International
Lateinamerika

Evo Morales gewinnt Bolivien-Wahl – Vorwürfe wegen Wahlmanipulation

Morales gewinnt Bolivien-Wahl – Vorwürfe wegen Wahlmanipulation

25.10.2019, 06:1525.10.2019, 07:45
Mehr «International»

Boliviens linker Staatschef Morales entgeht knapp einer Stichwahl - dank der Besonderheiten des Wahlrechts. Sein Rivale Mesa spricht von Wahlbetrug. Auch die EU empfiehlt Morales, sich einem zweiten Wahlgang zu stellen.

epa07945997 Bolivia's President Evo Morales, speaks during a press conference in La Paz, Bolivia, 24 October 2019. Morales said that he will go to the second round if he fails to win in the first ...
Wird er einer Stichwahl zustimmen? Evo Morales.Bild: EPA

Boliviens linker Staatschef Evo Morales hat die Präsidentenwahl nach Angaben der Wahlkommission schon im ersten Durchgang gewonnen. Nach Abschluss der vorläufigen Stimmenauszählung am Donnerstagabend (Ortszeit) kam Morales auf 47,07 Prozent, sein konservativer Herausforderer Carlos Mesa auf 36,51 Prozent. Der seit 2006 amtierende Präsident steht damit vor seiner vierten Amtszeit, sieht sich aber mit Vorwürfen der Wahlmanipulation konfrontiert.

Gemäss der vorläufigen Auszählung hat Morales (59) den laut Verfassung erforderlichen Vorsprung vor dem Zweitplatzierten knapp erreicht. In Bolivien hat ein Präsidentschaftskandidat die Wahl gewonnen, wenn er mindestens 40 Prozent der Stimmen bekommt und einen Vorsprung von wenigstens 10 Prozentpunkten auf den Zweitplatzierten hat. Erstmals gewinnt Morales eine Präsidentenwahl, ohne eine absolute Mehrheit der Stimmen zu erreichen.

Stichwahl gefordert

Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatten Morales am Mittwoch empfohlen, eine Stichwahl zuzulassen, auch wenn er die Bedingungen für einen Sieg in der ersten Wahlrunde erfüllt.

Die Europäische Union schloss sich dieser Empfehlung am Donnerstag an. «Die EU erwartet von der bolivianischen Regierung und den Wahlbehörden eine Lösung, die den Willen des Volkes, die Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses und die Wahrung der sozialen Stabilität berücksichtigt», erklärte eine für Aussenbeziehungen zuständige EU-Sprecherin in Brüssel

Boliviens Justizminister Héctor Arce wies Forderungen nach einer Stichwahl zurück. Das wäre verfassungswidrig, sagte er am Donnerstag (Ortszeit) auf der Plenarsitzung der OAS in Washington.

Bolivia's opposition presidential candidate Carlos Mesa talks during a press conference at a hotel in La Paz, Bolivia, Monday, Oct. 21, 2019. Mesa denounced irregularities in Sunday's electi ...
Carlos Mesa stellt das Wahlergebnis in Frage.Bild: AP

«Nicht Evo, sondern das Volk hat gewonnen», sagte Morales nach Veröffentlichung des vorläufigen Endergebnisses. Der erste indigene Staatschef Boliviens bedauerte, dass Mesa noch vor Abschluss der Auszählung das Recht auf eine Stichwahl beanspruchte. Er habe auf diese Weise die Stimmen der indigenen Landbevölkerung ignorieren wollen, die üblicherweise als letzte ausgezählt werden.

«Es ist eine schändliche und grobe Verfälschung unserer Stimmenabgabe», erklärte Mesa (66) nach Bekanntgabe des Endergebnisses. «Die (Regierungspartei) MAS hat eben den Wahlbetrug vollendet», sagte er. Mesa stellte nicht in Frage, dass Morales die meisten Stimmen erhalten habe, sondern forderte sein «demokratisches Recht» auf eine Stichwahl, in einem Gespräch mit dem US-Fernsehsender CNN. Er rief seine Anhänger auf, nicht aufzugeben.

Morales hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt. Ein Referendum hatte ihm 2016 die erneute Kandidatur versperrt. Er erlangte jedoch ein Urteil vom Verfassungsgericht, das ihm die Bewerbung als ein unwiderrufliches Menschenrecht verbriefte. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Zweitgrösster See Boliviens ist ausgetrocknet
1 / 15
Zweitgrösster See Boliviens ist ausgetrocknet
Der einst zweitgrösste See Boliviens, der Lago Poopó, ist praktisch komplett ausgetrocknet. Das Bild links zeigt eine Aufnahme aus dem Jahr 1986, rechts ein Bild vom Januar 2016.
quelle: /usgs landsat / usgs
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Bivio
25.10.2019 09:05registriert März 2018
Zuerst den Regenwald eigenhändig abfackeln und dann unter mysteriösen Umständen plötzlich, entgegen allen Prognosen, im ersten Wahlgang gewählt zu werden. Eines muss man ihm lassen, der Mann hat es drauf! Da könnte der Donald noch was lernen…
215
Melden
Zum Kommentar
3
Israel will Rafah angeblich in Etappen angreifen – das Nachtupdate ohne Bilder
Der israelische Angriffsplan für Rafah steht laut Medienberichten. Zuerst sollen Zivilisten evakuiert werden. Derweil kommt es nach dem Veröffentlichen eines Videos einer Hamas-Geisel in Israel zu Protesten. Hier ist das Nachtupdate.

Israel will seine angekündigte Bodenoffensive auf die Stadt Rafah im Süden des abgeriegelten Gazastreifens einem Medienbericht zufolge in Etappen durchführen. Wie die Zeitung «Wall Street Journal» am späten Mittwochabend unter Berufung auf ägyptische Beamte und ehemalige israelische Offiziere berichtete, änderte Israel auf Druck der USA und anderer Länder seine anfänglichen Pläne für einen grossangelegten Angriff auf die derzeit mit Hunderttausenden palästinensischer Binnenflüchtlingen überfüllte Stadt an der Grenze zu Ägypten. Durch ein stattdessen schrittweises Vorgehen solle die Zahl ziviler Opfer begrenzt werden, hiess es. Israels Militär äussert sich zu seinen Einsatzplänen nicht. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte allerdings vor wenigen Tagen «weitere schmerzhafte Schläge» gegen die islamistische Hamas angekündigt. «Und dies wird in Kürze geschehen», sagte er.

Zur Story