Eine der Schlüsselfiguren im Skandal um illegale Cum-Ex-Geschäfte wird von der Schweiz an die deutsche Justiz überstellt. Das Bundesamt für Justiz (BJ) habe die Auslieferung von Steuerrechtsanwalt Hanno Berger bewilligt, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen am Dienstag. Gegen den Entscheid gebe es keine Rechtsmittel mehr.
Sowohl die hessische als auch nordrhein-westfälische Justiz hatten die Auslieferung des deutschen Anwalts beantragt. Beiden Begehren sei nun stattgegeben worden, sagte die Sprecherin. Man rechne mit einer schnellen Überstellung des Beschuldigten.
Das BJ äusserte sich zunächst nicht zu dem Fall. Aus Sicherheitsgründen informiere man nie vor dem Vollzug einer Auslieferung, hiess es. Berger war im Kanton Graubünden festgenommen worden und sitzt seit dem vergangenen Sommer in Auslieferungshaft.
Das Bundesgericht trat am 16. Februar auf die Beschwerde Bergers gegen seine Auslieferung nicht ein, weil es sich nicht um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein solcher liegt insbesondere vor, wenn elementare Verfahrensgrundsätze verletzt wurden oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist.
Entgegen der Ansicht Bergers geht das Bundesgericht davon aus, dass die von den Deutschen vorgeworfenen Taten nach einer ersten Prüfung als Betrug eingestuft werden können. Damit handle es sich um ein Delikt, das sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz strafbar sei. Dies ist eine Voraussetzung für eine Auslieferung. Berger argumentierte, dass es sich um ein nicht auslieferungsfähiges Fiskaldelikt handle.
Bei den Cum-Ex-Geschäften liessen sich Banken und Investoren mit Aktienverschiebungen nie gezahlte Milliardenbeträge von deutschen Steuerbehörden erstatten. Berger, ein früherer Finanzbeamter, gilt als einer der Architekten des Modells. Er lebte zuletzt in der Schweiz.
Berger hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Er und sein Anwalt argumentieren unter anderem, dass die ihm vorgeworfenen Delikte in der Schweiz nicht strafbar gewesen wären. Das hatte das Bundesstrafgericht zurückgewiesen. «Es kann offensichtlich nicht richtig sein, dass eine einbehaltene Steuer zweimal ausgezahlt wird», argumentiert das Gericht. Das Vorgehen sei als arglistig zu bezeichnen.
Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Banken und andere Finanzakteure Aktien mit («cum») und ohne («ex») Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag hin und her. Ziel des Verwirrspiels war die Erstattung von Steuern, die nicht bezahlt worden waren. Der deutsche Staat büsste dadurch Schätzungen zufolge einen zweistelligen Milliardenbetrag ein. Die Hochphase von Cum-Ex war zwischen 2006 und 2012. Mehrere Gerichte und Staatsanwaltschaften arbeiten den Skandal seit Jahren auf.
(yam/sda/dpa)