Die Geschichte von Kenneth Eugene Smith ist schier unglaublich. Der US-Häftling wurde für einen Mord zuerst zu lebenslanger Haft verurteilt und landete schliesslich doch im Todestrakt. Nach 30 Jahren hinter Gittern verpfuschten die verantwortlichen Beamten eine erste Hinrichtung jedoch.
Letztendlich wurde Smith doch hingerichtet. Und zwar durch eine Tötungsmethode, die er sich zwar selbst ausgesucht hat – die jedoch noch nie erprobt worden ist. Smith wurde erstickt – mit Stickstoff.
Aber von vorn:
Smith war ein verurteilter Mörder. Er beging 1988 zusammen mit einem Partner einen Auftragsmord. Der Auftraggeber war Charles Sennett, seines Zeichens Pastor der Westside Church of Christ in Sheffield, Alabama. Und ebendieser Sennett wollte seine Frau loswerden.
Der Pastor hatte Schulden, eine aussereheliche Affäre – und eine Lebensversicherung auf seine Frau abgeschlossen. Sein Plan war es, mit dem Auftragsmord gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: seine Schulden und seine Frau loszuwerden. Durch einen Mittelsmann heuerte der Pastor schliesslich Smith und einen Freund desselben für je 1000 Dollar an. Sie lauerten der Frau auf, schlugen sie brutal nieder und töteten sie mit zehn Messerstichen.
Smith wurde 1989 und 1996 der Prozess gemacht. Beide Male wurde er des Mordes schuldig gesprochen. Die Geschworenen verurteilten ihn zu lebenslanger Haft ohne Bewährung. Ein Richter jedoch annullierte schliesslich den Entscheid der Geschworenen und verurteilte ihn zum Tod. Alabama verbot den Richtern erst 2017, sich über die Geschworenen hinwegzusetzen – inzwischen ist dies in den gesamten Vereinigten Staaten nicht mehr erlaubt.
1989 verurteilt, sollte Smith am 17. November 2022 hingerichtet werden, nach mehr als 30 Jahren hinter Gittern. Die Hinrichtung sollte mittels Giftspritze vollzogen werden, doch dazu kam es nicht. Laut einer Aussage Smiths lag dieser vier Stunden lang auf einem Schragen, wobei Beamte versuchten, ihm das Gift intravenös zu spritzen – was nicht klappen wollte. Wieder und wieder sei er mit Nadeln gestochen worden. Seine Anwälte warfen den Behörden vor, Smith bei der versuchten Hinrichtung stundenlang gefoltert und ihn den schweren psychischen Qualen einer Scheinhinrichtung ausgesetzt zu haben, wie die österreichische Presse berichtet.
Smith klagte gegen die Hinrichtungsmethode und beantragte, durch Stickstoffhypoxie hingerichtet zu werden. Der Supreme Court stimmte dem im Mai dieses Jahres zu.
Seit 2018 dürfen in Alabama zum Tode Verurteilte durch Stickstoffhypoxie hingerichtet werden. Dabei atmet die verurteilte Person puren Stickstoff ein – in der Theorie sollte sie nach wenigen Atemzügen bewusstlos werden und nach einigen Minuten aufgrund von Sauerstoffmangel sterben.
Nun wurde diese Methode erstmals angewendet. Laut einer Reporterin des US-Senders WHNT habe Smith beim Start der Zufuhr von Stickstoff begonnen, sich zu winden und zu zittern. Nach mehreren Minuten schweren Atmens sei Smith schliesslich gestorben.
Der US-Theologe Jeff Hood, der Menschen im Todestrakt spirituell begleitet, war während der Hinrichtung ebenfalls anwesend. In einem Interview meinte er: «Es war das Schlimmste, was ich je mitansehen musste. Die Maske sah aus wie von einem Feuerwehrmann.» Kenneth habe sich vor seinem Tod mehrfach gekrümmt und auch die anwesenden Gefängniswärter seien ob der heftigen Reaktion überrascht gewesen.
Thank you, #JeffHood, for witnessing the darkest moments of humanity, so that #KennethSmith did not have to be there alone. pic.twitter.com/08hRXt9cSH
— The Woods Foundation (@thewoodsfdn) January 26, 2024
Menschen durch eine Stickstoffhypoxie hinzurichten, gilt abgesehen von Smiths Fall unerprobt. Befürworter der Methode argumentieren, sie sei schmerzlos. Gegner sind grundsätzlich dagegen und argumentieren, mit neuen Methoden an Menschen zu experimentieren, sei eine schreckliche Idee.
Bernard Harcourt ist Rechtsprofessor an der Columbia University und hat viel Erfahrung als Anwalt von zum Tode Verurteilten in Alabama. Er kritisiert die geplante Hinrichtungsmethode massiv und sagt, es könne unmöglich gesagt werden, ob der Tod durch Stickstoffhypoxie schmerzfrei sei, so Harcourt gegenüber der New York Times.
Hinrichtungen würden nicht in Spitälern mit professionell ausgebildetem medizinischen Personal, sondern in Gefängnissen oft mitten in der Nacht durchgeführt. Der typische Scharfrichter sei kein Arzt, sondern bloss in einem Nebenjob tätig. Die psychischen und emotionalen Belastungen, auch für Gefängnisangestellte, seien enorm.
Selbst wenn in der Theorie die Hinzurichtenden schnell bewusstlos würden und stürben, könnte in der Praxis zu viel schiefgehen. Sollte die Maske nicht richtig sitzen und dadurch Sauerstoff hineingelangen, könnte die Person qualvoll nach Luft schnappen und ersticken. Das könnte schwerwiegende Gehirnschädigungen nach sich ziehen und der Straftäter dabei überleben. Wenn die ausgeatmete Luft nicht richtig abgeführt würde, würde die Person am Kohlendioxid ersticken. Es bestehe auch Gefahr für die anderen Personen im Raum aufgrund des Stickstoffs.
Früher sei diese Tötungsmethode bei Haustieren angewendet worden, um diese einzuschläfern. Doch inzwischen werde dies nur noch für Hühner und Truthähne empfohlen, nicht aber für Säugetiere. Daten würden zeigen, dass diese Panik, Schmerzen und schweres körperliches Leid empfinden könnten.
Weiter seien die Behörden in Alabama nicht kompetent genug, solche Hinrichtungen sicher durchführen zu können. Seit 2018 gab es bei neun Hinrichtungen in den USA Komplikationen – vier davon in Alabama. Seit 1946 hätten in sechs Fällen die Verurteilten ihre versuchte Hinrichtung überlebt – drei davon waren in Alabama, und alle nach 2018.
Ganz estaunlich finde ich es, dass die US-christlich-konservativen so vehement dafür sind. "Du sollst nicht töten": egal. Mit dem Römberbrief begründet man, dass der Staat Gott geben ist. Und darum hat man auch zu akzeptieren, was der Staat beschliesst (Ausser man muss Masken weil Covid tragen oder der Falsche wird zum Präsident gewählt). So quadriert man Kreise.