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Warum es Pride Festivals braucht und was sie für dich verändern könnten

Pride Festival 2016, Zürich
Braucht es noch immer: ein vergangenes Pride Festival in Zürich. Bild: Twitter
Kommentar

Die Frage, ob es die Pride noch braucht, gehört abgeschafft

Am Samstag findet in Zürich das Pride Festival für die LGBTQIA+ Community und auch alle anderen Menschen statt. Wer sich fragt, ob es solche Veranstaltungen immer noch braucht, hat vermutlich noch nie an einer Pride teilgenommen – und sollte das ändern.
15.06.2024, 11:1615.06.2024, 11:16
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Eine Frage, die man als Mitglied der LGBTQIA+ Community leider immer wieder hört, ist:

«Braucht es die Pride noch?»

Ja, die Pride braucht es noch – die Frage gehört aber abgeschafft. Und das sind die Gründe:

Hinter verschlossenen Türen

In der Schweiz wachsen unzählige junge Menschen in Familien auf, die nicht dieselbe Weltanschauung wie sie teilen. Sie sind die schwarzen Schafe. Wenn du denkst, dass die LGBTQIA+ Community akzeptiert ist, dann hast du noch nie hinter verschlossene Türen bei konservativen, traditionellen oder orthodoxen Familien geschaut. Das betrifft Menschen aus Zürich genauso wie Menschen aus dem hintersten Bergdorf.

Ich kenne einige Geschichten, von Schweizern und Ausländern, deren Familie sie nicht akzeptiert hat. Das sind keine 50-jährigen Männer, die noch in einer anderen Zeit aufgewachsen sind. Sondern das sind Menschen Anfang 20, die von Zuhause verstossen wurden, ihren Freundeskreis verloren haben, nur weil sie sich geoutet haben. Ich kenne Menschen, die ihre Sexualität lieber verheimlichen, als sie auszuleben, weil sie Angst vor der Repression haben.

Es gibt noch viel zu tun: So zeigte vor drei Jahren eine Studie der ZHAW, dass jeder zehnte Schweizer gleichgeschlechtliche Liebe für unmoralisch hält. Vor allem junge Männer hätten ein Problem mit Schwulen und Lesben.

Dazu habe ich unzählige persönliche Erlebnisse und solche aus meinem Umfeld. Zum Beispiel von der letzten Pride 2022: Als ich nach der Pride mit Freunden vom Zürcher Kasernenareal in Richtung Niederdörfli lief, kreuzten wir eine Gruppe junger Männer. «Verpisst euch, ihr scheiss Schwuchteln», riefen sie uns hinterher.

Wenn man sich selbst sein darf

Für diese Menschen ist das Familienbild, das sie haben, das einzig Wahre. Alles, was aus der Reihe fällt, ist für sie schlecht. Genau deshalb braucht es die Pride. Weil Menschen, die nicht diesem Bild entsprechen und in so einem Umfeld aufwachsen, die Möglichkeit haben müssen, zu realisieren, dass sie nicht schlecht sind, wie sie sind. Sie sind sogar perfekt. Ja, auch du bist perfekt so, wie du bist – egal, welche Sexualität du hast.

Die Pride ermöglicht Menschen die Einsicht, wie frei, bunt, farbig, fröhlich die Welt sein kann – unabhängig von der Sexualität.

Darum bist auch du an der Pride willkommen, um zu sehen, wie man sich fühlt, wenn man sich selbst sein darf. Vollkommen. Ohne Einschränkungen.

Warum also sollte es die Pride nicht mehr brauchen?

Dieser Kommentar ist vor einem Jahr bereits publiziert worden. Wir stellen ihn aus aktuellem Anlass wieder online.

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Hunderttausende am «Pride March» in New York
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Hunderttausende am «Pride March» in New York
quelle: ap / seth wenig
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Bunt, laut und schrill: Das Zürcher Pride Festival
Video: srf
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253 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pat da Rat
17.06.2023 10:51registriert Mai 2022
Ja, der Event ist cool (zumindest für mich), gut besucht und für viele Menschen notwendig. Aber ich verstehe auch Leute, denen es zunehmend etwas aufn Wecker geht, dass man ihnen medial die Thematik konstant ins Gesicht knallt. Nicht weil sie homophob, intolerant oder irgendein Problem damit hätten, sondern einfach weil sie damit nix am Hut haben oder es ihnen schlicht egal ist. Und ja, es darf ihnen ja auch egal sein, man muss nicht zu allem immer eine Meinung haben. Es verhält sich manchmal einfach wie mit Werbung, die einen nicht interessiert: wenns zu penetrant wird, nervts dann halt mal.
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Mal bist du der Hund, mal der Baum
17.06.2023 11:05registriert September 2015
Leben und leben lassen. Finde den Event absolut ok.
Toleranz ist aber keine Einbahnstrasse. Sobald mir künstliche Pronomen aufgezwungen werden, hört mein Verständnis auf.
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El Mussol
17.06.2023 11:52registriert Mai 2023
Ganz ehrlich: je länger der Buchstabensalat wird, je mehr Lebenseinstellung also in einen Topf geworfen werden, desto weniger will ich das als Ganzes unterstützen. Denn ich differenziere und habe zu den verschiedenen Buchstaben unterschiedliche Meinungen.
Ich glaube daher, dass die Interessens-Bündelung kontraproduktiv und nicht massentauglich ist.
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    «Meine Freundin will mich zum Weichei machen!»

    Hallo!

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