Eishockey

Nutzen wir die Chance, die Nummer 1 in Europa zu werden?

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Es braucht Investitionen

Nutzen wir die Chance, die Nummer 1 in Europa zu werden?

Die Schweizer Eishockeyanerinnen fristen ein Schattendasein. Dabei wäre es in keinem anderen Mannschaftssport billiger und einfacher zum fixen Medaillenkandidaten zu werden.
20.02.2014, 07:5820.02.2014, 12:31
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Einer der bittersten Tage im schweizerischen «Machosport» Eishockey: Die Männer fliegen heim, die Frauen aber spielen heute gegen Schweden um Olympia-Bronze. Die Männer reisten als WM-Finalisten an und kehren kleinlaut als olympische Versager heim. Sie haben das Turnier nach einem 1:3 im Achtelfinal gegen Lettland auf dem 9. Platz beendet. 

Die Frauen spielen nach dem historischen 2:0 im Viertelfinal gegen Russland nun gegen die Schwedinnen um Bronze. Um die erste olympische Hockey-Medaille seit 1948 in St. Moritz (Bronze). 

Das Problem mit der Akzeptanz

Frauen-Eishockey hat bei uns keine Akzeptanz in der «Machowelt» Eishockey. Von den grossen Hockeyunternehmen investieren nur die ZSC Lions und Lugano Geld ins Fraueneishockey. Neun Nationalspielerinnen spielen bei diesen Teams. Zug hatte einst ein Frauen-Meisterteam. Doch die Frauenabteilung ist geschlossen worden. 

Die Akzeptanz von Frauenhockey ist auch in Nordamerika nicht grösser. Dort zeigen sich zwar wegen der politischen Korrektheit offiziell alle hell begeistert, wenn sie nach Frauenhockey gefragt werden. Aber inoffiziell ist die Häme gross. Frauenhockey ist kein Geschäft (es gibt keine Profiliga), es gibt für Frauen ausserhalb des nordamerikanischen Universitätssystems keine Möglichkeit, mit Eishockey den Lebensunterhalt zu verdienen, und es ist noch immer für jeden gestandenen nordamerikanischen Hockeychronisten eine Schmach, über Frauenhockey berichten zu müssen.  

Julia Marty (l.) spielte zum Nulltarif in Schweden.
Julia Marty (l.) spielte zum Nulltarif in Schweden.Bild: EPA/EPA

Im richtigen Moment gesiegt

Das beste Beispiel für die notorische Geringschätzung des Frauenhockeywunders liefern bei uns die Einfaltspinsel, die den Erfolg von Sotschi auf den kuriosen Modus reduzieren. Den Frauen genügte ein Sieg fürs Medaillenspiel. Nur ist dieser Modus erstens für alle gleich, zweitens haben die Schweizerinnen diese Ausgangsposition durch Leistung an der WM (Bronze) erarbeitet und drittens ist es ihnen gelungen, das alles entscheidende Spiel im Viertelfinale gegen Russland zu gewinnen.  

Die Männer haben nach drei an und für sich bedeutungslosen Gruppenspielen versagt, als sie gegen Lettland hätten gewinnen müssen. Die Schlussfolgerung: Unsere Eishockeyfrauen sind mental stärker als die Männer. 

Im richtigen Moment haben die Schweizer Eishockeyanerinnen gesiegt.
Im richtigen Moment haben die Schweizer Eishockeyanerinnen gesiegt.Bild: EPA/EPA

Grosses Medaillenpotenzial bei den Schweizer Frauen

Unser Frauenhockey hat 2014 gewisse Parallelen zum Männerhockey der 1990er Jahre, als die Schweiz den langen Weg aus der internationalen Bedeutungslosigkeit zur Weltspitze begann. Auch damals konzentrierten sich die Nationalspieler lange Zeit auf zwei Unternehmen (Bern und Lugano) und auch damals gelang der erste internationale Erfolg nach der Rückkehr in die A-Gruppe vor allem dank einem kuriosen Modus: Mit zwei Siegen (!) kamen die Schweizer ins Halbfinale. 

Unabhängig davon, wie das Bronzespiel ausgeht: Unsere Hockeyfrauen haben ein enormes künftiges Medaillenpotenzial. Dieses Team ist jung und die wichtigsten Spielerinnen können auch in vier Jahren noch einmal antreten. 

Es braucht gezielte Hilfe des Verbandes

Das Problem: Wo können die Spielerinnen bis 2018 auf hohem Niveau trainieren und spielen? Als Vorbereitung auf Sotschi haben einige für den olympischen Traum grosse Opfer auf sich genommen. Sie spielten diese Saison etwa zum Nulltarif in Schweden (Marty-Zwillinge) oder spielen und trainieren mit Männern (Florence Schelling). Die Schweizer Frauen-Meisterschaft ist nicht gut genug für olympische Heldinnen.

Die einfachste und beste Lösung: Der Verband ermöglicht durch entsprechende Investitionen einen intensiveren internationalen Spielverkehr (vor allem mit nordamerikanischen Teams) auf allen Stufen (auch bei den Juniorinnen) und vergibt Stipendien für Auslandeinsätze. Es kann ja nicht sein, dass Stefanie und Julia Marty, zwei der besten Spielerinnen der Welt, auf eigene Rechnung in Schweden spielen. Es kann auch nicht sein, dass Erfolgstrainer René Kammerer (seit 2004 im Amt) aus wirtschaftlichen Gründen nach Sotschi zurücktreten will. Fraueneishockey lässt sich ohne gezielte Hilfe des Verbandes nicht weiter entwickeln. 

René Kammerer tritt aus wirtschaftlichen Gründen nach Olympia zurück.
René Kammerer tritt aus wirtschaftlichen Gründen nach Olympia zurück.Bild: AP/AP

Nirgends wäre mit so wenig Geld viel möglich

Der Verband hat bei weitem genug Geld, um ein international konkurrenzfähiges Frauenteam zu alimentieren. Die Aufgabe des Verbandes ist die Förderung des Sportes. Nicht der weitere Ausbau der Bürokratie zu einem Bundesamt für Hockeywesen. Es reicht, das aktuelle Budget der Frauen-Nationalteams von rund 400'000 Franken zu verdoppeln. In keiner anderen Mannschaftssportart ist es möglich, mit so wenig Geld (nicht einmal eine Million im Jahr) olympisches Medaillenniveau zu erreichen und zu halten. Wir haben inzwischen die Voraussetzungen um in Europa die Nummer 1 im Frauenhockey zu werden.  

Die Frage ist bloss, ob der Wille in dieser Machowelt vorhanden ist, dieses Geld auszugeben und diese Chance zu nützen. 

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