«Judenstern für 350 Euro» – Versteigerung von NS-Relikten gestoppt
Ein rotgelber Judenstern mit der Aufschrift «Judenstern für Schutzhäftlinge im KL Buchenwald», ein Auszug aus der Lagerordnung des Konzentrationslagers Auschwitz von 1940 oder Postkarten einer jüdischen Familie aus den Jahren 1941 bis 1943.
Insgesamt 623 solcher Dokumente und Erinnerungen aus der NS-Zeit hätten am Montag, dem 17. November, in der deutschen Stadt Neuss versteigert werden sollen.
Das Auktionshaus Felzmann wollte die Dokumente unter den Hammer bringen. Doch die Auktion wurde abgesagt und sämtliche dazugehörigen Daten und Informationen wurden von der Website des Auktionshauses gelöscht. Dies berichtet der Spiegel.
Grund für die Absage der Versteigerung war ein Protest mehrerer Forschungs- und Erinnerungseinrichtungen. Diese hatten sich gegen die Versteigerung der Relikte aus der NS-Zeit ausgesprochen. Mit der Begründung, dass man Dinge aus dieser Zeit nicht kommerziell behandeln oder zu Geld machen soll.
Behörden schalten sich ein
Am Sonntag, dem 16. November, hatten sich die deutschen sowie die polnischen Behörden in die Diskussion eingeschalten.
Der polnische Aussenminister Radosław Sikorski äussert sich dazu, indem er sagt, dass die Erinnerungen an die Opfer des Holocausts keine Ware sei und somit nicht kommerziell vermarktet werden dürfe.
Auch der deutsche Aussenminister Johann Wadephul äusserte sich zu der angekündigten Versteigerung. Er erwarte, dass dieser Vorgang aufgeklärt werde und solche Auktionsgeschäfte in Zukunft in Deutschland nicht mehr stattfinden würden.
Keine seltenen Versteigerungen
Wie Historiker und Auktionator Wilfried Beer gegenüber dem Spiegel sagt, sei es nicht unüblich, dass Briefe von KZ-Häftlingen versteigert werden. Im Rahmen von Briefmarkenversteigerungen würde dies einigermassen regelmässig geschehen, besonders in den USA.
Auch würden sich Münzsammler für sogenanntes Ghettogeld interessieren. Dabei handelt es sich um Münzen, die von der jüdischen Selbstverwaltung in den Ghettos Theresienstadt im heutigen Tschechien und Litzmannstadt im heutigen Polen genutzt wurden.
Beer weist im Interview mit dem Spiegel darauf hin, dass man den Käufern solcher Relikte nicht gleich dunkle Motive unterstellen soll. Auch er selbst habe schon solche Relikte im Auftrag von Museen oder für Ausstellungen erworben.
Vergangene Versteigerungen von Dokumenten von NS-Opfern
Für das Auktionshaus Felzmann ist es nicht die erste Versteigerung von Dokumenten aus Konzentrationslagern und ehemaligen jüdischen Ghettos. Im Jahr 2019 fand eine Versteigerung von über 600 Dokumenten aus der NS-Zeit statt. Darunter Briefmarken, Briefe und Postkarten von NS-Opfern.
Die Staatsanwaltschaft Nordrhein-Westfalen teilte am Sonntag mit, dass die für den 16. November geplante Auktion nicht stattfinden würde. Zuvor hatten sich das Auswärtige Amt und die polnische Botschaft bei ihm bezüglich der geplanten Auktion gemeldet.
Auf Anfrage des Spiegels beantwortete das Auktionshaus keine Fragen. Am Montagnamittag habe Felzmann jedoch eine Stellungnahme versendet. In dieser stehe, dass sich das Auktionshaus bewusst sei, dass sie in der Bewertung der Einlieferungsanfrage eine falsche Entscheidung getroffen hätten.
Zudem bedauere Felzmann, dass sie mit der geplanten Auktion Hinterbliebene und Betroffene der Opfer des NS-Terrors verletzt hätte. Was nun mit den Relikten passiere, ist nicht klar und dazu stehe auch nichts in der Stellungnahme. (nib)
