Chen Yixin ist der Generalsekretär der kommunistischen Partei Chinas. Er ist ein enger Vertrauter von Präsident Xi Jinping und eine Art Chefideologe der Partei. Kurz vor dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden erklärte er mit ungewohnter Offenheit: «Der Aufstieg des Ostens und der Untergang des Westens sind zu einem globalen Trend geworden und werden die internationale politische Landschaft zu unseren Gunsten verändern.»
Der Aufstieg Asiens ist seit Jahren der Stoff, aus dem viele Sachbücher sind. Dass aber die höchsten Vertreter der chinesischen Regierung diesen Machtanspruch so offen aussprechen, war bisher eher unüblich. Für das neue Selbstbewusstsein hat Peking jedoch gute Gründe. Kevin Rudd, der ehemalige sozialdemokratische Premierminister Australiens, zählt sie in der jüngsten Ausgabe von «Foreign Affairs» auf.
Rudd warnt uns, dass wir auf ein «Jahrzehnt in der Hölle» zusteuern könnten, auf Jahre einer immer intensiver werdenden Rivalität zwischen China und den USA. Im schlimmsten – aber leider nicht undenkbaren Fall – könnte diese Rivalität in einem katastrophalen Krieg der beiden enden.
Mit dem Amtsantritt Präsident Xis hat sich das Verhältnis zwischen China und den USA zu verändern begonnen. Xi hegt gemäss Rudd Ambitionen, wie Mao zu einem grossen Führer zu werden. Er hat sich bereits eine lebenslange Amtszeit gesichert und will bis 2035 China zur alleinigen Supermacht führen.
Xi hat alle Trümpfe in der Hand, um dieses ehrgeizige Ziel auch zu erreichen. China hat die Coronakrise besser im Griff als die USA, und die chinesische Wirtschaft hat diese Krise schneller überwunden als der Westen. Das hat die Stellung Xis im eigenen Land gestärkt. Der Präsident ist gegen seine Gegner im Innern rigoros vorgegangen und sitzt heute fest im Sattel. Deshalb stellt Rudd fest:
Für die These des Niedergangs der Supermacht USA gibt es in den Augen der Chinesen triftige Gründe: Die Amerikaner sind so zerstritten, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre marode Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Das gilt auch für das Gesundheitswesen und die amerikanischen Schulen.
Gleichzeitig hat die Regierung Trump schwere Flurschäden hinterlassen. Sie hat ihre engsten Partner vor den Kopf gestossen und den freien Handel beschädigt. Die republikanische Partei ist im Begriff, eine rechtsextreme Sekte zu werden und keine der beiden Parteien kann eine langfristige Strategie verfolgen, weil es keine stabile Mehrheit dafür gibt. Rudd stellt daher fest:
Die Zeiten, in denen sich China still hielt, um die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA nicht zu gefährden, sind definitiv vorbei. Ebenso die naive Hoffnung, China werde sich mit steigendem Wohlstand am Modell der westlichen Demokratie orientieren. «Getrieben von einem marxistisch-leninistischen Determinismus ist Xi überzeugt, dass die Geschichte auf seiner Seite ist» stellt Rudd fest. «Wie einst Mao ist er ein formidabler strategischer Rivale der Vereinigten Staaten geworden.»
Will Joe Biden Xis Pläne durchkreuzen, muss er das Vertrauen der amerikanischen Partner in Asien und Europa wieder gewinnen. Das gilt nicht nur für die militärischen Bündnisse wie die Nato, sondern auch für die Verpflichtungen der USA im asiatischen Raum. Gleichzeitig muss Biden die beschädigten Handelsbeziehungen wieder ins Lot bringen. Das gilt primär für die serbelnde Welthandelsorganisation.
Das Ziel der kommunistischen Partei Chinas ist nach wie vor, Taiwan wieder ins Reich der Mitte einzuverleiben. Mit friedlichen Mitteln ist es jedoch unwahrscheinlich, dass dieses Ziel in absehbarer Zeit erreicht werden kann. Deshalb hat China auch militärisch massiv aufgerüstet, in der Absicht, dass ein Krieg um Taiwan für die Amerikaner zu kostspielig wird.
Diese Strategie ist äusserst riskant, denn die Amerikaner könnten ihrerseits einen militärischen Angriff Chinas auf Taiwan nicht tatenlos hinnehmen. Im schlimmsten Fall könnte daraus ein verheerender Krieg entstehen.
Weder China noch die USA wollen einen solchen Krieg. Um ihn zu verhindern, schlägt Rudd vor, was er «managed strategic competition» nennt, einen regulierten Wettbewerb der beiden Supermächte. Wenn beide Mächte sich an die von ihnen festgelegten Regeln halten, dann kann nicht nur ein Krieg verhindert werden.
China und die USA könnten dann auch auf Gebieten zusammenarbeiten, wo sie gemeinsame Interessen haben. Die Bekämpfung des Klimawandels beispielsweise oder bei der Ausbreitung von Atomwaffen.
Wer glaubt, dass irgendein chinesisches Unternehmen, oder ein chinesischer Forscher unabhängig von der CCP handelt, glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.
Das schlimmste daran ist aber das Koketieren unserer (westlichen) Politiker mit der chinesischen Autokratie.
Ich schätze mal, weitgehende Einschränkung in der freien Meinungsäusserung (auf sozialen Platformen) und ein Fehlen von negativen News über China werden die ersten Anzeichen sein...
Zudem kann China ruhig zuschauen wie der Westen gegenseitig und mit Russland seine Kräfte verzettelt.
Die Chinesen würde das wohl kaum aktzeptieren, aber die Europäre müssten es anerkennen, wäre das in einer freien und fairen Abstimmung zustande gekommen. Ein anfälliger Angriff auf Taiwan würde dann die Nato-Beitrittsklausel aktivieren.
Bei der China vs Ami Diskussion irritiert mich das sowieso immer.
Wenn es zum Krieg kommt, und die Aggression ginge von China aus, wäre Europa da automatisch auch dabei, über die Nato, und indirekt auch die EU, weil die meisten Länder der EU auch in der Nato sind.