann das Statement aber mit einem Mahnfinger an die Adresse der Satiriker – gefährliches Terrain. Das bemerkte die Medienministerin denn auch mehr als eine Stunde später. Ein hastig verfasster Tweet sollte die Wogen glätten:
BR Leuhtard: Achtung, gab teilweise Missverständnis: Bin bestürzt über Anschlag. Pressefreiheit ist Grundrecht! Nichts rechtfertigt Attentat
— UVEK - DETEC - DATEC (@UVEK) 7. Januar 2015
Auch SVP-Mann Manuel Cadonau schoss mit einem beleidigenden Facebook-Post über das Ziel hinaus – beziehungsweise völlig daneben: Er forderte moslemfreie Fluglinien. Twitter-User amadé fries kommentierte darauf treffend: «Nicht jeder in der SVP ist ein Idiot. Aber jeder könnte einer sein...»
Als Antwort auf die Entrüstung im Netz wollte der Aussendienstmitarbeiter, der für die SVP schon für das Wiler Stadtparlament und den Kantonsrat kandidierte, den Post als «Satire» verstanden wissen:
Richtigstellung: Die Aussagen auf dem Bild entspricht in keinster Weise meine persönlichen Meinung! Hier wurde Satire aus Kontext gerissen!
— Manuel Cadonau (@ManuelCadonau) 9. Januar 2015
Auch beim für seine Haudegen-Statements bekannten SVP-Nationalrat Walter Wobmann musste man nicht lange auf eine unangemessene Reaktion warten: Im «Blick» forderte er nur Stunden nach dem Attentat, dass «keine islamischen Asylbewerber aus dem Irak und aus Syrien mehr aufgenommen werden» sollten. Denn via Asylwesen könnten sich die gefährlichsten Terroristen einschleusen, meinte Wobmann. Man solle doch lieber Verfolgte anderer Religionen aufnehmen.
Humor ist, wenn man trotzdem stirbt. http://t.co/LFxK2G0zwR
— Jacqueline Fehr (@jacquelinefehr) 8. Januar 2015
Jacqueline Fehr's Reaktion auf Twitter lässt den Leser einigermassen ratlos zurück. Der SP-Nationalrätin ist wohl ein Wortspiel mit Otto Julius Bierbaums Zitat «Humor ist, wenn man trotzdem lacht» misslungen. Ob Jacqueline Fehr tatsächlich durchdacht hat, was Humor denn ganz genau mit sterben zu tun haben soll, sei dahin gestellt.
"Frankreich ruft höchste Terrorwarnstufe aus http://t.co/ToYZhZpIcy via @tagesspiegel"Nur kath. Kirche kritisieren,sonst lebensgefährlich;-)
— Erika Steinbach (@SteinbachErika) 7. Januar 2015
Warum die deutsche CDU-Abgeordnete Erika Steinbach diesen Tweet mit einem Zwinkersmiley abschloss, verstand niemand. Mit «unfassbar!», «widerlich!», «geschmacklos!», «zynisch!» reagierten denn auch die Twitterer. Die konservative Steinmann schien dies kaum zu kümmern. Sie liess den Tweet unkommentiert stehen. Der Verleger und «Die Partei»-Funktionär Jens Bolm hat nun eine Anzeige gegen Steinbach eingereicht.
uff! RT @niggi: @Bild-Online-Chef @jreichelt: Womöglich ist Edward Snowden Schuld an den Anschlägen auf #CharlieHebdo pic.twitter.com/yKOWGfzCxd
— Michael Seemann (@mspro) 9. Januar 2015
Für «Bild online»-Chef Julian Reichelt ist plötzlich der amerikanische Whistleblower Edward Snowden schuld am Attentat: Weil dieser aufdeckte, in welchem Ausmass die NSA amerikanische Bürger überwacht, würden heute Attentäter wie die Kouachi-Brüder nicht mehr geschnappt, bevor etwas passieren würde, ist seine These. Eine kleine Verknappung, vielleicht.
Dieser Tag heute ist das 9/11 der Satire. #CharlieHebdo
— Florian Schroeder (@Schroeder_Live) 7. Januar 2015
Auch beim Tweet vom deutschen Komiker und SWR-Moerator Florian Schröder wurde Einigen etwas mulmig im Bauch. Irgendwie hinkte der Vergleich.