Er ist frei – doch Oscar Pistorius bleibt Gefangener der Angst
Nach knapp elf Jahren wieder in Freiheit: Der frühere südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius ist am Freitag vorzeitig aus der Haft entlassen worden, wie "BBC" berichtet. Der 37-Jährige hatte Ende November mit einem Bewährungsantrag Erfolg und kommt nun aus der Haftanstalt in Atteridgeville, einem Vorort von Pretoria in Südafrika, frei.
Pistorius hatte seine damalige Freundin Reeva Steenkamp mit vier Schüssen durch die Toilettentür seiner Villa getötet. Das Verfahren gegen den ehemaligen, erfolgreichen Para-Sportler zog sich über Jahre und ging durch mehrere Instanzen. Pistorius sagte damals aus, er habe mehrfach gefeuert, weil er hinter der Tür einen Einbrecher befürchtet habe. Doch die Beweislage sprach gegen ihn.
Der heute 37-Jährige hat etwa die Hälfte seiner Haftstrafe von 13 Jahren und fünf Monaten abgesessen. Nach südafrikanischem Gesetz hatte er damit automatisch Anspruch auf eine Bewährungsanhörung.
Zwielichtige Gestalten im Gerichtssaal
Doch wie das britische Revolverblatt «The Sun» wissen will, habe die südafrikanische Polizei den früheren Spitzensportler gewarnt: Pistorius würde für den Rest seines Lebens Ziel für Unterweltfiguren und wütende Freunde von Steenkamps Vater sein.
Schon während des Prozesses im Jahr 2016 tauchten im Gerichtssaal zwielichtige Gestalten auf, so etwa ein selbstproklamierter Auftragsmörder, der angeblich mit der Opferfamilie befreundet war, berichteten damals etliche Medien.
Pistorius soll nun bei seinem Onkel Arnold Unterschlupf finden, der in einem Anwesen in Pretoria haust. Das Haus im noblen Vorort Waterkloof sei von bewaffneten Wachleuten und Hunden gesichert, das Anwesen soll mit elektrischen Zäunen und Stacheldraht umgeben sein.
«Er wird immer über seine Schulter schauen müssen»
Pistorius' ehemaliger Schuldirektor Bill Schroder besuchte ihn mehrmals. Gegenüber der «Sun» sagte er, dass sich Pistorius vor seiner Freiheit fürchtet: «Er fürchtet um seine Sicherheit. Dass er angegriffen wird, wenn er nur zum Einkaufen oder in eine Bar geht.»
Eine Freundin der Steenkamp-Familie meinte gegenüber der Zeitung, Pistorius solle nicht Vergebung erwarten – Reevas Familie habe ihm nie verziehen, dass er den Vorfall als Unfall bezeichnete. Sie meint: «Ich weiss nicht, ob er es verkraften kann, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen und nicht mehr der Superstar zu sein, den jeder um sich haben wollte. Er wird immer über seine Schulter schauen müssen.»
Die südafrikanische NGO Women For Change kritisierte die Freilassung von Pistorius und bezeichnete ihn als Mörder. «Er gehört hinter Gitter, um seine ganze Strafe abzusitzen. Der Gerechtigkeit wurde nie Genüge getan! Er hat nie Rechenschaft abgelegt und die Wahrheit gesagt!», heisst es in einem X-Post. (jaw/sda)