Parabolantennen auf dem Dach der Firma Wavecom in Bülach.screenshot: google maps
Die professionelle Antennenanlage der Firma Wavecom wurde von der Stadt Bülach gar nie abgenommen. Jetzt will die Stadt die Firma kontrollieren. Warum sie dies 20 Jahre lang nicht tat, ist unklar.
23.03.2015, 07:1123.03.2015, 08:33
stefan schmid / aargauer zeitung
Ein Artikel von
Der Fall Wavecom zieht weitere Kreise: Aufgeschreckt durch die Recherchen der Nordwestschweiz, nimmt sich nun die Stadt Bülach der mutmasslichen Abhör- und Spionagefirma auf dem eigenen Stadtgebiet an.
Für den Bau der Antennenanlage auf dem Dach der Firma hat die Stadt 1995 zwar grünes Licht erteilt. Allerdings wurde die Anlage, die private Gespräche, Fax und E-Mails über den Satelliten Inmarsat 3 F-2 abhören kann, seither nie abgenommen.
Auf Anfrage räumt Stadtschreiber Christian Mühlethaler ein: «Das ist ein Fehler. Wir werden dies möglichst rasch nachholen.» Warum es die Behörden 20 Jahre lang versäumt haben, die Firma zu kontrollieren, kann Mühlethaler nicht sagen.
Anlage wurde ausgebaut
Zur Erinnerung: Auch die zuständigen Bundesbehörden schauten bisher grosszügig weg. So hat die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen Wavecom nach Abklärungen des Geheimdienstes (NDB) eingestellt.
Dieser kam zum Schluss, die Firma sei harmlos. Dies ist umstritten. Im Raum steht die Vermutung, der Nachrichtendienst stelle sich schützend vor die Firma. Der NDB bestreitet zwar, Daten von Wavecom zu bekommen.
Klar aber ist: Die Aufklärungszentrale der Armee in Zimmerwald (ZEO) benutzt für die Schulung des eigenen Personals Abhörsoftware von Wavecom. Der Auftraggeber des ZEO ist der NDB.
Hauptsitz des NDB in Bern.Bild: KEYSTONE
Auch das Bundesamt für Kommunikation (Bakom), das eigentlich für den Schutz des Fernmeldegeheimnisses zuständig ist, machte bisher nicht die geringsten Anstalten, die Firma zu überprüfen.
Es ist daher nicht ohne Ironie, dass sich jetzt ausgerechnet die lokalen Behörden der dubiosen Firma annehmen. Ein Augenschein vor Ort habe ergeben, dass sich auf dem Dach der Firma mindestens zwei Bauten befinden, die 1995 nicht bewilligt worden seien, sagt Stadtschreiber Mühlethaler. «Wir werden nun das Gespräch mit der Firma suchen. Der Stadt Bülach ist nicht bekannt, ob die Anlage jemals ausgebaut worden ist.»
Recherchen der «Nordwestschweiz» aber zeigen: Die Abhöranlage wurde zweimal substanziell ausgebaut. Zu den zwei gut sichtbaren Parabolantennen gesellten sich in der Zwischenzeit zwei Kurzwellen-Richtantennen, die dazu dienen, das Schweizer Funkspektrum abzuhorchen. Die Firma ist somit technisch ähnlich gut ausgerüstet wie der Geheimdienst bei seinen offiziellen Abhörstationen in Leuk und Wolfrichti.
Das Abhörsystem des Nachrichtendienstes
So gelangen Daten und Produkte nach Bern.Bild: Nordwestschweiz
Ist die Anlage illegal?
Stadtschreiber Mühlethaler sagt: «Sofern die Anlage nicht der ursprünglichen Baubewilligung entspricht, ist ein nachträgliches Baubewilligungsverfahren durchzuführen.»
Dabei sei zu prüfen, ob die bereits erstellte und erweiterte Anlage überhaupt bewilligungsfähig sei. Mit anderen Worten: Die Stadt Bülach klärt ab, ob die gesamte Abhöranlage legal ist.
Das Gesetz ist klar. Privaten ist das Abhören von nichtöffentlichen Gesprächen verboten. Nur schon das Erstellen von Konstruktionsplänen für eine Abhöranlage ist illegal. Wavecom benutzt die Anlage, um die eigenen Abhörprodukte zu testen. Zudem bietet die Firma Kurse für Spione aus dem In- und Ausland an. Diese können am Livesignal Satelliten-Kommunikation mithören.
Ob damit zusätzlich die Straftatbestände «verbotener Nachrichtendienst» und «verbotene Handlungen für einen fremden Staat» erfüllt werden, muss eine Untersuchung zeigen. Die zuständige Geschäftsprüfungsdelegation in Bern hat den Fall traktandiert. Wavecom liess wiederholt Anfragen der «Nordwestschweiz» unbeantwortet.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Das ist ein empfindlicher Rückschlag für die Abschaffung des Eigenmietwerts. Der gewichtige Mieterverband entzieht dem Projekt seine Liebe. Das verschlechtert die Aussichten an der Urne zusätzlich.
Eine Lösung schien in Griffweite: Die Kommission des Ständerats war beim Eigenmietwert grossmehrheitlich auf die Linie des Nationalrats umgeschwenkt. Der Plan lautet: Die ungeliebte Steuer soll sowohl für Erst- als auch Zweitwohnungen abgeschafft werden, dafür sollen praktisch alle Steuerabzüge wegfallen. Heute wird Hausbesitzern eine fiktive Miete verrechnet, die sie als Einkommen bei den Steuern ausweisen müssen. Dafür können Schuldzinsen und Unterhaltskosten abgezogen werden.