Eigentlich galt Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Chef der blutrünstigen Söldner-Truppe wurde auch «Putins Koch» genannt.
Den Namen brachte ihm eine Firma ein, die auch das Catering im Kreml betreibt: Concord Management and Consulting Group. Über ihren Account stellt Prigoschin immer wieder Videos und Audio-Nachrichten auf Telegram online.
Doch damit ist nun offenbar Schluss. Nach wochenlangem Schlagabtausch zwischen Prigoschin und der Militärführung im Kreml, machte der Wagner-Chef schliesslich Ende Juni kurzen Prozess und versuchte, mit seiner Truppe, nach Moskau einzumarschieren.
Sie kamen bis Rostow am Don. Dann folgte plötzlich eine Kehrtwende, Prigoschin rief seine Söldner zurück und verschwand – nach Angaben des belarussischen Machthabers Lukaschenko – nach Belarus ins Exil. Offenbar sollten ihm und seinen Söldnern auch keine Konsequenzen drohen.
Doch derzeit ist unklar, wie gesichert diese Informationen wirklich sind und wie die Zukunft der Wagner-Söldner in Putins völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine nun aussehen wird.
Ein geleakter Kalender Prigoschins gibt Auskunft darüber, wie verstrickt der Wagner-Chef in der Vergangenheit wohl in Russlands Machenschaften war.
Laut der Denkfabrik Institute for the Study of War ist es offenbar nicht der Fall, dass die Wagner-Söldner und Prigoschin ins Exil nach Belarus verschwunden sind. Der belarussische Machthaber hatte wohl nach dem Putschversuch eine Vereinbarung zwischen Putin und Prigoschin vermittelt. Teil dieser Abmachung war offenbar, dass die Söldner und Prigoschin nicht näher beschriebene Sicherheitsgarantien in Belarus bekämen.
Laut Lukaschenko halten sich die Wagner-Söldner und Prigoschin allerdings seit dem 6. Juli nicht mehr in seinem Land auf. Damit würde Prigoschin wohl seinen Teil der Vereinbarung nicht einhalten. Der Mitteilung nach solle sich Prigoschin in St. Petersburg oder sogar Moskau aufhalten.
Wie tief der Wagner-Chef in den Machenschaften des Kreml verstrickt ist, darüber könnte nun der geleakte Kalender Aufschluss geben. Vor allem aber wird deutlich, wie viele Unterstützer Prigoschin in Russland hat.
Der «Businessinsider» schreibt, eine Hackergruppe hätte dem Medium sowie anderen Portalen, wie «Politico» oder «Welt» bereits Anfang des Jahres einen Kalender Prigoschins zugespielt. Dem Bericht zufolge reicht der Kalender zehn Jahre zurück und endet vor dem Einmarsch Russlands Armee in die Ukraine 2022.
Dem jetzigen Bericht zufolge sind in dem Kalender 33 Treffen mit dem ehemaligen Bodyguard Putins, Alexei Djumin, dokumentiert. Er ist jetzt Gouverneur der Oblast Tula. Bei einem Aufstand würde er Vermutungen zufolge wohl aber Prigoschin die Treue halten.
Ebenso hatte Prigoschin dem Bericht über seinen Kalender zufolge in den vergangenen zehn Jahren bis November 2021 elf Verabredungen mit dem ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew.
Auch seien in seinem Kalender wohl 75 Termineinträge mit dem stellvertretenden Verteidigungsminister Russlands, Ruslan Zalikow, zu finden gewesen. 73 Mal soll sich Prigoschin zudem mit dem russischen Diplomaten Anton Vaino getroffen haben. Er ist seit 2016 Stabschef von Putins Exekutivbüro sowie ständiges Mitglied des Sicherheitsrates Russlands.
Terminverweise auf ein direktes Treffen mit Wladimir Putin fanden sich allerdings offenbar nicht in Prigoschins Kalender. Laut «Businessinsider» sei der Name nur zweimal gefallen – beide Male im Kontext grösserer Veranstaltungen. Es sei aber vom «Präsidenten» im Kalender die Rede, schreibt «Businessinsider». Dabei könne es sich allerdings auch um ein Codewort handeln.