Bereits vor 15 Jahren wurde Spielkonsolen ein schleichender Tod prophezeit. Tablets, wie das damals brandneue iPad, würden ihnen den Rang ablaufen, glaubten Experten. Heimkonsolen hätten wegen Cloud-Gaming keine Zukunft, behaupteten Tech-Enthusiasten. Smartphones würden mobilen Konsolen den Todesstoss versetzen, schrieben Marktforscher. Insbesondere Nintendo habe als Konsolenhersteller keine Zukunft, erklärten Analysten.
Sie irrten.
Nintendos brandneue Switch 2, die am Fernseher und mobil als Handheld genutzt werden kann, verkauft sich schneller als jede Konsole zuvor. Über 3,5 Millionen verkaufte Switch 2 nach den ersten vier Verkaufstagen sind mit grossem Abstand der bislang erfolgreichste Konsolen-Launch.
Obwohl Nintendo den Preis anhob und mehrere Millionen Stück vor dem Verkaufsstart produzieren liess, war sie in vielen Läden postwendend ausverkauft. Gleichzeitig steht die erste Switch, die 2017 auf den Markt kam, kurz davor, die meistverkaufte Konsole der Videospielgeschichte zu werden. Nintendo war nie erfolgreicher als heute.
Rivale Sony kann ebenfalls nicht klagen: Die aktuelle Playstation 5 verkauft sich nahezu gleich gut wie die PS4 und besser als die PS3. Die PS5 ist zugleich Sonys profitabelste Konsole, was auf höhere Einnahmen aus Abos, Mikrotransaktionen und gestiegene Verkaufspreise zurückzuführen ist.
Von einem drohenden Ende der Playstation kann keine Rede sein. Die Entwicklung der nächsten Sony-Konsole ist in vollem Gange, wie Playstation-Chef Hideaki Nishino diese Woche bekräftigte. Die Playstation 6 dürfte allerdings nicht vor 2028 erscheinen.
Microsoft, der dritte Konsolenhersteller im Bunde, ist deutlich weniger erfolgreich unterwegs, hat aber trotzdem ebenfalls diese Woche die nächste Xbox-Generation angekündigt.
Dafür, dass Konsolen angeblich seit Jahren im Sterben liegen, geht es ihnen blendend. Switch 2, Playstation 6 und die Next-Gen-Xbox werden auch in den kommenden Jahren in unseren Wohnzimmern stehen.
Smartphones und Tablets haben Millionen neue Menschen zum Gaming gebracht und den Markt erweitert. Sie verdrängen (portable) Konsolen aber nicht, vielmehr sind sie eine Ergänzung.
Trotz Handyspiel-Boom ist Nintendo auf der Erfolgsspur. Die Hybridkonsole beweist, dass sich erfinderische Konsolenhersteller einen Anteil am Gaming-Markt sichern können. Die Japaner bieten zudem exklusive Spiele, die es auf keiner anderen Plattform gibt – erst recht nicht auf Smartphones. Zudem wird die Switch meist zu Hause auf dem Sofa (oder im Bett) genutzt, während Handy-Games viel öfter ausser Haus gespielt werden.
Anders gesagt: Portable Konsolen und Smartphones unterscheiden sich hinsichtlich ihres Spieleangebots und der Nutzungsgewohnheiten – sie sind nicht eins zu eins austauschbar. Manche Spiele funktionieren auf dem Touchscreen des Smartphones gut, andere mit dem Controller der Konsole und Dritte sind mit Maussteuerung am PC am besten spielbar.
Auch PC-Handhelds wie Valves Steam Deck sind kein direkter Ersatz für mobile Konsolen. Sie bedienen eine Nische und eine grösstenteils andere Zielgruppe als Nintendo. Die Nintendo Switch 2 bleibt für die breite Masse viel zugänglicher als ein PC-Handheld und hat sich in den ersten Verkaufstagen fast gleich oft verkauft wie das Steam Deck in drei Jahren. Nintendo dürfte mit der Switch 2 in wenigen Monaten gar alle bisherigen Verkäufe sämtlicher PC-Handhelds zusammen überholt haben.
Vom Erfolg der Nintendo Switch ermutigt denkt auch Sony über eine neue, mobile Konsole nach. Anders als die aktuelle Playstation Portal soll der kommende Sony-Handheld Games wieder lokal abspielen können.
Auch die seit Jahren herbeigeredete Revolution durch Cloud-Gaming macht Konsolen in den nächsten Jahren nicht überflüssig. Game-Streaming wächst auf bescheidenem Niveau, wird aber sein Akzeptanzproblem nicht los, solange lokal ausgeführte Spiele das bessere Spielerlebnis bieten. Laut Playstation-Chef Nishino werde Cloud-Gaming daher die kommende Playstation 6 weiterhin nur ergänzen, aber nicht ersetzen.
Google musste auf die harte Tour erfahren, dass sich der Erfolg der Videostreaming-Plattform YouTube mit Games-Streaming nicht so einfach wiederholen lässt. Der Tech-Gigant hat seinen 2019 lancierten Games-Streaming-Dienst Stadia bereits wieder eingestampft. Gamer zeigten ihm die kalte Schulter. Stadia fehlte es an exklusiven Spielen, um Kunden anzulocken. Dafür wären mehrere eigene Gamestudios und Investitionen in Milliardenhöhe notwendig gewesen.
Nur wenig besser ergeht es Apple Arcade, Apples Abodienst für Games, die auf iPhone, iPad, Mac oder Apple TV gespielt werden können. Ein Game-Journalist schrieb einst spöttisch, dass ein Nintendo-Spiel wie Zelda mehr Qualität und Spielspass biete als die über 200 Apple-Arcade-Games zusammen.
Der grösste Konkurrent für Konsolen bleibt der PC. Er war und ist ihnen technisch überlegen. Dass PC-Gaming in den vergangenen Jahren gegenüber Heimkonsolen an Boden gewann, hat aber einen anderen Grund: Ein wichtiges Kaufargument für eine Playstation oder Xbox waren lange Zeit die Exklusivtitel – Spiele, die es nur auf dieser einen Plattform gab. Doch diese Ära neigt sich dem Ende zu. Microsoft und sogar Sony öffnen sich dem PC.
Warum?
Das Budget von Blockbuster-Games hat sich in den letzten 15 Jahren verzehnfacht. Daher wiegt die Erkenntnis, dass sich mit dem PC-Markt zusätzliches Geld verdienen lässt, schwerer als die Verteidigung der eigenen Konsole. Selbst Playstation-First-Party-Games finden den Weg auf den PC.
Microsoft geht gar noch deutlich weiter als Sony.
Bereits die aktuelle Xbox Series X ist gewissermassen ein PC, da die Basis für das Xbox-Betriebssystem Windows ist. Bei der nun angekündigten nächsten Xbox-Generation dürfte es sich noch mehr um eine Art Wohnzimmer-PC von Microsoft handeln, der nebst bisherigen Xbox-Spielen Zugriff auf andere PC-Verkaufsplattformen wie Steam ermöglichen soll.
Bei Microsoft verwischt die Grenze zwischen PC und Konsole also immer mehr. Dies soll den Entwicklungsaufwand und die Kosten für Gamestudios reduzieren. Zudem deutet der Xbox-Hersteller an, dass eine Reihe von Geräten anderer Hardware-Hersteller erscheinen könnte, die ebenfalls das Xbox-Branding tragen.
Auch wenn die nächste Xbox technisch gesehen mehr PC als klassische Konsole sein mag, erhalten die User voraussichtlich weiterhin ein Gerät, das unkompliziertes Spielen am Fernseher ermöglicht und sich wie eine Konsole anfühlt. Gemeint sind typische Vorzüge, wie die neusten Spiele zu spielen, ohne sich mit Systemanforderungen beschäftigen zu müssen.
Wohin die Reise geht, hat Microsoft Anfang Juni mit einem neuen PC-Handheld von Asus demonstriert, der noch dieses Jahr unter dem Namen Xbox Ally verkauft wird. Der Xbox Ally läuft mit Windows 11 und einer Xbox-ähnlichen Benutzeroberfläche, was ein Konsolen-ähnliches Spielerlebnis ermöglichen soll. Auch hier sollen User Zugriff auf alternative PC-Game-Stores haben, ohne sich mit Windows-Einstellungen auf einem Handheld herumschlagen zu müssen. Das Versprechen ist ein PC-Handheld mit dem Spielgefühl einer Konsole.
Der Xbox Ally mit einer einfachen Benutzeroberfläche im Konsolen-Look ist Microsofts Reaktion auf Valves Steam Deck, den bislang erfolgreichsten PC-Handheld. Valve hat erkannt, dass es bei portablen Geräten nicht um möglichst viel Leistung geht, sondern darum, PC-Games auf einem Handheld mit der komfortablen Nutzeroberfläche einer Konsole nutzen zu können.
Davon gänzlich unberührt köchelt Nintendo wie gewohnt sein eigenes Süppchen. Der Meister der portablen Konsolen leistet sich den Luxus, Spiele exklusiv auf der eigenen Hardware anzubieten – was Nintendo-Geräte wiederum umso populärer macht. Denn nach wie vor gilt: Die Software verkauft die Hardware.
Ob Smartphone, Konsole oder PC, alle Plattformen haben für Spielerinnen und Spieler ihre Vorzüge und Nachteile. Sie ergänzen sich und sprechen teils andere Zielgruppen an.
Wenn insgesamt mehr Menschen auf Smartphones oder am PC spielen, heisst dies nicht, dass Konsolen dem Untergang geweiht sind. Konsolenhersteller haben sich immer wieder erfolgreich neuen Technologien und Spielgewohnheiten angepasst. Ausserdem sind nun mal zahlreiche Game-Genres wie geschaffen für das Spielen auf dem Fernsehbildschirm.
Allen Unkenrufen zum Trotz bleiben uns Playstation, Xbox und Nintendo Switch auch in den nächsten Jahren erhalten. Die klassische Spielkonsole, seit Jahrzehnten das Herzstück vieler Wohnzimmer, wird nicht so bald das Zeitliche segnen.
Ich spiel dann wieder Brett.