Ein ranghohes Mitglied der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ist nach fast drei Monaten Hungerstreik in israelischer Haft gestorben. Nach dem Tod des Hungerstreikenden in israelischer Haft ist es zu einem massiven Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf Israel gekommen.
Der 44 Jahre alte Khader Adnan sei am frühen Morgen bewusstlos in seiner Zelle aufgefunden worden, teilte ein Sprecher der israelischen Gefängnisbehörde am Dienstag mit. Während Wiederbelebungsversuchen sei er in ein Spital gebracht, dort aber für tot erklärt worden.
Rund 22 Flugkörper seien auf israelische Städte abgefeuert worden, teilte das israelische Militär am Dienstagnachmittag mit. Zuvor heulten in mehreren Grenzstädten die Warnsirenen. Nach Angaben der Armee wurden vier Raketen vom Flugabwehrsystem Iron Dome abgefangen, 16 weitere landeten demnach auf offenem Gelände. Bereits am Morgen landeten drei Raketen aus dem Küstenstreifen auf israelischem Gebiet.
Nach Angaben von Sanitätern wurden mindestens drei ausländische Staatsbürger auf einer Baustelle von Raketensplittern verletzt. Darunter sei ein ungefähr 25-Jähriger mit schweren Verletzungen. Alle drei seien zur Behandlung in ein Krankenhaus gekommen.
Zudem berichtete die israelische Polizei von zwei weiteren Verletzten, die wegen Angstzuständen behandelt wurden. Das Militär und die Polizei riefen die Bewohner auf, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten.
Der Palästinenser aus Dschenin im Westjordanland habe den Hungerstreik am 5. Februar nach seiner Festnahme wegen Terrorvergehen begonnen, teilte der israelische Sprecher mit. Er sei wegen mutmasslicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, Unterstützung von Terror und Hetze inhaftiert gewesen. Es sei bereits seine zehnte Haftzeit in Israel.
Der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje warf Israel eine «absichtliche Ermordung» Adnans vor, «indem sie seine Forderung nach Freilassung zurückgewiesen haben, ihn medizinisch vernachlässigt und trotz der Schwere seines Gesundheitszustands in seiner Zelle gelassen haben».
Auch das palästinensische Aussenministerium machte Israel für seinen Tod verantwortlich und forderte eine internationale Untersuchung der Umstände. Im Westjordanland und Gazastreifen riefen Palästinenser einen Generalstreik aus. Die Gefängnisbehörden erhöhten der Nachrichtenseite «ynet» zufolge aus Sorge vor Unruhen anderer palästinensischer Sicherheitshäftlingen die Alarmbereitschaft.
Ein ranghohes Dschihad-Mitglied im Gazastreifen sagte, man mache Israel für die «Ermordung Adnans» verantwortlich. «Der Feind wird den Preis für dieses Verbrechen zahlen», sagte er. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas äusserte sich ähnlich und kündigte an: «Unser Volk mit all seinen Kräften und Fraktionen wird alle Formen des Widerstands mit allen Mitteln und Instrumenten eskalieren und sich den Verbrechen der Besatzungsmacht gegen Häftlinge und Gefangene entgegenstellen.»
Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir wies unterdessen «ynet» zufolge die Behörden an, Häftlingen mitzuteilen, dass sie bei einem Aufstand oder dem Beginn eines Hungerstreiks einige ihrer zuvor gewährten Bedingungen verlieren würden. «Meine Anweisungen an die Gefängnisbehörden lauten, eine Null-Toleranz-Politik zu betreiben», zitierte «ynet» den Minister.
Nach palästinensischen Angaben war Adnan ein verheirateter Vater von neun Kindern. Der Mann war bereits in der Vergangenheit immer wieder von israelischen Sicherheitskräften festgenommen und ohne offizielle Anklage in Haft gehalten worden.
2015 war Adnan bereits nach einem lebensbedrohlichen Hungerstreik freigelassen worden. Auch im Februar 2012 hatte Adnan nach einer ähnlichen Einigung einen 66-tägigen Hungerstreik beendet. Mit der Aktion protestierte er gegen seine Verwaltungshaft in Israel. Dabei können die Betroffenen ohne Anklageerhebung und ohne zeitliche Perspektive aus Sicherheitsgründen festgehalten werden.
Diesmal war die juristische Lage nach israelischen Angaben jedoch anders, weil Adnan vor einem Militärgericht offiziell wegen Terrorvergehen angeklagt worden sei. Ein ähnlicher Deal über eine Freilassung wie in der Vergangenheit sei daher vor Ende des Prozesses nicht möglich gewesen, hiess es vonseiten der Gefängnisbehörde.
In der Haftanstalt habe es eine gut ausgestattete medizinische Einrichtung gegeben und man habe ihn regelmässig in ein ziviles Spital gebracht. Adnan habe jedoch jegliche medizinische Behandlung sowie alle Tests verweigert. «Für ihn gab es offenbar nur Freilassung oder Tod.»
(yam/sda/dpa)