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Manipur: Wie ein brutales Video den Konflikt im Bundesstaat offenbart

Wie ein indischer Bundesstaat von Gewalt zerrissen wird – und wieso man kaum davon hört

Schon seit fast drei Monaten wütet im indischen Bundesstaat Manipur ein brutaler ethnischer Konflikt. Aufmerksamkeit erhielt er allerdings erst vor zwei Wochen, als trotz Internetsperre ein schockierendes Video viral ging. Aufgrund dessen sieht sich der indische Premierminister jetzt mit einem Misstrauensvotum konfrontiert.
03.08.2023, 06:0903.08.2023, 12:47
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Das Video, das am 19. Juli viral ging, versetzte Indien einen Schock: Zwei nackte Frauen, die von einem Mob junger Männer über eine Strasse gezerrt werden. Sie weinen, flehen um Gnade, versuchen ihre Körper vor den gierigen Blicken und grapschenden Händen zu schützen. Vergebens. Der einen Frau wird ins Gesicht geschlagen, bevor ihr von anderen Männern an die Brüste und zwischen die Beine gegriffen wird. Das 20-sekündige Video hört auf, als die Frauen auf ein offenes Feld geführt werden.

Was dann passiert, geht aus einer Kopie einer Anzeige vor, welche der New York Times vorliegt. Eine der Frauen soll vom Mob vergewaltigt und ihr Bruder – beim Versuch, sie zu schützen – getötet worden sein.

Der Vorfall ereignete sich am 4. Mai im Bundesstaat Manipur, im Nordosten Indiens. Dass er erst über zwei Monate später publik wurde, ist bezeichnend für eine Regierung, die einen ethnischen Konflikt nicht nur zugelassen, sondern geschürt hat.

Der Hintergrund

Der Vorfall ereignete sich im abgelegenen nordöstlichen Arm Indiens. Dieser ist unterteilt in acht Bundesstaaten, beherbergt 45 Millionen Menschen und über 400 Gemeinschaften. Während ethnische Konflikte in dieser Region aufgrund der Dichte an verschiedenen Gruppierungen keine Seltenheit sind, hat der Konflikt in einem der Bundesstaaten brutale Ausmasse angenommen. Derjenige in Manipur, zwischen den ethnischen Gruppen der Kukis und den Meiteis.

Manipur ist ein Bergstaat im Nordosten Indiens, der sowohl im Osten als auch im Süden an Myanmar grenzt. Im Zentrum des Staates befindet sich das Imphal-Tal mit der gleichnamigen Hauptstadt Imphal. Das Tal, das etwa 10 Prozent der Landfläche des Bundesstaates einnimmt, wird hauptsächlich von der ethnischen Gruppe der Meitei bewohnt. Die hauptsächlich hinduistischen Meitei, welche mit 53 Prozent (2,8 Millionen Einwohner) die Mehrheit der Bundesstaat-Population ausmachen, dürfen nur auf diesem Gebiet Land kaufen. Die umliegenden Hügel, die 90 Prozent des Bundesstaates ausmachen, sind für sie Tabu. Wieso?

Die Hügel sind den hauptsächlich christlichen Kukis (im südlichen Teil) und Nagas (im nordöstlichen Teil) vorbehalten. Sie machen 43 Prozent der Bevölkerung aus und sind im Gegensatz zu den Meitei keinen territorialen Verboten unterworfen und dürfen auch das Tal besiedeln.

Grund dafür ist die Kategorisierung der Kukis und der Nagas als sogenannte Scheduled Tribes (zu Deutsch: gelistete Stämme) . Da sie als benachteiligte Gruppen gelten, erhalten sie durch die Regierung bestimmte Privilegien.

Benachteiligte Gruppen können in Indien den Kategorien SC, ST und OBC zugewiesen werden. Dabei handelt es sich im Grunde um eine Politik zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit durch positive Diskriminierung.

Scheduled Caste (SC):
Die sogenannten gelisteten Kasten bezeichnen Gruppen, die aufgrund tiefer Kastenzugehörigkeit unterdrückt und sozial benachteiligt werden. Per Verfassung können nur Hindus, Sikhs und Buddhisten zu Scheduled Castes gehören. Gemäss einem Zensus von 2011 gehören 16,6 Prozent der Gesamtbevölkerung zu SCs.

Scheduled Tribe (ST): Die sogenannten gelisteten Stämme bezeichnen Gruppen, die in Waldgebieten leben und aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Abgeschiedenheit Diskriminierung erfahren. Religion spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Gemäss dem Zensus von 2011 gehören 8,6 Prozent der Gesamtbevölkerung zu STs.

Other Backward Classes (OBC): Die sogenannten «anderen rückständigen Klassen» sind hauptsächlich Bauern, die sozial, wirtschaftlich und in der Bildung benachteiligt sind. Gemäss einer Zählung im Jahr 2006 machten OBCs 41 Prozent der indischen Bevölkerung aus.

In dieser Kategorisierung liegt die Wurzel des Konflikts zwischen den Meitei und den Kukis. Die Meitei fordern schon seit 10 Jahren die Aufnahme in die Kategorie der Scheduled Tribes – was bei den Kukis für Unmut sorgt.

Die umstrittene Forderung der Meiteis

Die Meiteis sind in Manipur die dominante Gruppierung, ihre Sprache ist im Bundesstaat die offizielle Amtssprache und in der Regierung bilden sie unter Ministerpräsident N. Birem Singh eine Mehrheit. Auf diversen Ebenen können sie deshalb nicht als benachteiligt betrachtet werden. Wieso also bemühen sie sich darum, als «rückständige» und benachteiligte Gruppe kategorisiert zu werden?

Das Imphal-Tal.
Eine Aussicht über das Imphal-Tal in Manipur.Bild: Shutterstock

Wie die Meiteis selbst zugeben, basiert ihre Forderung hauptsächlich auf der Forderung nach mehr Land. Obwohl sie in Manipur die dominierende Gruppe darstellen, dürfen sie nur Land im Imhal-Tal erwerben, welches 10 Prozent der Bundesstaatsfläche ausmacht. Dies, weil das umgebende hügelige Gebiet den Scheduled Tribes zusteht und deswegen als geschützt gilt. Dieser Schutz scheint jedoch mehr und mehr abzunehmen.

Wie das indische Magazin Frontline schreibt, sei die Regierung in den vergangenen Jahren vermehrt gegen die Kuki-Bevölkerung vorgegangen. So seien etwa dieses Jahr diverse Kuki-Dörfer unter dem Deckmantel der «Ausweitung geschützter Wälder» geräumt worden. Als die Kukis daraufhin mit der Demonstration gegen die Politik Biren Singhs begannen, schüttete dieser Öl ins Feuer. Er stellte die Demonstrierenden mit militanten Kuki-Truppen gleich, die einen autonomen Staat fordern, und löste einen mit ihnen eingegangenen Friedenspakt aus dem Jahr 2008 auf. Statt mit den Demonstrierenden den Dialog zu suchen, hätte Singh völlig falsch reagiert, kritisiert Frontline.

«Dies war eine absurde und überstürzte Reaktion auf eine im Wesentlichen zivilgesellschaftliche Kundgebung.»

In einer Ansprache im nationalen Fernsehen trieb er den Keil noch tiefer, als er die demonstrierenden Kukis als «illegale Immigranten, die Drogenhandel betreiben» bezeichnete.

Mohnfeld in Indien
Ein Mohnfeld in Indien.Bild: Shutterstock

Tatsächlich leben vor allem arme Kuki-Dörfer vom Mohnanbau. Und: Wo Mohn angebaut wird, ist bekanntlich auch der Drogenhandel nicht weit. Dieser floriert in Manipur, weshalb die Meitei-geführte Regierung unter Singh seit 2017 verstärkt dagegen vorzugehen versucht, wie das indische Nachrichtenunternehmen New Delhi TV berichtet. Im Rahmen des «Kriegs gegen die Drogen» sind seither Tausende Hektaren an Mohnfeldern vernichtet worden. Was dabei von der Regierung vernachlässigt werde, so NDTV, sei die Tatsache, dass bei Weitem nicht nur die Kuki in den Drogenhandel verwickelt seien. Die Kuki werfen den Meitei deshalb vor, sie unter dem Vorwand des Kampfes gegen die Drogen und der ausgeweiteten Waldschutzgebiete von ihrem Land vertreiben zu wollen.

Auf die Spitze getrieben wurde der schon lange schwelende Konflikt schliesslich, als die Forderung der Meiteis nach dem ST-Status beim Obergericht in Manipur Gehör fand. Dieses wies die Regierung des Bundesstaates am 19. April an, die Aufnahme der Meiteis in die Liste der Scheduled Tribes zu prüfen. Damit brachten sie das Fass für die Kukis zum Überlaufen.

Die Eskalation

Eine Union von Kuki Studenten und Studentinnen organisierte am 3. Mai einen Protest gegen die Anerkennung der Meiteis als ST. Am Protest in Churachandpur – einem hauptsächlich von Kukis bewohnten Distrikt – nahmen geschätzt 60'000 Menschen teil. Als während des friedlichen Protestes eine Kuki-Gedenkstätte mutmasslich von einem Meitei-Mob angezündet wurde, eskalierte die Situation. Während Kukis die Häuser von in Churachandpur lebenden Meiteis anzündeten, taten die Meiteis in der Hauptstadt dasselbe mit den Häusern der Kukis. Zudem wurden innert 36 Stunden 249 Kuki-Kirchen abgebrannt.

Seit dem Konflikt ist Churachandpur mit etwa 300'000 Einwohnern vom 63 km entfernten Imphal – seiner Lebensader – abgeschnitten. Mit Folgen: Die nächstgelegene Stadt Aizawl, im Nachbarstaat Mizoram, ist 380 km entfernt und nur über das Gebirge erreichbar.

Von der leichten Durchmischung der beiden Gruppierungen, die es in den beiden grössten Städten Manipurs bis anhin gab, blieb nach zwei Tagen nichts als Asche übrig.

Dozens of houses lay vandalised and burnt during ethnic clashes and rioting in Sugnu, in the northeastern Indian state of Manipur, Wednesday, June 21, 2023. (AP Photo/Altaf Qadri)
Das Dorf Sugnu, das mit dem Auto 30 Minuten von Churachandpur entfernt liegt, erlebte besondere Gewalt. Dutzende Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht. Bild: keystone

Am darauffolgenden Tag forderte die Regierung militärische Verstärkung, erliess eine Ausgangssperre und erteilte den Streitkräften einen «shoot-at-sight» Befehl. Wenn Warnungen und angemessene Gewalt nicht ausreichten, dürfe auf Protestierende geschossen werden, liess der Gouverneur des Bundesstaats Anusuiya Uikey verlauten.

Indian paramilitary soldiers stand guard to enforce curfew in Imphal, capital of the northeastern Indian state of Manipur, Monday, June 19, 2023. Deadly clashes, which have left at least 130 dead by t ...
Indische paramilitärische Soldaten stehen Wache, um die Ausgangssperre in Imphal, der Hauptstadt des nordöstlichen indischen Bundesstaates Manipur, durchzusetzen.Bild: keystone
Kim Neineng, 43, a tribal Kuki, cries as she narrates the killing of her husband, at a relief camp in Churachandpur, in the northeastern Indian state of Manipur, Tuesday, June 20, 2023. Neineng escape ...
Kim Neineng, eine 43-jährige Kuki, weint in einem Flüchtlingslager in Churachandpur, als sie erzählt, wie ihr Mann von einem Meitei-Mob mit Eisenstangen erschlagen worden sei. Seine Beine seien abgehackt und in das Feuer geworfen worden, welches bereits ihr Haus verschlang. Bild: keystone

Als weitere Massnahme wurde das Internet gesperrt, um das Verbreiten von Hassnachrichten, Videos und Bildern zu unterbinden. Während Manipur in Flammen stand und innert zwei Tagen über 56 Menschen starben, bekam die Welt – und der Rest Indiens – nur einen Bruchteil davon mit.

Die (fehlende) politische Reaktion

Narendra Modi, der Premierminister Indiens, sah sich nicht dazu gezwungen, sich zur Lage im nordöstlichen Bundesstaat zu äussern. Dass sich Manipur in eine Kriegszone verwandelt hatte, machte er nicht zu seinem Problem. Über zwei Monate hüllte er sich in Schweigen – bis am 19. Juli das schockierende Video der beiden vorgeführten nackten Frauen trotz Internetsperre an die Öffentlichkeit drang, sofort viral ging und für Entsetzen sorgte. Bei den zwei Frauen handelte es sich um Kuki-Frauen, beim Mob um Meiteis.

FILE - Indian Prime Minister Narendra Modi speaks as he arrives on the opening day of the monsoon session of the Indian parliament in New Delhi, India, Thursday, July 20, 2023. India?s fractured oppos ...
Der indische Premierminister Narendra Modi hat sich noch nicht zu Manipur geäussert. Bild: keystone

Nicht nur der Inhalt des Videos schockierte, sondern auch die Tatsache, dass die Öffentlichkeit über zwei Monate nichts davon wusste: Der Vorfall ereignete sich bereits am 4. Mai. Der blutige Konflikt konnte nun nicht länger unter den Teppich gekehrt werden – Modi sah sich zu einer Stellungnahme gezwungen.

Der Vorfall in Manipur sei für jede zivilisierte Gesellschaft beschämend, sagte er schliesslich am 20. Juli zur Presse. Er versprach, die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, und betonte:

«Was den Töchtern von Manipur widerfahren ist, kann niemals verziehen werden.»

Dass laut NDTV seither 7 Männer verhaftet worden sind, ist bloss ein Tropfen auf dem heissen Stein. Modi hat sich bis heute weder zum Konflikt noch zu möglichen Lösungen geäussert. Damit ignoriert er die Tatsache, dass es sich bei dem Video bei Weitem um keinen Einzelfall handelt.

So schreibt etwa The Guardian, dass am selben Tag, 30 Kilometer entfernt, zwei junge Kuki-Frauen während ihrer Arbeit in einer Autowaschanlage angegriffen worden seien. Augenzeugen berichteten, dass die Frauen von einer Meitei-Gruppe angegriffen, vergewaltigt und gefoltert worden seien. Die blutigen, sterbenden Frauen seien schliesslich auf die Strasse vor der Autowaschanlage geworfen und später von der Polizei ins Spital gebracht worden. Sie hätten aber nicht mehr gerettet werden können, berichtet ein Mitarbeiter der beiden Frauen.

Dass der Premierminister all das ignoriert, passt den Oppositionsparteien nicht. Wie Reuters berichtete, forderten sie am 26. Juli ein Misstrauensvotum gegen die Regierung Modis. Da Modis Partei im Parlament mit 301 von 542 Sitzen aber eine klare Mehrheit besitzt, wird die Stabilität der Regierung nicht gefährdet sein – das ist auch der Opposition bewusst. Mit dem Misstrauensvotum, welches zwischen dem 8. und 10. August stattfinden soll, wollen sie Modi jedoch hauptsächlich dazu zwingen, zum Manipur-Konflikt Stellung zu nehmen.

Der verärgerte Oberste Gerichtshof

Der Oberste Gerichtshof äusserte sich am 17. Mai zum ersten Mal zur Anordnung des Obersten Gerichts von Manipur, die Meiteis in die Liste der Scheduled Tribes aufzunehmen. Er bezeichnete den Vorstoss gemäss der Indischen Economic Times als «sachlich falsch» und gegen die Grundsätze der Klassifizierung von Scheduled Tribes und Scheduled Castes verstossend.

Seit dieser Woche beschäftigt sich der Oberste Gerichtshof auch mit dem erschütternden Video, das viral gegangen ist. Dabei wird nicht nur die sexuelle Gewalt gegenüber Frauen, sondern auch die langsame Reaktion der Polizei an den Pranger gestellt.

Das Oberste Gericht in Indien.
Der Oberste Gerichtshof in Neu-Delhi, Indien. Bild: Shutterstock

Gemäss der Daten, die dem Obersten Gerichtshof vorliegen, sind seit dem 4. Mai über 6523 Anzeigen erstattet worden. In einem Zeitraum von zwei Monaten seien aber lediglich 252 Personen verhaftet worden, stellte der Oberste Gerichtshof verärgert fest.

Die Times of India zitiert die Richter:

«Eine Sache, die aus den Akten offensichtlich und klar hervorgeht ... über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten – vom 4. Mai bis zum 27. Juli – hatte die Polizei keine Kontrolle ... entweder war sie unfähig oder nicht willens, etwas zu tun.»

Weiter kritisierten sie, dass viele Anzeigen falsch registriert worden seien. So etwa im Falle einer Frau und ihres Sohns, die «zu Tode gehackt» worden seien. Trotz durchgeführter Autopsie, fehlten im daraufhin angefertigten Bericht die Straftaten Mord oder Mordversuch, berichtet India Today. Stattdessen sei nur von Aufruhr, Belästigung und Brandstiftung die Rede gewesen. Auch im zuvor erwähnten Fall der zu Tode gefolterten Frauen, registrierte die Polizei laut The Guardian in ihrem Bericht keine Vergewaltigung.

Weiter erfuhr der oberste Gerichtshof, dass noch 118 Leichen in Leichenhallen lägen. Er kritisierte:

«Sie können nicht weiter verwesen, und man kann nicht 118 Leichen auf unbestimmte Zeit in einer Leichenhalle aufbewahren. Es muss eine Lösung gefunden werden.»

Das Problem: Wer feindliches Gebiet betritt, um die Leiche eines Angehörigen oder einer Angehörigen abzuholen, riskiert, selber als eine solche zu enden.

Am 7. August muss der Polizeidirektor Manipurs vor dem Obersten Gerichtshof antraben, um zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und Lösungen zu präsentieren.

Die düsteren Aussichten

Eine Beruhigung der Lage ist nicht in Sicht. Bisher sind dem Konflikt gemäss Reuters 181 Menschen zum Opfer gefallen. 113 davon Kukis, 62 davon Meiteis. Über 60'000 Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben.

A woman is seen in a cramped relief center for displaced Meitei community in Moirang, near Imphal, capital of the northeastern Indian state of Manipur, Wednesday, June 21, 2023. Manipur state is caugh ...
Ein Flüchtlingszentrum für Meiteis in der Nähe von Imphal. Bild: keystone

Wie der Anführer einer Meitei-Organisation gegenüber Reuters sagte, würde seine Gruppe an der Front weiterkämpfen, bis die Kukis aufhörten, einen eigenen Staat in Manipur zu fordern.

«Der Krieg wird vonseiten der Meiteis weitergehen. Dies ist erst der Anfang.»

Dass er es wohl Ernst meint, zeigen die Zahlen: Gemäss Schätzungen der Regierung sind fast 3000 Waffen aus dem staatlichen Waffenarsenal gestohlen worden. 2780 davon sollen im Besitz der Meiteis sein.

Zuan Vaiphei, 32, left, an armed tribal Kuki, keeps a watch on rival Meitei community bunkers, along a de facto frontline which dissect the area into two ethnic zones in Churachandpur, in the northeas ...
Vor drei Monaten unterrichtete der 32-jährige Zuan Vaiphei noch Wirtschaft, jetzt steht der Kuki hinter der Frontlinie in Churachandpur.Bild: keystone

Auch wenn der aktuelle Konflikt zwischen zwei Ethnien ausgetragen wird, den wahren Schuldigen sieht das Magazin Frontline in der Regierung N. Birem Singhs. Seine wiederholte Verunglimpfung der Kukis als Eindringlinge und Aussenseiter habe einen Keil zwischen sie und die Meiteis getrieben. Dauerhafter Friede könne deshalb erst einkehren, wenn die Mainstream-Gesellschaft des Bundesstaates und die Regierung diese Tatsache anerkennen.

Wenn das nicht geschieht, dann dürfte der Krieg – wie vom Meitei-Anführer angekündigt – erst gerade begonnen haben.

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87 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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HolyRoller
03.08.2023 06:30registriert Januar 2023
Die am Anfang beschriebene Szene kommt in Indien leider nicht selten vor. Das Frauenbild vieler männlicher Inder in den ländl. Regionen ist teilweise erschreckend und Ausbrüche von Gewalt gegen Frauen ist an der Tagesordnung. Oft ist es aus Frust, da es für viele indische Männer durch fehlenden Status, Kastenzugehörigkeit oder Armut kaum möglich ist eine Frau zu finden. Das starre, intolerante und für uns unverständliche traditionalistische Moral- und Sittenverständnis grosser Teile der indischen Gesellschaft begünstig oder toleriert dieses Verhalten noch.
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Schlüsselblüemli
03.08.2023 08:03registriert April 2020
Das alles ist schrecklich. Aber Indien hat in erster Linie ein Männerproblem. Vergewaltigung und Misshandlung von Frauen ist dort seit Jahrzehnten Alltag, mir schnürts alles zusammen wenn ich sowas wie oben lese.
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Dachsmann
03.08.2023 09:57registriert März 2023
Indien ist weltweit vermutlich das Land, indem das Treiben der Elite an der Spitze (Atommacht, Raumfahrt, Selbstverständnis als aufstrebende Weltmacht) am weitesten von den Alltagssorgen der Bevölkerung an der Basis (Armut, Hunger, ethnsiche Konflikte) entfernt ist. Da muss man keine düsteren Dystopien erfinden, man kann einfach nach Indien blicken.
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