In vielen südostasiatischen Ländern zeigen die Neuinfektionen mit dem Coronavirus seit Mai deutlich nach oben. Zumindest in Indonesien ist die Delta-Variante dabei praktisch für 100 Prozent der Fälle verantwortlich. Das Rote Kreuz sprach schon letzte Woche davon, dass Indonesien sich «taumelnd am Rande einer Corona-Krise» befinde.
Viele der Länder melden neue Höchststände an Neuinfektionen. Klar: Wie oft getestet wird oder wurde, ist gemäss verschiedenen Berichten in dieser Region meist nicht genau nachzuvollziehen.
Auch wenn neue Höchststände vermeldet werden: Im Vergleich mit dem, was momentan in Grossbritannien geschieht, ist die Lage eigentlich (noch) nicht dramatisch:
Allerdings gilt zu beachten: Die Gesundheitssysteme in Südostasien sind mit unserem Standard nicht zu vergleichen. Insbesondere in Indonesien wird die Lage prekär. Wie die BBC berichtet, habe die Regierung aufgrund der aktuellen Corona-Welle die Hersteller aufgefordert, medizinischen Sauerstoff prioritär herzustellen. Notfallmässig wurden schon Flaschen aus Singapur eingeflogen.
Einige Spitäler meldeten bereits, dass sie keinen Sauerstoff für Beatmungsgeräte mehr zur Verfügung hätten und 63 Patienten als Folge davon schon verstarben. Aus Städten wie Bandung, Surakarta und Pamekasan meldeten Krankenhäuser, dass sie neu ankommende Patienten in kurzfristig aufgebauten Zelten behandeln oder gar ablehnen mussten.
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Meldungen zufolge haben einige Einwohner versucht, Sauerstoff-Flaschen für den Privatgebrauch zu erhalten. Die Preise seien durch die grosse Nachfrage in die Höhe geschossen. Die Vorsteherin des nationalen Gesundheitsministeriums, Siti Nadia Tarmizi, sagte gegenüber der BBC: «Wir hoffen, dass die Menschen solche nicht Zuhause horten. Das würde nur die Krise für andere vergrössern.»
Erschwerend kommt hinzu, dass auch diverse medizinische Mitarbeiter wegen der Krankheit ausfallen. Dies, obwohl viele von ihnen geimpft sind. In Indonesien wurde vielen der chinesische Sinovac-Impfstoff gespritzt. Experten wollen jetzt prüfen, ob eine dritte Impfung den Schutz gegen die Delta-Variante erhöht.
Die tiefe Impfquote ist in vielen südostasiatischen Ländern ein Problem. Malaysia weist mit knapp 10 Prozent vollständig Geimpften im Vergleich eine hohe Quote aus und konnte auch das Impftempo erhöhen. Mit Indonesien und Thailand sind zwei der anderen aktuell meist betroffenen Ländern dagegen erst bei rund fünf Prozent vollständig Geimpfter angekommen. Zum Vergleich: In der Schweiz stehen wir bei rund 38 Prozent, Grossbritannien gar deren 50.
Ein Ende der bisher schwerwiegendsten Welle ist nicht in Sicht. Gestern Mittwoch wurden in Indonesien erstmals über 30'000 Neuinfektionen gemeldet. Die Regierung geht davon aus, dass sich die Zahl noch bis auf über 50'000 Fälle erhöhen könnte.
Als Folge der aktuellen Lage wurden Parks, Einkaufszentren oder auch Restaurants wieder geschlossen. Zumindest offiziell. Berichtet wird jedoch, dass diese neuen Regelungen missachtet werden. Die Polizei ging teilweise unzimperlich gegen die Verweigerer vor. Derweil erklärte Hermawan Saputra, ein indonesischer Gesundheitsexperte, gegenüber «The Asean Post»: «Die Delta-Variante hat unser Gesundheitssystem schwer getroffen. Mit den aktuellen Testmöglichkeiten haben wir keine Chance, das Virus unter Kontrolle zu bringen.»