Einmal in der Woche hat Silvio Berlusconi in den vergangenen Monaten in einem Altersheim gearbeitet – nun endet sein Sozialdienst. Der Ex-Regierungschef denkt schon wieder an neue politische Aufgaben. Vorher steht ihm aber ein weiterer pikanter Gerichtstermin bevor.
Alzheimer-Patienten Geschichten vorlesen, sie bei motorischen Übungen unterstützen, sich um alte Menschen kümmern: So sahen die Freitagvormittage von Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi in den vergangenen Wochen aus.
Dem 78-Jährigen hat die wöchentliche Auszeit nach eigenen Angaben gut getan – so sehr, dass er nach dem Ende seines Sozialdienstes am Sonntag sogar freiwillig weitermachen will. Es sei eine «bewegende Erfahrung» gewesen, «deshalb möchte ich diese Erfahrung und dieses Engagement fortsetzen», erklärte Berlusconi an seinem letzten Tag im katholischen Seniorenzentrum Sacra Famiglia bei Mailand am Freitag.
In einer dunklen Limousine war Berlusconi am Morgen an zahlreichen wartenden Journalisten vorbei vor der Einrichtung vorgefahren. Wegen einer Fussverletzung vom Wochenende humpelte er gestützt auf eine Krücke zum Eingang.
Das Ende des Sozialdienstes bedeutet für den Ex-Cavaliere mehr Freiheit – doch einige seiner grossen Ziele bleiben ihm weiter verwehrt. Er darf nun zwar auch ohne Genehmigung seine Heimatregion verlassen und sich am Wochenende in Rom aufhalten.
Doch erst in einigen Wochen könnte seine Strafe für erledigt erklärt werden – bis dahin darf Berlusconi unter anderem weiter nicht ins Ausland reisen.
Zuletzt hatte der 78-Jährige, der immer noch Leitfigur seiner Partei Forza Italia ist, vollmundig eine Rückkehr in die grosse Politik angekündigt: «Natürlich werde ich wieder kandidieren», erklärte er.
Doch das zweijährige Verbot öffentlicher Ämter, das die Richter bei Berlusconis bislang einziger rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerbetrugs im August 2013 aussprachen, gilt weiter.
Hinzu kommt, dass Berlusconi gemäss eines Gesetzes in Italien als verurteilter Parlamentarier sogar für sechs Jahre kein neues Amt übernehmen darf. Dagegen kämpfen seine Anwälte unter anderen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – doch bislang ohne Erfolg.
Und auch das Kassationsgericht in Rom könnte die Pläne durchkreuzen: Es berät am kommenden Dienstag in dritter Instanz im «Ruby»-Prozess um die «Bunga Bunga»-Partys in Berlusconis Villa. Ihm werden Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch vorgeworfen, er soll mit der damals minderjährigen Karima El Mahroug, genannt «Ruby», Sex gegen Geld gehabt haben.
Zwar bestreitet Berlusconi das und war in zweiter Instanz freigesprochen worden, doch Italiens höchstes Gericht könnte das Urteil kippen. Dann droht weiterer Ärger für Berlusconi, der derzeit wegen einer Fussverletzung auf Krücken gehen muss.
Und selbst wenn er im «Ruby»-Prozess endgültig freigesprochen werden sollte: Ausgestanden ist die Affäre für den 78-Jährigen damit noch nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn und einige der Frauen, die bei den Partys anwesend waren, wegen Korruption und Bestechlichkeit. Berlusconi soll sie für ihre Aussagen bezahlt haben.
Politisch hat der dreimalige Regierungschef in den letzten Monaten ohnehin an Einfluss verloren – nicht zuletzt durch das Zerbrechen des Pakts mit Regierungschef Matteo Renzi, mit dem er zuvor bei wichtigen Reformen kooperiert hatte.
Ende Januar musste Berlusconi bei der Wahl eines neuen Staatspräsidenten eine Niederlage hinnehmen, als Renzi seinen Kandidaten gegen den Willen Berlusconis durchbrachte.
Der Sozialdienst scheint für den Milliardär da sogar fast das kleinere Übel gewesen zu sein. Er äusserte sich nach seinen ersten Einsätzen in dem Altersheim geradezu begeistert. «Die Stunden, die ich dort verbracht habe, waren sehr intensiv», sagte er nach dem Beginn des Sozialdienstes im Mai.
Er habe «einen Anreiz zum Nachdenken über den Zustand der Senioren bekommen», erklärten Berlusconis Anwälte. Wegen guter Führung endet der Sozialdienst nun sogar 45 Tage früher.
Und auch Bewohner und Mitarbeiter im katholischen Zentrum Sacra Famiglia waren zufrieden mit ihrem Helfer. «Er war nicht zimperlich», berichtete eine Krankenschwester laut «La Repubblica». Berlusconi sei stets pünktlich gewesen und habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Demzufolge soll sich der Politiker sogar mit einigen Bewohnern angefreundet und vor Weihnachten für sie gesungen haben. (sda/dpa)