Die aktuelle Krise habe noch einmal eine andere Dimension als die Heroin- und Crack-Epidemien der 70er und 80er Jahre, die weltweit Schlagzeilen machten. Damals waren meist in Städten lebende Afro-Amerikaner aus armen Verhältnissen betroffen. Zu dieser Einschätzung kommt die US-Gesundheitsbehörde CDC.
Heute gebe es zwei neue Hauptgruppen von Abhängigen: 18 bis 35-Jährige, die für kurze Zeit Schmerzmittel verschrieben bekamen und deren Wirkung als Spassfaktor empfinden und 40- bis 70-Jährige aus der oberen Mittelklasse. Sie alle sind meist weiss, gebildet, männlich und stammen aus ländlicheren Gegenden.
Die Gesundheitsbehörde CDC kritisiert vor allem die Ärzte. 259 Millionen Rezepte für Schmerzmittel stellten US-Ärzte 2012 aus – so viele, dass jeder Erwachsene statistisch gesehen eine Pillendose im Schrank haben könnte. Die langfristige Verschreibung von Opioiden fördere aber vor allem bei den 40 bis 70-Jährigen deren Abhängigkeit, warnt Experte Kolodny.
Doch auch in New York ist die Lage ernst. Die Zahl der Drogentoten in der Millionenmetropole ist zwischen 2010 und 2013 um 41 Prozent hochgeschnellt. Kürzlich meldete die städtische Gesundheitsbehörde für das vergangene Jahr 782 Fälle – statistisch gesehen sind das mehr als zwei pro Tag. Mit 77 Prozent sei der Grossteil der an einer Überdosis gestorbenen Menschen abhängig von Opioiden gewesen. Dazu zählen Schmerzmittel, Methadon und Heroin.
In mehr als der Hälfte aller Fälle spielte dem Bericht zufolge Heroin eine Rolle. Das Rauschgift scheint die Drogenszene wieder zu dominieren: Innerhalb der letzten drei Jahre hätten sich die Todesfälle nach Heroin-Konsum in der Stadt verdoppelt.
«Da es als junger, eigentlich gesunder Mensch schwierig ist, die Mittel verschrieben zu bekommen, gehen die jungen Leute zum Schwarzmarkt», sagt Andrew Kolodny, medizinischer Leiter des «Phoenix House», einer landesweit agierenden Organisation zur Hilfe Suchtkranker.
Dort ist Heroin Schätzungen zufolge bereits für weniger als vier Euro zu kriegen. Noch schlimmer als in New York sei es aber zum Beispiel in den südlicher gelegenen Bundesstaaten Tennessee, Kentucky, North und South Carolina. «Die Opioid-Krise ist ein US-weites Problem», sagte Kolodny. (whr/sda/dpa)