Nach einem Angriff auf eine jüdische Kundgebung mit acht Verletzten im US-Bundesstaat Colorado ermittelt die Bundespolizei FBI wegen Terrorverdacht. Es sei klar, dass es sich bei dem Vorfall am Nachmittag (Ortszeit) in der Fussgängerzone der Stadt Boulder um einen «gezielten Gewaltakt» handele, teilte ein FBI-Vertreter auf einer Pressekonferenz am späten Abend mit.
Zeugen zufolge hat ein männlicher Täter einen behelfsmässigen Flammenwerfer bei dem Angriff benutzt, einen Brandsatz in eine Gruppe von Demonstranten geworfen und während der Attacke «Free Palestine» gerufen. Der Angriff ereignete sich während des jüdischen Feiertags Schawuot, der 50 Tage nach dem Pessachfest begangen wird und als Vorgänger des christlichen Pfingsten gilt.
Der 45 Jahre alte Tatverdächtige wurde später vor Ort festgenommen. Nach Angaben von Vize-Stabschef Stephen Miller hielt er sich ohne gültiges Visum in den USA auf. «Ihm wurde von der Biden-Regierung ein Touristenvisum erteilt, das er dann illegal überzog», schrieb Miller auf X. Zur Nationalität des Tatverdächtigen machte er keine Angaben.
Die Opfer, vier Frauen und vier Männer, sind nach Polizeiangaben zwischen 52 und 88 Jahre alt. Die Polizei hatte zunächst von sechs Opfern gesprochen, die Zahl dann später aber erhöht.
Die US-Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard sprach auf der Plattform X von einem «gezielten Terrorangriff auf ein wöchentliches Treffen von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde». Diese hatten sich demnach versammelt, um auf das Schicksal der israelischen Geiseln aufmerksam zu machen, die nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas aus Israel im Oktober 2023 in den Gazastreifen entführt wurden und dort noch immer festgehalten werden.
Israelische Medien berichteten, Ziel des Angriffs sei ein Solidaritätsmarsch für die 58 Geiseln der islamistischen Hamas im Gazastreifen gewesen. «Wir sind zutiefst erschüttert über den tragischen Angriff in Colorado und sprechen allen Betroffenen unser tiefstes Mitgefühl aus», teilte das israelische Forum der Geiselfamilien mit.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu schrieb bei X:
Der örtliche Polizeichef Steve Redfearn sagte in einer ersten Pressekonferenz zunächst, die Ermittler prüften, ob der Angriff einer friedlich demonstrierenden, proisraelischen Gruppe gegolten habe oder anderen Personen. Es sei noch viel zu früh, um über das Motiv zu spekulieren, sagte er. «Wir sprechen zum jetzigen Zeitpunkt nicht von einem Terrorangriff.»
FBI-Chef Kash Patel sprach zu diesem Zeitpunkt hingegen schon von einem «gezielten Terrorangriff». Auch US-Aussenminister Marco Rubio und Heimatschutzministerin Kristi Noem ordneten den Vorfall auf der Plattform X schnell als Terrorangriff ein. «Terror hat keinen Platz in unserem grossartigen Land», schrieb Rubio. Man bete für die Opfer.
Die örtliche Polizei erhielt Redfearn zufolge in einem ersten Anruf zu dem Vorfall die Information, dass Menschen in Brand gesetzt worden seien. Die Verletzungen der Opfer passten dazu, sagte er – auch wenn die Polizei zu diesem Zeitpunkt noch keine gesicherten Erkenntnisse zum Tathergang hatte.
Redfearn sprach von Verbrennungen und anderen Verletzungen. Den Polizeiangaben zufolge ist mindestens eines der Opfer sehr schwer verletzt und befindet sich womöglich in einem kritischen Zustand. Andere hätten leichtere Verletzungen erlitten. Auch der mutmassliche Täter wurde demnach leicht verletzt ins Spital gebracht.
In der Innenstadt von Boulder sperrte die Polizei nach dem Vorfall zunächst ein grosses Gebiet ab. Geschäfte wurden geschlossen und Anwohner wie Passanten gebeten, die Gegend zu meiden. Da zum Tatzeitpunkt viele Menschen dort unterwegs waren, erhofft sich die Polizei Aufschluss durch Zeugenaussagen.
Erst vor anderthalb Wochen hatte eine tödliche Attacke in der US-Hauptstadt Washington weltweit grosses Entsetzen ausgelöst: Zwei Mitarbeiter der israelischen Botschaft wurden dort vor dem Jüdischen Museum erschossen. Der mutmassliche Schütze begründete die Tat laut einem Dokument der Anklage mit Unterstützung für die Palästinenser während des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen.
Seit dem Überfall der Hamas und anderer islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 hat die Zahl antisemitischer Vorfälle in den USA stark zugenommen.
(sda/dpa/con/rbu)
Sechs Menschen wurden verletzt, die Wunden reichten von leicht bis sehr schwer. Unter den Verletzten ist auch ein Holocaust-Überlebender.
Die Veranstalter waschen die Hände in Unschuld, aber ich frage mich trotzdem, ob nicht besser anders demonstriert worden wäre: mit Fokus auf die leidenden Menschen in Gaza, die unterdrückte Bevölkerung im Westjordanland, aber auch mit Solidarität für die jüdischen Opfer des 7.10. und Forderung der Freilassung der Geiseln; stille Demos statt Hamasparolen