Streit um Judenstern: Polen bestellt Israels Botschafter ein
Ein Beitrag der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem zum Thema Judenstern ist in Polen auf heftige Kritik gestossen. Das Aussenministerium in Warschau kündigte die Einbestellung des israelischen Botschafters an. Der in die Irre führende Beitrag sei nicht korrigiert worden, gab Aussenminister Radoslaw Sikorski auf der Plattform X bekannt.
Ich nehme den Entscheid der #Immunitätskommission des Nationalrats zur Kenntnis und danke ihren Mitgliedern für die sorgfältige Prüfung des Sachverhalts. Die Kommission hat meine Äusserung im Kontext einer politischen Debatte auf Social Media beurteilt und ist zum Schluss…
— Simon Michel (@simonmichel) November 24, 2025
Am Sonntag hatte die Gedenkstätte auf X geschrieben: «Polen war das erste Land, in dem Juden gezwungen wurden, ein bestimmtes Abzeichen zu tragen, um sie von der übrigen Bevölkerung zu isolieren.» Dazu postete die Gedenkstätte ein Bild von einem Judenstern sowie den Hinweis, dass am 23. November 1939 ein entsprechender Erlass von Gouverneur Hans Frank ergangen war. Es fehlte die Erläuterung, dass Polen in dieser Zeit von Nazi-Deutschland besetzt war. Ausserdem wurde nicht erwähnt, dass Gouverneur Frank ein Deutscher war, den die Besatzer eingesetzt hatten.
Polens Aussenminister fordert Richtigstellung
Polens Aussenminister Radoslaw Sikorski reagierte prompt. «Bitte präzisieren Sie, dass es sich um das „von Deutschland besetzte“ Polen handelte», forderte er auf X die Gedenkstätte auf. Die ergänzte daraufhin den strittigen Post mit dem Hinweis, aus dem verlinkten Material ergebe sich, dass die Anweisung zum Tragen des Judensterns eine Anordnung der deutschen Behörden gewesen sei.
Der Vorsitzende von Yad Vashem, Dani Dayan, schrieb zudem auf der Plattform: «Yad Vashem präsentiert die historischen Realitäten des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, einschliesslich der Länder, die unter deutscher Besatzung, Kontrolle oder Einfluss standen.» Polen habe tatsächlich unter deutscher Kontrolle gestanden, dies spiegele sich auch in dem Material der Gedenkstätte wider. «Jede andere Interpretation versteht unser Bekenntnis zur Genauigkeit falsch.»
Immer wieder Streitthema
Der deutsche Überfall auf Polen am 1. September 1939 war der Beginn des Zweiten Weltkriegs mit mindestens 55 Millionen Toten – andere Schätzungen kommen sogar auf bis zu 80 Millionen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Polen blieb über mehrere Jahre von den Deutschen besetzt und hatte gemessen an der Gesamtbevölkerung so viele Tote zu beklagen wie kein anderes Land.
Zwischen Polen und Israel ist es schon mehrfach zum Streit darüber gekommen, wie die polnische Rolle während der deutschen Besatzung im Holocaust dargestellt wird. Aus Israel kam immer wieder der Vorwurf, Polen versuche, Kollaboration einiger seiner Bürger mit den Nazis und Verbrechen gegen jüdische Nachbarn zu relativieren. (sda/dpa)
