Vor der EM 2024 in Deutschland treibt Fussball-Fans in aller Welt vor allem eine Frage um: Wer wird Europameister? Macht einer der grossen Favoriten das Rennen oder gibt es nach Dänemark 1992 und Griechenland 2004 wieder einmal einen waschechten Überraschungs-Europameister. Überall wird gewerweisst und gemutmasst.
Wir wollten es aber etwas genauer wissen. Und weil sämtliche verlässliche Tierorakel nicht mehr am Leben sind, haben wir uns mit den Schweizer Data-Science-Spezialisten von Datahouse zusammengetan. Das Spin-off der ETH Zürich hat eine Simulation kreiert, um den wahrscheinlichsten Europameister vorherzusagen.
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Die Simulation von Datahouse sagt Frankreich als wahrscheinlichsten Europameister voraus. In etwas mehr als 20 Prozent aller Fälle holen «Les Bleus» den EM-Pokal. Hauchdünn dahinter folgt England mit 19,8 Prozent. Bereits mit grossem Abstand belegt Spanien mit einer Titel-Chance von 9,7 Prozent den dritten Rang.
Doch warum diese grosse Lücke? «England und Frankreich sind die Nationen mit den besten Wettquoten und beide auch sehr stark im Elo-Rating», erklärt Senior Data Scientist Severin Trösch von Datahouse. «Kombiniert mit den Gruppenkonstellationen ergibt dies eine relativ hohe Titelwahrscheinlichkeit für die beiden Teams.»
Auf den weiteren Plätzen haben es sich die üblichen Verdächtigen gemütlich gemacht: Portugal, Gastgeber Deutschland und der ewige Geheimfavorit Belgien. Titelverteidiger Italien (4,5 Prozent) und Kroatien (2,8 Prozent) schneiden in der Simulation eher schlecht ab. Das liegt einerseits an der schwachen Position im Elo-Rating, andererseits daran, dass sich die beiden Teams in der «Todesgruppe» mit Spanien und Albanien befinden.
Der Schweizer Nati wird immerhin eine knapp 2-prozentige Chance auf den EM-Titel attestiert – bei 1000 Simulationen wurde die Nati also 17 Mal Europameister. Damit liegt die Schweiz knapp hinter Nachbar Österreich, der Ukraine und Dänemark, aber immerhin knapp vor Gruppengegner Ungarn.
Die Chance auf eine Schweizer Achtelfinal-Qualifikation – stets das Minimalziel bei einem grossen Turnier – ist mit 68,1 Prozent deutlich höher als noch bei der WM 2022 in Katar (58 Prozent). Das liegt unter anderem daran, dass bei der EM auch die vier besten Gruppendritten den Achtelfinal erreichen.
Wenig überraschend legt die Simulation Deutschland als stärksten Schweizer Gruppengegner fest. Gegen den dreifachen Europameister gewinnt die Schweiz nur in 26,2 Prozent der Fälle. Das wahrscheinlichste Resultat ist ein 0:1, was nicht überraschend kommt, ist es doch das häufigste Ergebnis im Fussball.
Gegen Schottland sieht die Simulation die Schweiz mit einer Siegchance von 55,8 Prozent in der Favoritenrolle, zum Auftakt gegen Ungarn sind die Stärkeverhältnisse aber ausgeglichen und ein 1:1 das wahrscheinlichste Resultat.
Und wie genau treffen diese Vorhersagen zu? «Die Simulation gibt Wahrscheinlichkeiten anhand der tausend Realisierungen an. Im Einzelfall kann aber auch ein sehr unwahrscheinliches Ereignis eintreffen», erklärt Data Scientist Trösch.
Ein Überraschungseuropameister ist auch deshalb nicht in Sicht: Die am höchsten eingeschätzten Aussenseiter sind Kroatien und Österreich mit einer nicht einmal 3-prozentigen Titelchance, dahinter folgt die Ukraine. Einen neuen Europameister könnte es trotzdem geben: Von den acht Topfavoriten konnten England und Belgien den EM-Pokal nämlich noch nie in die Höhe stemmen.
Was für eine bahnbrechende Erkenntnis.