Der Super Tuesday ist ein Höhepunkt im US-Vorwahlzyklus. An keinem Tag wird in so vielen Bundesstaaten gleichzeitig gewählt, werden so viele Delegiertenstimmen vergeben. Dieses Jahr jedoch war von Spannung keine Rede. Es stand von vornherein fest, dass Donald Trump bei den Republikanern und Joe Biden bei den Demokraten abräumen würden.
Trumps Dominanz bei den Republikanern ist und bleibt bemerkenswert, denn in der Regel findet bei der Oppositionspartei ein lebhafter Wahlkampf statt. Nun musste sich der Ex-Präsident einzig mit der unermüdlichen Nikki Haley herumschlagen, der in Vermont ein Achtungserfolg gelang. Zuvor hatte sie bereits in der Hauptstadt Washington D.C. gesiegt.
Beides kann Trump verschmerzen. Die Tür zur Nomination am Parteikonvent im Juli in Milwaukee steht weit offen, obwohl er die nötigen 1215 Delegiertenstimmen weiterhin nicht erreicht hat. Als Donald Trump am Dienstagabend in seiner Residenz Mar-a-Lago in Florida vor die Mikrofone trat, erwähnte er Haley mit keinem Wort.
Es läuft rund für ihn, nicht nur politisch, sondern auch juristisch. Am Montag entschied der Oberste Gerichtshof, dass Trump wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol nicht von Vorwahlen in den Gliedstaaten ausgeschlossen werden kann. Auch bei den Strafverfahren scheint es fraglich, dass es vor den Wahlen im November zu einer Verurteilung kommt.
Am 25. März beginnt in New York der Prozess wegen der Zahlung von Schweigegeld an den Pornostar Stormy Daniels, doch er gilt als das juristisch schwächste der vier Strafverfahren, die gegen Trump hängig sind. Jenes im Staat Georgia wegen Anstiftung zum Wahlbetrug ist auf der Kippe, weil Staatsanwältin Fani Willis eine Affäre mit einem Ermittler hatte.
Der von Sonderermittler Jack Smith eingeleitete Strafprozess wegen seiner Rolle beim Kapitol-Sturm wird frühestens im September beginnen, sofern der Supreme Court nicht entscheidet, dass Donald Trump durch seine Immunität als US-Präsident geschützt war. Ebenfalls Verzögerungen gibt es beim Prozess zu den in Mar-a-Lago gefundenen Geheimdokumenten.
Good News gab es für Trump auch am letzten Wochenende. In einer Umfrage der «New York Times» sprachen sich 48 Prozent für ihn und nur 44 Prozent für den amtierenden Präsidenten Joe Biden aus. Allerdings lagen «Times»-Umfragen schon gehörig daneben. Vor dem Midterms 2022 prognostizierten sie einen Triumphzug der Republikaner.
Die Resultate des Super Tuesday enthalten jedenfalls einige Warnsignale an die Adresse von Donald Trump. Das betrifft weniger die Erfolge von Nikki Haley in Vermont und zuvor in Washington. Beides sind linke Hochburgen mit wenig Gewicht, die im November auf jeden Fall demokratisch wählen werden. Doch Haleys Durchhaltewillen zahlte sich aus.
Die ehemalige UNO-Botschafterin hat keine Chancen auf die Nomination, und sie will nun offenbar aus dem Rennen aussteigen. Aber sie konnte eine beachtliche Zahl von republikanischen Wählerinnen und Wählern auf ihre Seite ziehen. In North Carolina gaben 81 Prozent in einem Exit Poll von CNN an, auch im November nicht für Trump stimmen zu wollen.
Umgerechnet würde dies rund 20 Prozent der republikanischen Basis ausmachen. Das entspricht den Erfahrungswerten aus mehreren Umfragen und ist für die Partei ein Grund zur Sorge. Die Republikaner können auf diese «Never Trumpers» nicht verzichten, faktisch aber werden sie am 5. November zu Hause bleiben oder gar Joe Biden wählen.
Lindsey Graham, ein Senator aus Nikki Haleys Heimatstaat South Carolina, versuchte es am Dienstag auf CNN mit einer Charmeoffensive: «Je schneller wir zusammenkommen, desto besser.» Donald Trump selbst erwähnte Haley in Florida mit keinem Wort, nachdem er sie zuletzt wiederholt beschimpft hatte. Er beliess es bei einem Aufruf zur Einheit.
Ansonsten betrieb er die übliche Schwarzmalerei. Mehrfach bezeichnete er die USA als «Drittwelt-Land». Das gefällt seinen Hardcore-Fans, die das Gefühl haben, das ganze Land gehe den Bach runter. Es ist jedoch eine gefährliche Strategie, wenn er gemässigtere Republikaner und Unabhängige in den Suburbs auf seine Seite ziehen will.
Der Super Tuesday war für Donald Trump nur oberflächlich ein Erfolg. Er hat seine strukturellen Schwächen offengelegt. Doch auch Präsident Biden kann sich seiner Sache nicht sicher sein. Linke und muslimische Wähler sind wegen des Gaza-Kriegs wütend auf ihn, obwohl seine Regierung die Tonalität gegenüber Israel zuletzt verschärft hat.
Der Protest äusserte sich am Dienstag im Staat Minnesota, wo wie zuvor in Michigan besonders viele Muslime leben. Auch der Migrationsdruck an der Südgrenze wird für Joe Biden zum Problem. Er hat bei den Amerikanern die Inflation als grösste Sorge abgelöst. Hinzu kommen Vorbehalte wegen des Alters des 81-jährigen Präsidenten.
Am Donnerstag erhält Biden die Gelegenheit, die Bedenken in seiner «State of the Union»-Rede vor dem Kongress anzusprechen. Mehr denn je deutet alles auf einen Rematch gegen den 77-jährigen Donald Trump und ein Duell zwischen zwei unbeliebten alten Männern hin. Der Super Tuesday hat jedoch gezeigt, dass es für beide viel zu tun gibt.
Schlussendlich sollten die Amerikaner ihr ganzes System überdenken und sich fragen, wieso der Präsident eines so dynamischen Landes immer ein Greis sein muss.