Im Wettlauf um die Vorreiterschaft bei fahrerlosen Autos hat der chinesische Suchmaschinen- und Tech-Gigant Baidu ein neues Robotaxi vorgestellt. Der Clou: Das Lenkrad des Apollo TR6 genannten Fahrzeugs lässt sich komplett ausbauen. So entsteht mehr Platz für die Fahrgäste, während das Taxi wie von Geisterhand zu seinem Ziel fährt – und das vielleicht schon ab kommendem Jahr.
Möglich machen soll das eine ganze Armada an technischen Geräten: 38 Sensoren, darunter acht Lidar-Sensoren, ein Radar, zwölf Ultraschall-Sensoren und zwölf Kameras, helfen dem Auto dabei, seine Position zu erkennen und selbstständig durch den Verkehr zu navigieren.
Damit fährt der RT6 autonom nach dem Level 4: Er kommt also ohne Fahrer aus, benötigt aber zusätzliches Kartenmaterial und kann sich deshalb nur in geographisch begrenzten Gebieten bewegen. Für Baidu ist autonomes Fahren nichts Neues: Bereits jetzt besitzt das Unternehmen eine grosse Flotte selbstfahrender Autos in chinesischen Metropolen wie Beijing oder Shanghai. Aktuell muss jedoch noch ein Mensch auf dem Fahrersitz das Gefährt überwachen. Laut Baidu haben die Robotaxis bereits mehr als eine Million Fahrten seit ihrem Start 2020 absolviert.
Eine weitere Besonderheit des RT6 ist sein Preis. Er kostet mit umgerechnet rund 36'000 Franken nur noch knapp die Hälfte seines Vorgängers. Damit wird ein Masseneinsatz dieser Robotaxis auch finanziell immer lukrativer, schliesslich fallen im Betrieb die Kosten für einen Fahrer weg. Dies macht auch die Fahrten günstiger, ein klarer Wettbewerbsvorteil. Und wenn man Baidu Glauben schenken möchte, fährt der RT6 mit seiner intelligenten Software in etwa so gut wie ein Fahrer mit 20 Jahren Erfahrung.
Dass der RT6 schon ab seinem Start ganz von allein fahren wird, ist jedoch unwahrscheinlich. Die chinesischen Gesetze verlangen einen Menschen, der im Notfall eingreifen kann. Noch. Denn Baidu geht davon aus, dass das Lenkrad in absehbarer Zeit wirklich aus dem RT6 ausgebaut werden kann und das Auto dann vollständig automatisiert fährt.
Und da sich auch andere Unternehmen auf dem chinesischen Markt tummeln, darunter AutoX des Technologiegiganten Alibaba, Pony.ai von Google- und Baidu-Entwicklern, finanziert von Toyota, oder WeRide von Nissan und der Guangzhou Automobile Group, geht das Rennen weiter. Der Druck auf die Behörden dürfte sich mit der Zeit deutlich erhöhen.
In den USA ist in San Francisco währenddessen ein Pilotprojekt an den Start gegangen, bei dem 30 Robotaxis des Anbieters Cruise (Tochter von General Motor) komplett ohne Fahrer durch die Stadt fahren. Sowohl GM als auch Ford haben jetzt ausserdem unabhängig voneinander eine Sondergenehmigung für den Einsatz einer begrenzten Anzahl autonomer Automobile bei der US-Verkehrssicherheitsbehörde eingereicht.
Hey San Francisco, ready to ride? Be one of the first to experience the magic of a driverless ride. Sign up today at https://t.co/nXPJ9a6g7o pic.twitter.com/XCJETJ0cWb
— cruise (@Cruise) February 1, 2022
Die Unternehmen wollen bis zu 2'500 Fahrzeuge pro Jahr für Mitfahrgelegenheiten und Lieferdienste einsetzen, was der gesetzlich zulässigen Höchstgrenze für vollständig autonome Fahrzeuge in den Vereinigten Staaten entspricht. Dabei machen beide Hersteller klar: Die Autos sind nicht für den Verkauf an Endkunden bestimmt.
Tesla will ebenfalls in den Markt einsteigen: 2024 sollen die ersten Robotaxis ohne Lenkrad und Pedale auf den Markt kommen. Eine Fahrt soll weniger als ein Busticket kosten. Und Alphabet (Google) testet seit 2020 autonom fahrende Autos im US-Bundesstaat Arizona.
Auch in Deutschland kommt das Robotaxi nun in Fahrt: Seit Ende Juli 2021 gilt ein erstaunlich fortschrittliches Gesetz, das Deutschland zum Vorzeigeland für selbstfahrende Autos machen soll. Und noch in diesem Jahr wird das erste Angebot starten: Die Intel-Tochter Mobileye und der Autovermieter Sixt wollen bis zum Jahresende einen ersten Service mit autonomen Fahrzeugen in München anbieten. Weitere Anbieter wollen schnellstmöglich nachziehen.
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Ja, Unfälle wird man nie 100%ig vermeiden können. Aber wenn selbstfahrende Autos insgesamt weniger bzw. weniger schwere Unfälle verursachen, ist das schon ein riesiger Sicherheitsgewinn.
An Reaktionszeit und Situationsbewusstsein (was rundherum geschieht, inkl. Bereiche, die für menschliche Fahrer tote Winkel wären) sind automatische Systeme jetzt schon nicht zu überbieten.