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Israel verkauft Armeewaffen – per Zeitungsinserat

Israel verkauft Armeewaffen – per Zeitungsinserat

02.09.2022, 19:4703.09.2022, 12:41
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Man stelle sich vor, das Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) würde überschüssige Panzerabwehrlenkwaffen und Minen per Zeitungsinserat verkaufen. Unmöglich? Nun: In Israel ist letzte Woche genau das passiert, wie die israelische Zeitung «Haaretz» publik machte.

Der israelische «TheMarker»-Journalist Rotem Shtarkman fotografierte das Inserat und teilte es auf Twitter – mit der Überschrift: «Braucht jemand Raketen und Minen?» Danach analysierte Oded Yaron, der für die israelische «Haaretz» das Schwerpunktgebiet Rüstungsindustrie abdeckt, das Inserat.

Im Inserat werden zum Beispiel Präzisionsartillerieraketen, Panzerabwehrlenkwaffen oder nicht weiter spezifizierte Minen angeboten:

Die Übersetzung:

Ausschreibung für den Verkauf schwerer Munition aus dem Überschuss der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF).

Für den Verkauf angebotene Artikel: Panzermunition, verschiedene Artilleriegeschosse, Minen, LAHAT (halb-aktiv lasergesteuerte Panzerabwehrlenkrakete), ACCULAR-Raketen (Artillerieraketen).

Die Gegenstände werden ausländischen Streitkräften angeboten und werden über registrierte Exporteure verkauft. Eine Endnutzerbescheinigung wird verlangt, die von einem Regierungsbeamten im Zielstaat unterzeichnet sein muss.

Die zum Verkauf angebotenen Artikel befinden sich in unterschiedlichem Zustand und liegen in unterschiedlichen Mengen vor.

Geschaltet wurde das Inserat von der Abteilung SIBAT des israelischen Verteidigungsministeriums. SIBAT ist zuständig für internationale Verteidigungszusammenarbeit. Zielgruppe des Inserats sind «ausländische Streitkräfte».

Die Waffen sollen über Exporteure verkauft werden und ein Regierungsbeamter des Ziellandes müsse eine Endnutzerbescheinigung unterzeichnen, heisst es in der Anzeige. Yaron schreibt, dass dieser Zusatz im Idealfall sicherstelle, dass die Munition in «verdiente Hände» gelangt – und er nennt die ukrainische Armee als Beispiel solcher «verdienter Hände». Er schreibt aber auch, dass in der Vergangenheit israelische Waffenexporte ihr Ziel unter anderem auch in Uganda oder Myanmar fanden.

JABER, JORDAN- JULY 08: A deminer works in a field along the border between Jordan and Syria on July 08 and 2008 near Jaber, Jordan. The National Committee for De-mining and Rehabilitation (NCDR) last ...
Minenräumung 2008 im jordanisch-syrisch-israelischen Grenzgebiet. Im Gebiet liegen rund 305'000 Personen- und Fahrzeugminen. Bild: Getty Images Europe

Weiter schreibt der Rüstungsspezialist der «Haaretz», dass in der Anzeige zwar Minen zum Verkauf stünden, allerdings nicht klar sei, um welche Minen es sich handle. Da Israel Antipersonenminen besitze, sei dieser Punkt auf der Verkaufsliste besonders schwierig.

Denn Israel sei zwar Mitglied der UN-Übereinkommenskonvention über bestimmte konventionelle Waffen (CCW), das den Einsatz von Antipersonenminen und Sprengfallen einschränke – aber Israel sei nicht Teil des Ottawa-Vertrags, der ein vollständiges Verbot von Antipersonenminen vorsieht. Darum könnten sich unter den «Minen» auch Antipersonenminen befinden.

Um herauszufinden, ob tatsächlich auch Antipersonenminen verkauft werden, müsste man Zugang haben auf die vollständigen Ausschreibungsunterlagen. Die sind auf der Website der SIBAT allerdings nicht einsehbar, da sie nur für die Augen von Waffen-Exporteuren bestimmt sind. SIBAT hat die Unterlagen auf Anfrage der «Haaretz» nicht herausgerückt.

Neben der Frage nach den Zielländern und dem möglichen Verkauf von Antipersonenminen sieht Yaron besonders eine Gefahr – und zwar in der Aussage, dass sich die Waffen in «unterschiedlichem Zustand» befänden, denn:

«Je älter die Munition ist und je schlechter die Lagerbedingungen waren, desto wahrscheinlicher ist es, dass Blindgänger unter den Exporten sind, die ernsthafte Probleme verursachen.»

Internationale Waffenverkäufe sind bei Weitem nicht ungewöhnlich. Aber dass ein solches Inserat per Zeitung geschaltet wird, ist durchaus unüblich und bietet einen spannenden Einblick.

(yam)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hardy18
02.09.2022 20:10registriert Oktober 2015
Was letzte Preis?
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Aschenmadlen
02.09.2022 20:49registriert Juli 2017
Unsere Armee hat ihre alten Panzer so gut im Gotthard versteckt, dass sie sie selbst nicht mehr findet, anderenfalls wären die jetzt auch auf Tutti.
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La Sendvičovač
02.09.2022 20:05registriert Juli 2020
Mmhhh, so ein LAHAT könnte noch praktisch sein, wenn ich morgens zur Arbeit radle und die Autofahrer mich mal wieder übersehen… 🤔💩
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