Kurz vor dem US-Entscheid über die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran hat Israel nach eigenen Angaben «schlüssige Beweise» für die Existenz eines geheimen Atomwaffenprogramms von Teheran vorgelegt. Das Abkommen basiere auf «Lügen», sagte Israels Premier Netanjahu. Der Iran habe seine nuklearen Ambitionen nie aufgegeben und verstosse damit gegen das internationale Atomabkommen.
Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu says Iran lied after signing nuclear deal and moved weapons to a secret location pic.twitter.com/9zUjrQfN5h
— Sky News (@SkyNews) 30. April 2018
Netanjahu bezichtigte die Führung in Teheran am Montag der Lüge über ihre wahren Absichten. In einer im Fernsehen übertragenen Ansprache illustrierte Netanjahu seine Äusserungen mit Schaubildern, die Infografiken und Luftaufnahmen aus dem Iran zeigten.
Netanjahu warf dem Iran vor, umfangreiche Forschungen zum Bau einer Atombombe für einen möglichen künftigen Gebrauch heimlich aufbewahrt zu haben. Dies zeigten Zehntausende Dokumente aus einem «geheimen Atomarchiv» in Teheran.
Sie seien Israel als «exakte Kopien» in Papier- oder CD-Format zugespielt worden. Netanjahu sprach dabei von einem «grossartigen Erfolg» des israelischen Geheimdienstes.
«Iran lügt dreist», sagte Netanjahu mit Blick auf die Beteuerungen der iranischen Führung, nicht nach Atomwaffen zu streben. Netanjahu zufolge versteckt die Führung in Teheran die Dokumente zu seinem Atomwaffenprogramm, um es zu geeigneter Zeit weiterbetreiben zu können. Ziel sei es, auch Langstreckenraketen mit Atombomben bestücken zu können.
Netanjahus Auftritt war ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump und am Sonntag ein Treffen mit US-Aussenminister Mike Pompeo über die Iran-Politik vorangegangen. Netanjahu ist seit jeher ein entschiedener Gegner des Abkommens, das derzeit von den USA auf den Prüfstand gestellt wird.
Die Informationen seien schon mit den USA geteilt worden, sagte Netanjahu. Er sei sich sicher, dass US-Präsident Donald Trump «das Richtige» tun werde. Dieser reagierte nach Netanjahus Präsentation. Sie zeige, dass er mit seiner Meinung über den Iran zu «hundert Prozent» Recht gehabt habe, so Trump.
Trump on Israeli PM's claims that Iran violated nuclear deal: "That just is not an acceptable situation." @POTUS says he has yet to decide whether the U.S. will pull out of nuclear agreement with Iran. https://t.co/V38T0PnUBi pic.twitter.com/KoHtpb2DXM
— CBS News (@CBSNews) 30. April 2018
Nach einer ersten Einschätzung der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini präsentierte Israels Ministerpräsident Netanjahu bisher keine Beweise dafür, dass sich der Iran nicht an das Abkommen zum Verzicht auf Atomwaffen hält. Die Präsentation Netanjahus vom Montag habe die Vertragstreue der iranischen Führung laut ersten Berichten nicht infrage gestellt, teilte Mogherini am Montagabend mit.
Das Atomabkommen aus dem Jahr 2015 basiere auf konkreten Verpflichtungen, Überprüfungsmechanismen und einer strikten Kontrolle durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Diese habe schon zehn Berichte veröffentlicht, die dem Iran bestätigten, sich an die Abmachungen zu halten.
Falls irgendwer Informationen habe sollte, dass dies nicht der Fall sein könnte, solle er sich an die IAEA oder die gemeinsame Kommission der Vertragsparteien wenden, mahnte Moherini. Die IAEA sei die einzige unabhängige internationale Organisation, die für die technische Überwachung zuständig sei.
Der Iran wies die von Netanjahu erhobene Behauptung zurück, das Land habe umfangreiches Know-how zum Atomwaffenbau heimlich aufbewahrt. Bei der Präsentation Netanjahus handele es sich um aufgewärmte, alte Anschuldigungen, hiess es vom iranischen Aussenministerium.
Mit diesen habe sich schon die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) auseinandergesetzt, schrieb Aussenminister Mohamed Dschawad Sarif am Montagabend auf Twitter. Er kritisierte auch US-Präsident Donald Trump dafür, dass er sich Netanjahus Anschuldigungen zu eigen mache. Die «ungestüme» Reaktion Trumps belege eine koordinierte Zeitplanung für die angebliche Enthüllung.
(sar/sda/dpa/afp/reu)