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UNO-Bericht kritisiert internationale Streitkräfte in Afghanistan

epa07514039 US soldiers stand guard during a meeting of General Scott Miller, the top NATO and US commander in Afghanistan, with Afghan officials to discuss issues of mutual interest and regional secu ...
Die meisten toten Zivilisten gehen auf das Konto von internationalen Streitkräften der Nato, USA, Deutschland und Grossbritannien. Bild: EPA/EPA

Mehrheit der getöteten Zivilisten in Afghanistan geht nicht auf das Konto der Taliban

Ein Bericht enthüllt, dass internationale Streitkräfte in Afghanistan mehr Zivilisten töten als die Taliban und der «IS» zusammen.
25.04.2019, 04:0825.04.2019, 12:11
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Am Mittwoch legte die UNO in einem Bericht offen, dass von den USA unterstützte Kriegstruppen im laufenden Jahr mehr afghanische Zivilisten getötet haben als die Taliban und andere bewaffnete Anti-Regierungsgruppen.

Laut dem Bericht der Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) haben die «regierungsfreundlichen Kräfte», darunter die Nato, afghanische und internationale Truppen, in den ersten drei Monaten dieses Jahres 305 Zivilisten getötet. Im Vergleicht dazu kamen 227 Zivilisten durch «regierungsfeindliche Kräfte» wie die Taliban oder den «IS» zu Tode.

Tadamichi Yamamoto, der Leiter der UN-Hilfsmission in Afghanistan, sagte: «Eine schockierende Zahl von Zivilisten wird weiterhin jeden Tag getötet und verstümmelt.» Er forderte alle Parteien ausdrücklich auf, die Zivilbevölkerung aus dem Visier zu nehmen. Um die Zahl der Todesopfer zu minimieren, brauche es jetzt Sofortmassnahmen bei Luftangriffen, so Yamamoto.

Denn die meisten zivilen Opfer sterben durch Luftoperationen. Im Bericht heisst es, dass im ersten Quartal des laufenden Jahres 43 Luftoperationen durchgeführt wurden. Diese haben 145 Zivilisten das Leben gekostet. Bei der Hälfte der zivilen Opfer handelte es sich um Frauen und Kinder.

epa07458602 People carry the bodies (in truck) of the civilians who they claim have been killed by airstrikes in Kunduz, Afghanistan, 23 March 2019. At least 13 civilians including women and children  ...
Bewohner von Kunduz fahren Ende März 2019 in einem Truck die Leichen von 13 Zivilisten durch die Stadt, die bei einem Nato-Luftangriff ums Leben kamen. Bild: EPA/EPA

Weiter starben bei Suchaktionen 102 Zivilisten. Die Mehrheit dieser Suchaktionen wurde vom afghanischen Geheimdienst durchgeführt, der von den USA, Grossbritannien und Deutschland finanziert wird. Im UNO-Bericht wurde die Besorgnis darüber geäussert, dass diese Kräfte ausserhalb ihrer Befehlskette und ungestraft zu handeln scheinen.

Der Sprecher der US-Streitkräfte in Afghanistan, Dave Butler, sagte gegenüber dem Nachrichtensender Al Jazeera: «Wir behalten uns das Recht auf Selbstverteidigung unserer Streitkräfte sowie der afghanischen Sicherheitskräfte vor. Der beste Weg, das Leiden von Zivilisten zu beenden, ist, die Kämpfe durch eine vereinbarte Reduzierung der Gewalt auf allen Seiten zu beenden.»

Für einige enthüllt der UNO-Bericht nichts Überraschendes. Emran Feroz, ein österreichisch-afghanischer Journalist, schrieb auf Twitter: «In Afghanistan töten Luftangriffe, Drohneneinsätze und brutale Nachtangriffe in diesen Tagen mehr Zivilisten als jede aufständische Gruppe. Für diejenigen, die schon länger auf diesem Feld recherchieren, ist das keine Überraschung.»

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77 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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DerRaucher
25.04.2019 05:03registriert Januar 2016
Überrascht wenig. Die Meinung gegenüber dem Westen dort kommt nicht von ungefähr.
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Mad Heidi
25.04.2019 05:20registriert März 2019
Ich weiss nicht, was ich für eine Meinung zu Afghanistan haben soll. Ich bin gegen jeden Krieg, aber Taliban oder IS darf auch kein Vorschub gewährt werden. Item. Bei diesem Artikel tauchen bei mir doch einige Fragen auf:

- "internationale Streitkräfte" (Lead) sind nicht dasselbe wie "pro government forces" (Afghan National Security Forces: 400'000 pax, NATO: 16'000 pax).

- Wenn 145 von 581 Zivilisten bei Luftangriffen sterben, sind es dann "die meisten"? Nur, wenn man plötzlich grosszügig die Taliban-Opfer ausblendet, weil's grad in den Kram passt.

Mit Zahlen lässt sich leicht lügen ...
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AquaeHelveticae
25.04.2019 06:21registriert September 2018
Eine kleine, aber nicht irrelevante, Ergänzung: Die aktuelle Statistik ist die erste, in welcher die Afghanische Regierung und seine Verbündeten mehr Zivilisten auf dem Gewissen haben als die Terroristen.
Das macht die Sache nicht besser. Beim lesen des Artikels könnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass dies der Standard ist und die Terroristen das kleinere Übel für die Bevölkerung darstellen.
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