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Signa-Pleite: So führte René Benko auch den Fiskus an der Nase herum

Signa-Pleite: So führte René Benko auch den Fiskus an der Nase herum

Eine inzwischen insolvente Familien-Privatstiftung des einstigen Immobilientycoons fungierte im Signa-Universum als «Steuerblockerin». Sie brachte den Fiskus um 1,25 Milliarden Euro.
24.05.2024, 22:31
Daniel Zulauf / ch media
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René Benko und sein überschuldetes Signa-Immobilienimperium stecken knapp sechs Monate nach der ersten Insolvenz immer noch voller Geheimnisse. In Österreich wird die Öffentlichkeit inzwischen vor allem von der Frage umgetrieben, ob und inwieweit sich Politiker und Behördenvertreter von dem Tiroler Selfmade-Milliardär nicht nur umgarnen, sondern sogar kaufen liessen.

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René Benko.Bild: keystone

Eine Befragung Benkos im parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Wien am Mittwoch brachte gemäss lokalen Medien kaum Handfestes zutage. Unter Verweis auf die laufenden Verfahren verweigerte der Befragte die meisten Antworten. Benko, der früher kaum eine Gelegenheit ausliess, um sein Konterfei bei Anlässen mit wichtigen Persönlichkeiten zu zeigen, erschien erst zum zweiten Mal seit seinem geschäftlichen Niedergang in der Öffentlichkeit.

Eine Stiftung voller Schulden

In der Signa-Gruppe haben längst die Insolvenzverwalter das Sagen. Jeder Stein wird umgedreht in der Hoffnung, dass verwertbare Aktiva zum Vorschein kommen. Nun musste erstmals auch eine private Stiftung, die «Familie Benko Privatstiftung», am Landesgericht Innsbruck Rechenschaft über das Vermögen und die offenen Forderungen ablegen.

Auch in dieser Gesellschaft gibt es eigentlich nur Schulden – 854 Millionen Euro, um genau zu sein. Zwanzig Gläubiger erheben Ansprüche in Höhe von 2,3 Milliarden Euro, wobei der Insolvenzverwalter davon vorerst nur 49,5 Millionen Euro für berechtigt hält. Ausser 26'000 Euro aus der Verwertung eines Wertschriftenportefeuilles ist in der Stiftung kein Vermögen vorhanden.

Dennoch erfüllte die blutleere Stiftung «eine ganz zentrale Funktion» innerhalb der ganzen Signa-Gruppe, konstatiert Gläubigervertreter Klaus Schaller, Chef beim Kreditschutzverband von 1870. Sein Eindruck, dass die Stiftung über Jahre als eine Art Finanzierungsvehikel innerhalb der Signa-Gruppe genutzt worden sei, habe sich im Lauf des Verfahrens verstärkt. Schaller will prüfen, ob Darlehensgewährungen an René Benko oder an einzelne Signa-Gesellschaften ohne entsprechende Besicherung mit der Stiftungsurkunde vereinbar gewesen seien.

Aber wie es zu der Überschuldung kam, ist schon jetzt ziemlich klar. Die Stiftung fungierte mit ihrer Beteiligung von 10,1 Prozent an der ebenfalls insolventen Signa Holding GmbH als «Steuerblockerin», wie es Schaller formuliert. Gemeint ist damit, dass die Stiftung als langjährige Gesellschafterin das Privileg einer Befreiung von der sogenannten Grunderwerbsteuer genoss, wie sie in Österreich und in Deutschland auf Liegenschaftstransaktionen erhoben wird. Die Stiftung konnte ihr Steuerprivileg auf die ganze Signa-Gruppe übertragen und dieser so Steuerbelastungen von rund 1,25 Milliarden Euro ersparen.

Ein «Geldkarussell»

Die eindrückliche Summe, die auf einem durchschnittlichen Grunderwerbsteuersatz von vermutlich höchstens fünf Prozent basiert, lässt die gigantischen Dimensionen erkennen, mit denen die Benko-Firmen allein in Österreich und Deutschland Immobilien gekauft und weiterverkauft haben.

Um das Riesenrad stets am Laufen zu halten, benötigte die Signa Holding über die Jahre immer wieder frisches Eigenkapital. Die Benko-Privatstiftung musste bei diesen Kapitalerhöhungen jeweils proportional mitziehen, um ihre Beteiligungsquote zu halten und das Steuerprivileg nicht zu verlieren.

Für diese Finanzierungen der Signa Holding habe die Stiftung in den vergangenen Jahren zunehmend auf Kredite von Banken und privaten Geldgebern zurückgreifen müssen. Wie dies genau gegangen sein könnte, berichtete unlängst die NZZ unter Verweis auf die druckfrische Recherche «Inside Signa» der beiden Buchautoren Rainer Fleckl und Sebastian Reinhardt (edition a, 2024).

Die Recherche zeigt auf, dass Benko die in der Stiftung benötigten 35 Millionen Euro zur anteilsmässigen Finanzierung der letzten Kapitalerhöhung der Signa Holding über Kreditverträge mit Signa-Gesellschaften auf verschlungenen Pfaden in die Stiftung transferieren liess, um das Geld anschliessend direkt an die Holding weiterzureichen. Die NZZ beschreibt den Vorgang wohl zu Recht als «Geldkarussell», das die Benko-Geschäfte mutmasslich lange über den effektiven Verfalltag hinaus am Leben erhalten hatte.

Inhalt bleibt Geheimnis der Benkos

Als Unternehmer steckt René Benko ebenfalls in einem Insolvenzverfahren. Er gibt an, über kein Vermögen zu verfügen. Ein Einkommen von 3800 Euro erzielt er gemäss österreichischen Medien von der Laura Asset 2018 GmbH, einer Gesellschaft, die der nach Benkos Tochter benannten Laura Privatstiftung gehört. Die Stiftung ist nicht insolvent und Benko nicht berechtigt. Also bleibt ihr Inhalt das Geheimnis der Benkos.

Die österreichischen Medien sind voller Hinweise und Spekulationen über die sagenhaften Vermögenswerte, die in den diversen privaten, nicht auf René Benko lautenden Stiftungen der Familie noch versteckt sein sollen. Nun darf man erwarten, dass nebst den privaten Gläubigern auch der Fiskus alles unternehmen wird, um die letzten Geheimnisse der Benkos zu lüften.

Julius Bär

Signa-Debakel wirkt nach
Die Bank Julius Bär hat mit Krediten an die Signa Gruppe viel Geld verloren. Die Abschreibung der Kredite im Umfang von 600 Millionen Franken kostete den CEO Philipp Rickenbacher im Februar den Job. «Nach einem schwachen Start im Januar» hätten sich die Kundengeldzuflüsse «signifikant verbessert» und in den ersten vier Monaten des Jahres eine Milliarde Franken erreicht. Im Vorjahr hatte Julius Bär in der gleichen Zeitperiode deutlich mehr neue Kundengelder angezogen. Die abgeschwächte Dynamik dürfte aber nicht nur den Negativschlagzeilen um die Signa-Kreditverluste, sondern auch der weniger günstigen Marktentwicklung zuzuschreiben sein. Die Bank verweist in ihrem Zwischenbericht zur Geschäftsentwicklung bis Ende April auf die markante Verbesserung der Profitabilität und streicht ihre Kernkapitalquote von 15,3 Prozent per Ende März heraus, die sich leicht über der vergleichbaren Quote der UBS (14,8 Prozent) bewegt. Die Julius-Bär-Aktien haben seit Jahresbeginn um 20 Prozent auf 56 Franken zugelegt und den im November eingetretenen Kurseinbruch aufgeholt. (dz)
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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Auster N
24.05.2024 23:51registriert Januar 2022
Und der läuft immer noch frei herum, ja. Unverständlich, total unverständlich in allen Belangen. Der gehört endlich in Haft.
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Lukioman
25.05.2024 03:43registriert Mai 2023
Wenn der normale Bürger einen Kredit braucht muss man sich quasi Röntgen und Darmspiegelung von den Banken mitmachen aber einem Benko mit fragwürdigen Unternehmensmodellen schiessen sie das Geld hinterher. Ich gönne den Banken und windigen Investoren mit Saudi Geld keinen Schilling bzw. keinen Cent.
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Acai
25.05.2024 01:50registriert März 2017
Sowas gab es in der Schweiz doch auch mal: Wer erinnert sich an Werner K. Rey und seine Firmengruppe Omni Holding? Wer hat‘s erfunden?
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Seit Jahrtausenden, vermutlich seit der neolithischen Revolution, sind Frauen in fast allen menschlichen Gesellschaften schlechter gestellt als Männer. Bis in die jüngste Vergangenheit dominierte das Patriarchat als vermeintlich gott- oder naturgegebene Ordnung. Wohl zu allen Zeiten dürfte es Frauen gegeben haben, die den engen Spielraum auszuweiten suchten, den ihnen diese Ordnung zugestand.

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