Man stelle sich vor, das Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) würde überschüssige Panzerabwehrlenkwaffen und Minen per Zeitungsinserat verkaufen. Unmöglich? Nun: In Israel ist letzte Woche genau das passiert, wie die israelische Zeitung «Haaretz» publik machte.
Der israelische «TheMarker»-Journalist Rotem Shtarkman fotografierte das Inserat und teilte es auf Twitter – mit der Überschrift: «Braucht jemand Raketen und Minen?» Danach analysierte Oded Yaron, der für die israelische «Haaretz» das Schwerpunktgebiet Rüstungsindustrie abdeckt, das Inserat.
מישהו צריך טילים ומוקשים? pic.twitter.com/LH2uKIpib0
— Rotem Shtarkman רותם שטרקמן (@RotemShtarkman) August 25, 2022
Im Inserat werden zum Beispiel Präzisionsartillerieraketen, Panzerabwehrlenkwaffen oder nicht weiter spezifizierte Minen angeboten:
Geschaltet wurde das Inserat von der Abteilung SIBAT des israelischen Verteidigungsministeriums. SIBAT ist zuständig für internationale Verteidigungszusammenarbeit. Zielgruppe des Inserats sind «ausländische Streitkräfte».
Die Waffen sollen über Exporteure verkauft werden und ein Regierungsbeamter des Ziellandes müsse eine Endnutzerbescheinigung unterzeichnen, heisst es in der Anzeige. Yaron schreibt, dass dieser Zusatz im Idealfall sicherstelle, dass die Munition in «verdiente Hände» gelangt – und er nennt die ukrainische Armee als Beispiel solcher «verdienter Hände». Er schreibt aber auch, dass in der Vergangenheit israelische Waffenexporte ihr Ziel unter anderem auch in Uganda oder Myanmar fanden.
Weiter schreibt der Rüstungsspezialist der «Haaretz», dass in der Anzeige zwar Minen zum Verkauf stünden, allerdings nicht klar sei, um welche Minen es sich handle. Da Israel Antipersonenminen besitze, sei dieser Punkt auf der Verkaufsliste besonders schwierig.
Denn Israel sei zwar Mitglied der UN-Übereinkommenskonvention über bestimmte konventionelle Waffen (CCW), das den Einsatz von Antipersonenminen und Sprengfallen einschränke – aber Israel sei nicht Teil des Ottawa-Vertrags, der ein vollständiges Verbot von Antipersonenminen vorsieht. Darum könnten sich unter den «Minen» auch Antipersonenminen befinden.
Um herauszufinden, ob tatsächlich auch Antipersonenminen verkauft werden, müsste man Zugang haben auf die vollständigen Ausschreibungsunterlagen. Die sind auf der Website der SIBAT allerdings nicht einsehbar, da sie nur für die Augen von Waffen-Exporteuren bestimmt sind. SIBAT hat die Unterlagen auf Anfrage der «Haaretz» nicht herausgerückt.
Neben der Frage nach den Zielländern und dem möglichen Verkauf von Antipersonenminen sieht Yaron besonders eine Gefahr – und zwar in der Aussage, dass sich die Waffen in «unterschiedlichem Zustand» befänden, denn:
Internationale Waffenverkäufe sind bei Weitem nicht ungewöhnlich. Aber dass ein solches Inserat per Zeitung geschaltet wird, ist durchaus unüblich und bietet einen spannenden Einblick.
(yam)