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Klimawandel in der Schweiz stärker als bisher erwartet

An aerial view shows the partly flooded village of Blatten after recent snowfalls, five months after a landslide destroyed the village, Blatten, Switzerland, on Tuesday, Oct. 28, 2025. (AP Photo/Micha ...
Das Klima in der Schweiz wird unberechenbarer: Das Bergdorf Blatten liegt in einem See nach dem Bergsturz im Frühling dieses Jahres.Bild: keystone

Der Klimawandel trifft die Schweiz stärker als bisher angenommen

04.11.2025, 10:3004.11.2025, 11:18

Die Schweiz wird heisser, trockener und unberechenbarer: Das zeigen die neuen «Klimaszenarien Schweiz». Laut dem Bericht könnte es hierzulande noch wärmer werden als bislang vorhergesagt.

«Die Konsequenzen des Klimawandels haben sich intensiviert und beschleunigt», sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Dienstag vor den Medien.

«Die Schweiz ist ein Hotspot für die Klimaerwärmung», fügte Reto Knutti, Klimaforscher der ETH Zürich, an. Gründe dafür seien die geografische Lage und die Topografie der Schweiz. Knutti hat den Bericht zusammen mit weiteren Forschenden der ETH Zürich und mit Forschenden des Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie (Meteoschweiz) im Auftrag des Bundesrats erstellt.

Erwärmung bereits bei 2,9 Grad

Bereits jetzt zeigt sich dieser Trend: Seit der vorindustriellen Zeit hat sich das Klima global im Schnitt um 1,3 Grad Celsius erwärmt. In der Schweiz aber bereits um 2,9 Grad.

KEYPIX - Un enfant joue dans les jets d'eau de la fontaine de la place des Nations lors de l'alerte canicule, ce vendredi 8 aout 2025 a Geneve. Pour la deuxieme fois cet ete a Geneve, le Ser ...
Ein Junge kühlt sich bei einem Springbrunnen in Genf ab.Bild: keystone

In ihrem Bericht haben die Forschenden untersucht, welche Folgen eine weitere Erwärmung der Temperaturen für die Schweiz hätte. Dabei haben sie nicht analysiert, was bis zu einem bestimmten Zeitpunkt passiert, sondern wie sich die globale Erwärmung auf die Schweiz auswirkt.

Bei einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad beträgt die Erwärmung in der Schweiz den Berechnungen zufolge 2,9 Grad Celsius.

Mit den bisher weltweit ergriffenen Massnahmen steuert die Welt laut dem Bericht aber auf eine Klimaerwärmung von 3 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu. In einer solchen 3-Grad-Welt würde die Erwärmung in der Schweiz 4,9 Grad betragen.

Das sind, je nach Jahreszeit und je nachdem, wie stark die globale Erwärmung ausfällt, 0,1 bis 0,4 Grad mehr als im letzten Bericht aus dem Jahr 2018 vorhergesagt. Grund für diese Erhöhung seinen aktualisierte Daten und genauere Modelle.

Darauf muss sich die Schweiz vorbereiten

Die Trends, die der neue Bericht zeigt, sind nicht neu: Der Klimawandel bringt trockenere, heissere Sommer, heftigere und häufigere Starkniederschläge und schneearme Winter.

Der neue Bericht sei aber detaillierter und präziser, sagte Meteoschweiz-Direktor Christof Appenzeller.

Christof Appenzeller, Direktor, Bundesamt fuer Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz, spricht waehrend einer Medienkonferenz des Bundesamts fuer Meteorologie und Klimatologie (Meteoschweiz) zur L ...
Christof Appenzeller.Bild: keystone

Bei einer globalen Klimaerwärmung von 3 Grad, wird der heisseste Tag im Jahr im Schnitt etwa 4,4 Grad heisser sein als zwischen 1991 und 2020. Auch Hitzetage und Tropennächte werden deutlich häufiger auftreten. «Besonders stark trifft es die Städte», sagte die Projektleiterin Regula Mülchi von Meteoschweiz. So erwarten die Forschenden beispielsweise in der Stadt Zürich im Schnitt etwa fünfmal mehr Tropennächte pro Jahr.

Böden in der Schweiz werden im Sommer zunehmend austrocknen. Eine typische Sommertrockenheit wird in Zukunft um 44 Prozent intensiver sein. Dürren und das Risiko für Waldbrände nehmen zu.

Gleichzeitig werden den Forschenden zufolge Starkniederschläge langfristig in allen Jahreszeiten zunehmen. Die höchsten Zunahmen werden vor allem bei heftigen Gewitterniederschlägen erwartet, die in kürzester Zeit fallen. Im Sommer schliessen intensivere Niederschläge eine gleichzeitige Abnahme der gesamten Niederschlagsmenge nicht aus: Es regnet zwar seltener, dafür fallen bei einzelnen Ereignissen grössere Regenmengen in kurzer Zeit.

Anders als im Sommer nehmen den Prognosen zufolge die Niederschläge im Winter leicht zu. Allerdings fallen diese vermehrt als Regen statt als Schnee. Die durchschnittliche Nullgradgrenze im Winter wird um 550 Meter auf etwa 1450 Meter steigen. Die natürliche Schneedecke wird sich als Folge der zunehmenden Erwärmung und des daraus folgenden Anstiegs der Nullgradgrenze in Zukunft vor allem in tiefen Lagen weiter reduzieren.

Baume-Schneider: «Anpassung reicht nicht»

Die Szenarien sollen dem Bundesrat helfen, Strategien zur Anpassung an das neue Klima zu treffen. «Aber das reicht nicht» betonte Baume-Schneider. Gleichzeitig müssten wir auch vorbeugen, indem wir weniger CO2 und weitere klimaschädliche Treibhausgase ausstossen. «Die Ergebnisse sind alarmieren. Aber das bedeutet nicht, dass man nichts dagegen machen könnte», sagte Baume-Schneider.

Bundesraetin Elisabeth Baume-Schneider spricht waehrend einer Medienkonferenz des Bundesamts fuer Meteorologie und Klimatologie (Meteoschweiz) zur Lancierung der Schweizer Klimaszenarien 2025, am Dien ...
Elisabeth Baume-Schneider bei der Medienkonferenz am Dienstagvormittag.Bild: keystone

Jedes Zehntelgrad mache dabei einen Unterschied, sagte Knutti. Je stärker sich das Klima erwärme, desto grösser die Auswirkungen auf die Schweizer Natur, Gesellschaft und Wirtschaft.

Die Klimaszenarien 2025 sind nach 2007, 2011 und 2018 bereits der vierte Ausblick in die Klimazukunft der Schweiz, mit dem der Bundesrat Meteoschweiz beauftragt hat. Der Bericht liefert eine wichtige Grundlage für die Strategie, wie sich die Schweiz an den Klimawandel anpassen sollte.

50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben daran gearbeitet, weitere 20 unabhängige Forschende haben ihn geprüft. (sda)

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372 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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wasps
04.11.2025 10:55registriert Januar 2022
Überraschung? Nein. Das sagen unsere Klimaforschenden seit Jahren. Die notabene international Spitze sind. Nur werden sie von unseren Politikern behandelt, wie Kindergärtler.
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maruhu
04.11.2025 10:47registriert Januar 2021
Da hat aber die "grosse" Volchspartei mit ihrer Gefolgschaft eine andere Meinung, weil lernresistent.
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Magnum
04.11.2025 10:52registriert Februar 2015
Mäsi Dettling freut sich auf das wärmere Wetter. Und wird für jegliche Naturkatastrophen sofort nach Bundeshilfen rufen. So geht schliesslich Selbstverantwortung, und jeder ist ein Unternehmer - oder so.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass viele Gefahrenkataster überprüft und wenn nötig angepasst werden müssen. Zu oft kam in der Vergangenheit die bequeme Maxime zum Zug, wonach dort, wo bereits Häuser standen, keine Gefahrenzone sein könne. Seit Blatten sollten es viele besser wissen - so sie denn wollen.
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