Nach einem schwierigen Geschäftsjahr 2024 scheint sich die Elektromobilität in der Schweiz wieder zu erholen. Rund jedes dritte neu zugelassene Auto im aktuellen Jahr läuft nicht mit Benzin, sondern mit Strom. Das zeigen aktuelle Zahlen von Auto Schweiz.
Die positive Entwicklung sei zu begrüssen, schreibt der Branchenverband, auch wenn die Schweiz ihren Zielen hinterherhinke. Einst plante der Bund in einer Roadmap, dass 2025 jedes zweite Auto emissionsfrei fährt.
Nun droht der nächste Dämpfer. Wie Recherchen dieser Zeitung zeigen, arbeitet das Departement von Albert Rösti an einer Vorlage, um E-Autos künftig stärker zur Kasse zu bitten.
Grund dafür ist ein drohendes Loch in einem wichtigen Topf: der Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds, kurz NAF. 2024 sind dessen Reserven erstmals gesunken, von 3,83 Milliarden Franken auf 3,67 Milliarden Franken.
Das klingt nicht weiter schlimm, doch die Finanzperspektiven verdüstern sich in den kommenden Jahren drastisch. Bereits 2028 könnten die Reserven unter die Schwelle von 500 Millionen fallen – was eine automatische Erhöhung des Benzinpreises zur Folge hätte. Geäufnet wird der NAF zum grössten Teil durch Mineralölabgaben und -zuschläge, die für E-Autos entfallen.
Rösti zieht deshalb den Hebel an. Bereits seit Anfang 2024 müssen Käufer eines Tesla Y oder Audi Q4 eine Importsteuer entrichten, analog zu den Benzinern. Doch weil das nicht reicht, dürfte der Bundesrat kommenden Monat eine Vernehmlassung zur Besteuerung von E-Autos verabschieden. Der Bund plant, diese per 2030 einzuführen.
Im Kern sieht die Vorlage dem Vernehmen nach zwei Varianten vor, die man mit Vertrauen und Kontrolle umschreiben könnte. Die erste setzt auf die Eigenverantwortung der Fahrzeuglenker. Per Selbstdeklaration müssten diese den Kilometerstand ihrer Fahrzeuge einer Behörde mitteilen, was dann als Basis für die Steuerrechnung dient. Die zweite diskutierte Idee wäre technisch einiges anspruchsvoller: Mithilfe geeichter Zähler würde die jährlich bezogene Energie gemessen.
Bei beiden Arten der Steuererhebung stellen sich eine Reihe von Fragen. Die Selbstdeklaration etwa müsste das Problem des grenzüberschreitenden Verkehrs lösen: Inwiefern spielen im Ausland gefahrene Kilometer eine Rolle? Und was ist mit dem Transitverkehr, der wiederum nicht stärker für den zunehmend teuren Strassenunterhalt blechen muss? Vor allem Bürgerliche sorgen sich, dass quasi im Seitenwagen zur E-Auto-Steuer das Road Pricing eingeführt wird.
Bei der Erhebung durch Messgeräte hingegen gibt es vor allem Fragezeichen hinter einer fairen technischen Lösung. Es ist das eine, diese bei Tankstellen einzuführen – doch was ist mit Ladestationen im Eigenheim?
Noch bevor die Vernehmlassung ihren Gang durch den Bundesrat bestritten hat, gibt diese Anlass für grundsätzliche Bedenken. Denn auch eine Zahl für den möglichen Steuersatz geistert bereits herum: Sechs Franken sollen 100 Kilometer kosten, also ungefähr 35 Rappen pro Kilowattstunde. Das wäre vergleichbar mit Abgaben auf Mineralöl. E-Autos wären Benzinern steuerlich plötzlich gleichgestellt.
Das sieht Auto Schweiz beispielsweise kritisch. «Für uns ist klar, dass es langfristig eine Besteuerung der Elektromobilität braucht», sagt Direktor Thomas Rücker. «Aber nicht in der aktuell wackligen Situation, in der sich der Markt für E-Autos befindet.»
Bereits die Einführung der Importsteuer habe 2024 zu einer Stagnation der E-Mobilität geführt. Dazu ist die Ladeinfrastruktur nicht so weit ausgebaut, als dass sie es mit den Benzinern aufnehmen könnte. «Kommt nun verfrüht eine steuerliche Gleichstellung zwischen E-Autos und Benzinern, könnte das zarte Pflänzchen der Elektromobilität rasch eingehen», sagt Rücker.
Er will sich in der Vernehmlassung dafür einsetzen, dass ein abgestuftes Verfahren zum Einsatz kommt: mit einem Mechanismus, der den Steuersatz an den Marktanteil der E-Autos knüpft. «Auch wenn die monatlichen Verkaufszahlen für Neuwagen beachtlich sind, machen E-Autos in der Schweiz nur einen Anteil von 4,2 Prozent in der gesamten Flotte aus», sagt Rücker. Anlässlich solcher Zahlen zu schnell E-Autos mit Benzinern gleichzustellen, sei verfehlt.
Gleichzeitig warnen bürgerliche Politiker wie FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen seit Jahren davor, die Vorlage hinauszuzögern. Rösti braucht für diese Verfassungsänderung einen Volksentscheid – und zusätzliche Abgaben haben es an der Urne traditionell schwer. Die Akzeptanz dafür dürfte bei steigendem Anteil von E-Autofahrern sinken. Es ist eigentlich wie immer beim Autofahren: Entscheidend für Rösti wird sein, das richtige Tempo für die Vorlage zu finden. (aargauerzeitung.ch)
Rösti ist eine Fehlbesetzung als Bundesrat und gehört abgewählt.