Die russischen Streitkräfte kommen dem Westen näher. Am Samstag ist es in der westukrainischen Metropole Lwiw zu schweren Luftanschlägen gekommen. Die regionale Militärverwaltung berichtete von drei heftigen Explosionen am östlichen Stadtrand und sprach von «russischen Raketen».
Was genau passierte, war zunächst von unabhängiger Seite nicht herauszufinden. Fotojournalistinnen dokumentierten dicke schwarze Rauchwolken über Lwiw. Ein SRF-Auslandskorrespondent vor Ort bestätigte solche Sichtungen und berichtete von einem grösseren Einsatz der Rettungskräfte. Der Bürgermeister sprach zunächst von fünf Todesopfern.
Der Anschlag ereignete sich nur gerade 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Und er ereignete sich vor allem kurz vor einem grossen Auftritt von Joe Biden im 400 Kilometer entfernten Warschau. Dieser reagierte auf die jüngsten Berichte mit einer energischen Rede, in der er dem ukrainischen Volk die Unterstützung der Vereinigten Staaten zusicherte. Der Rede wurde vor dem Auftritt eine historische Bedeutung zugesprochen.
Ob sie dieser gerecht wird, entscheiden irgendwann die Historikerinnen und Historiker. Klar ist nur, dass die Ansprache grosse Beachtung erzielte. So richtete sich der US-Präsident Joe Biden brüderlich an das russische Volk und versicherte ihnen: «Ihr seid nicht der Feind. Das entspricht nicht dem, was ihr seid, das ist nicht die Zukunft, die ihr für eure Familien verdient.» Der Krieg müsse jedoch für den russischen Präsidenten Konsequenzen haben: Putin dürfe – frei übersetzt – «um Gottes willen» nicht mehr länger an der Macht bleiben.
Dieser eine Satz wurde von den US-Medien in den ersten Berichten als Schlüsselaussage bewertet. Doch Biden sagte mehr als das: Er schimpfte mit Putin auch auf inhaltlicher Ebene, als er die Kreml-Propaganda von der angeblichen «Entnazifizierung der Ukraine» verurteilte. Das sei eine zynische und obszöne Lüge angesichts der familiären Vorgeschichte des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj: Er sei Jude und hätte im Holocaust Verwandte verloren.
«Und Putin, wie alle Autokraten, hat die Frechheit zu glauben, dass Macht Recht gibt», so Joe Biden. Der US-Präsident stimmte daraufhin die Welt auf einen langen Konflikt um die künftige internationale Ordnung ein:
Er könnte sich ja auch ganz verhalten und vorsichtig äussern, tut er aber nicht.
Umso mehr: Thanks a lot!
Sie läuft schon länger, man denke nur an die Radikalisierung der Republikaner, den Aufstieg der AfD, der SVP, der Wahl von so Widerlingen wie Bolsonaro, Trump, Blocher, Erdogan, dem Abdriften Polens in Richtung irgendetwas wie eine Theokratie, etc.
Wenn wir nicht alles verlieren wollen, was wir in Jahrhunderten erreicht haben, so müssen wir nicht nur gegen Feinde wie Russland, China und wie sie heissen einig sein, sondern auch gegen die inneren.