Diese Person habe bereits mit dem Chef der internen Kontrollbehörde der Geheimdienste gesprochen, sagte Anwalt Mark Zaid am Sonntag dem Fernsehsender ABC. Zaid und sein Partner Andrew Bakaj vertreten auch den ersten Whistleblower. Über Twitter erklärte Bakaj, die Kanzlei vertrete nun «mehrere Whistleblower».
Trump reagierte auf Twitter nicht sofort auf die jüngste Entwicklung. Er hatte allerdings am Samstagabend geschrieben, jetzt komme aus der ihm feindlich gesinnten Bürokratie ein weiterer Whistleblower «mit Informationen aus zweiter Hand». Er schrieb: «Sollen sie nur kommen!»
The first so-called second hand information “Whistleblower” got my phone conversation almost completely wrong, so now word is they are going to the bench and another “Whistleblower” is coming in from the Deep State, also with second hand info. Meet with Shifty. Keep them coming!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 6, 2019
Trump hatte wiederholt kritisiert, dass sich der Whistleblower nicht auf Informationen aus erster Hand stütze. Der zweite Informant soll nun direkt mit Trumps Politik gegenüber der Ukraine zu tun gehabt haben - und könnte daher für Trump womöglich noch gefährlicher werden.
Trump wird vorgeworfen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefongespräch Ende Juli zu Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter ermuntert zu haben. Die Demokraten sehen darin Trumps Versuch, die Wahl mit Hilfe einer ausländischen Regierung zu gewinnen. Trump bestreitet die Vorwürfe, die durch eine Beschwerde des ersten Whistleblowers bekannt geworden waren.
Die Demokraten im Repräsentantenhaus haben deswegen Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahrens eingeleitet. Sie stellten dem Weissen Haus am Freitagabend (Ortszeit) ein Ultimatum: Sollte die Regierung nicht bis 18. Oktober die angeforderten Dokumente vorlegen, werde dies als Behinderung der Untersuchung betrachtet und gegen Trump verwendet, warnten die Vorsitzenden der drei ermittelnden Ausschüsse. Sie forderten auch umfassende Dokumente von Vizepräsident Mike Pence an.
Das Weisse Haus sei bisherigen Aufforderungen, freiwillig Dokumente herauszugeben, nicht nachgekommen, hiess es in dem Schreiben der drei Ausschussvorsitzenden an Trumps amtierenden Stabschef Mick Mulvaney. Daher habe man nun zu einer gerichtlich durchsetzbaren Aufforderung, einer sogenannten Subpoena, gegriffen.
Trump machte seiner Wut über das Vorgehen am Samstag erneut auf Twitter Luft. Das ganze Verfahren sei «ein Betrug am amerikanischen Volk», wiederholte er frühere Anschuldigungen.
Den republikanischen Senator Mitt Romney, der sich ihm gegenüber kritisch geäussert hatte, bezeichnete der Präsident als Verlierer und «arroganten Arsch» und forderte dessen Absetzung. Romney hatte Trumps Aufforderung an die Ukraine und an China, die Geschäfte seines politischen Rivalen Joe Biden zu untersuchen, als «falsch und erschreckend» bezeichnet.
Mitt Romney never knew how to win. He is a pompous “ass” who has been fighting me from the beginning, except when he begged me for my endorsement for his Senate run (I gave it to him), and when he begged me to be Secretary of State (I didn’t give it to him). He is so bad for R’s!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 5, 2019
Sollte die Regierung die Herausgabe der Dokumente verweigern, droht vermutlich eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung. Das Weisse Haus hat bisher offen gelassen, ob oder inwieweit es mit den Untersuchungen des Kongresses kooperieren wird. Die Abgeordneten argumentierten in ihrem Schreiben, dass sich die Regierung in dieser Sache der Kontrollfunktion des Parlaments beugen müsse und sich nicht hinter Regierungsgeheimnissen als Ausrede verstecken könne.
Die Whistleblower könnten die Ermittlungen des Parlaments deutlich erleichtern: Solange sie den vorgesehenen Weg über den unabhängigen Generalinspekteur der Geheimdienste einhalten, können sie Interna preisgeben ohne Repressalien fürchten zu müssen.
Aussenminister Mike Pompeo, von dessen Behörde ebenfalls Dokumente angefordert worden waren, sagte am Samstag, das Ministerium habe dem Parlament mit einem »ersten« Schreiben geantwortet. Er machte jedoch keine Angaben zum Inhalt des Briefs. Pompeo versprach, »alles zu tun, was das Gesetz von uns verlangt«, schränkte aber ein, dass es hier um politisch motivierte Ermittlungen gehe.
Trump gibt sich trotz des wachsenden Drucks siegessicher. Die Demokraten könnten das Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus vorantreiben, aber es werde spätestens im mehrheitlichen republikanischen Senat kläglich scheitern, so Trump am Freitag. »Wir werden gewinnen", sagte er. Die Senatoren seien sich auch bewusst, dass er sich in der Partei grösster Beliebtheit erfreue.
Den Demokraten zufolge soll Trump als Druckmittel Hilfsgelder für das ukrainische Militär zurückgehalten haben. Zudem soll er ein Treffen mit Selenskyj im Weissen Haus von der Einleitung von Ermittlungen gegen Biden abhängig gemacht haben. Am Donnerstag hatte Trump auch China zu Ermittlungen gegen die Bidens ermuntert.
Trump beschuldigt Biden, sich als US-Vizepräsident um die Entlassung des ukrainischen Generalstaatsanwalts bemüht zu haben, um seinen Sohn Hunter vor der Justiz zu schützen. Hunter Biden war damals bei einem ukrainischen Gaskonzern beschäftigt. Trump zufolge soll er auch bei Geschäften in China von der Rolle seines Vaters profitiert haben. Belege dafür hat Trump bisher nicht vorgelegt.
Joe Biden, der sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten für die Wahl 2020 bewirbt, weist die Vorwürfe als politisch motiviert zurück.
Am Sonntag legte Trump über Twitter nach und behauptete, Hunter Biden habe in der Ukraine ohne Erfahrung monatlich 100'000 US-Dollar verdient und in China 1,5 Milliarden Dollar eingesackt.
(bal/amü/sda/dpa)