International
Deutschland

ZDF-«heute-show» macht sich über stotternden AfD-Abgeordneten lustig

ZDF-«heute-show» macht sich über stotternden AfD-Abgeordneten lustig

07.02.2018, 11:0707.02.2018, 11:41
Mehr «International»

«Hätte nicht passieren dürfen», lautete die erste Erklärung der «heute-show» nach dem Sturm der Entrüstung. Was ist passiert?

Die Satiresendung des ZDF hatte den AfD-Bundestagsabgeordneten Dieter Amann in einem Beitrag verunglimpft – offenbar ohne sich bewusst zu sein, dass Amann an einer Sprachbehinderung leidet. 

Video: streamable

In einem Einspieler zeigte die «heute-show», wie Amann im Bundestag über die sprachlichen Integrationsprobleme von Flüchtlingen spricht. Amann liest dabei von einem Blatt ab und gerät ins Stottern, verhaspelt sich. Das «heute-show»-Publikum quittierte das Stottern des Abgeordneten mit lautem Gelächter. Moderator Oliver Welke kommentierte nach dem Einspieler ironisch: «Sprache ist das Allerwichtigste». 

Die «heute-show» und der Sender ZDF sahen sich daraufhin scharfer Kritik seitens der AfD ausgesetzt. Die rechtspopulistische Partei bezeichnete die entwürdigende Darstellung Amanns als Skandal und forderte eine klare Distanzierung. Der Abgeordnete leide seit frühster Kindheit an einer Sprachbehinderung. Ausserdem habe er vor seiner Rede klar auf diesen Umstand hingewiesen.

Tatsächlich machte Amann vor seiner Rede zum Familiennachzug für nachrangig Schutzberechtigte darauf aufmerksam, dass er stottere. Dieser Ausschnitt wurde in der «heute-show» nicht gezeigt.

«Wir haben den Clip aus dem ARD-‹Mittagsmagazin› mit über 20 Leuten geguckt. Niemand ist nach diesem Ausschnitt auf eine Sprachstörung gekommen.»
Moderator Oliver Welke

Am Montagabend stellte Moderator Welke klar: «Hätte irgendjemand aus unserer Runde gewusst, dass Herr Amann unter einer Sprachstörung leidet, wäre dieser Clip niemals in der ‹heute-show› gelaufen.» Es tue ihm persönlich leid, wenn sich Amann durch die gezeigten Ausschnitte und die Moderation verletzt fühle.

Gegenüber der «Welt» sagte Welke: «Wir haben den Clip aus dem ARD-‹Mittagsmagazin› mit über 20 Leuten geguckt. Niemand ist nach diesem Ausschnitt auf eine Sprachstörung gekommen. Der klare Eindruck war: Versprecher aus Nervosität plus Dialekt – und zwar während er über den Spracherwerb von Flüchtlingen redet.»

Für die AfD nicht genug: Die neu im Bundestag vertretene Partei fordert in den sozialen Medien und in einer Pressemitteilung die «sofortige Entfernung» Welkes wegen «Hetzpropaganda auf Kosten von Behinderten» und «gelebtem Faschismus».

Noch ist unklar, ob sich der ZDF-Fernsehrat mit der Sendung beschäftigen muss. Zuschauer können, ähnlich wie in der Schweiz beim UBI, Beschwerden an den Fernsehrat richten, wobei eine konkrete Verletzung der Rechtsvorschriften oder Richtlinien dargelegt werden muss. Der Fernsehrat prüft jede Beschwerde einzeln.

Amann seinerseits schrieb am Dienstag auf Facebook, die «demütigende Darstellung als behinderte Lachnummer» habe bei ihm traumatische Kindheitserinnerungen geweckt. Er sei aber bereit, Welke zu verzeihen – unter der Bedingung, dass die Entschuldigung auch in der nächsten Sendung der «heute-show» ausgesprochen wird: «Wenngleich mir das nur schwer glaublich scheint, möchte ich ihn als Mitmenschen nicht der Lüge bezichtigen und unterstelle ihm Aufrichtigkeit, wenn diese auch in der Sendung wiederholt wird.» (wst)

Wie gut kennst du die deutschen Parteifarben?

Quiz

Bundestagswahl 2017

1 / 12
Bundestagswahl 2017
Schwieriger Abend für Angela Merkel: Die CDU-Vorsitzende verteidigt Platz 1 und bleibt wohl Kanzlerin, muss aber starke Verluste hinnehmen.
quelle: ap/ap / markus schreiber
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
47 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
90er
07.02.2018 11:57registriert November 2014
Ja was sich Welke und das Team der heute-show hier geleistet geht gar nicht, folgerichtig auch die Entschuldigung, die hoffentlich auch in der Sendung nochmals angesprochen wird, wie es Herr Amann sich wünscht.
Was ich aber absolut peinlich finde ist die Propaganda die die AFD aufgrund des Fehltrittes betreibt: «Hetzpropaganda auf Kosten von Behinderten», «gelebtem Faschismus».
Ja, der Einspieler war falsch und hätte so nie gesendet werden dürfen, aber von gelebtem Faschismus zureden, wirklich?
Nach dieser Mass, müssten so einige Afd Abgeordnete schon längst zurückgetreten sein.
29754
Melden
Zum Kommentar
avatar
Oiproll
07.02.2018 11:22registriert Januar 2016
Die AFD verlangt die sofortige Entfernung und eine Entschuldigung von Welke wegen Hetzpropaganda und gelebtem Faschismus.....? Hmmmmmmm.....
22951
Melden
Zum Kommentar
avatar
Homelander
07.02.2018 11:47registriert Oktober 2014
Ich hab ja auch nicht wirklich viel mit Leuten zu tun die Stottern, aber selbst mir ist direkt der typische «Singsang» der Sprachschulung aufgefallen. Mit etwas Feingefühl hätte man drauf kommen können, dass es sich hier um eine Sprachstörung handeln könnte. Zumindest soweit, dass man es vorher abklärt.
10133
Melden
Zum Kommentar
47
Benko soll im Sommer 2023 Millionengelder verschoben haben

Rund um den Tiroler Immobilienunternehmer René Benko und den Niedergang seines weitgehend insolventen Signa-Firmennetzwerks sind weitere Details ans Licht gedrungen. Laut österreichischen Medien soll Benko im vergangenen Sommer innerhalb des Signa-Konglomerats Millionengelder verschoben haben.

Zur Story