International
USA

Trump entlässt Staatsanwalt, nach dessen Rücktritts-Weigerung

Machtkampf mit Trump: New Yorker Staatsanwalt tritt zurück

Nach einem Machtkampf mit der Regierung von US-Präsident Donald Trump hat der prominente New Yorker Staatsanwalt Geoffrey Berman sein Amt niedergelegt.
21.06.2020, 08:1021.06.2020, 13:34
Mehr «International»

Er werde die Leitung der Staatsanwaltschaft des südlichen Bezirks von New York mit sofortiger Wirkung geschäftsführend an seine Stellvertreterin Audrey Strauss abgeben, teilte Berman am Samstagabend (Ortszeit) mit.

FILE - In this April 23, 2019, file photo, Geoffrey Berman, U.S. Attorney for the Southern District of New York, speaks during a news conference in New York. The Justice Department moved abruptly Frid ...
Geoffrey Berman.Bild: keystone

Es sei ihm «die Ehre seines Lebens» gewesen, in dieser Funktion arbeiten zu dürfen. Berman – der auch gegen Mitarbeiter Trumps ermittelt hatte – hatte sich zunächst geweigert, zurückzutreten. Trump hatte Berman nach Angaben von Justizminister William Barr daraufhin entlassen.

Vorwurf der Behinderung

Die Demokraten im US-Kongress warfen dem Republikaner Trump vor, Ermittlungen gegen den Präsidenten behindern zu wollen. Seit seiner Berufung im Januar 2018 hatte Berman auch verschiedene enge Mitarbeiter Trumps im Visier.

Seine Behörde ging unter anderem gegen Trumps früheren Anwalt Michael Cohen vor. Sie ermittelt auch gegen den Trump-Vertrauten und früheren New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani und hat dessen frühere Mitarbeiter Lev Parnas und Igor Fruman angeklagt.

Berman hatte sich in den vergangenen Monaten zudem mit Ermittlungen im Missbrauchsskandal um den 2019 gestorbenen Geschäftsmann Jeffrey Epstein einen Namen gemacht.

Öffentlicher Konflikt mit Trump

Der Rücktritt des 60-jährigen Juristen ist die Konsequenz eines öffentlichen Konflikts mit der Trump-Regierung, der innerhalb von weniger als 24 Stunden eskalierte. Barr hatte am späten Freitagabend mitgeteilt, dass Berman nach zweieinhalb Jahren zurücktrete.

Attorney General William Barr speaks during a roundtable with President Donald Trump about America's seniors, in the Cabinet Room of the White House, Monday, June 15, 2020, in Washington. (AP Pho ...
Justizminister William Barr.Bild: keystone

Eine Begründung wurde nicht genannt. Der Minister dankte Berman für dessen «ausgezeichnete Arbeit» und kündigte an, Trump wolle Jay Clayton, derzeit Chef der Börsenaufsicht, als neuen Bezirksstaatsanwalt nominieren.

Bis zu einer Bestätigung Claytons durch den Senat solle der Bezirksstaatsanwalt New Jerseys, Craig Carpenito, vom 3. Juli an geschäftsführend das Amt von Berman übernehmen.

Berman widerspricht Barr

Berman widersprach Barr daraufhin. «Ich bin nicht zurückgetreten und ich habe keine Absicht, von meiner Stelle zurückzutreten, für die ich von den Richtern des Bezirksgerichts der Vereinigten Staaten für den Südbezirk von New York berufen wurde», erklärte der Staatsanwalt.

Er habe erst aus Barrs Pressemitteilung von seinem angeblichen Rücktritt erfahren. «Ich werde zurücktreten, wenn ein vom Präsidenten ernannter Kandidat vom Senat bestätigt ist. Bis dahin werden unsere Ermittlungen ohne Aufschub oder Unterbrechung fortgeführt.»

Barr wandte sich am Samstag daraufhin in einem Brief an Berman, dessen Wortlaut der Sender CNN veröffentlichte und aus dem zahlreiche US-Medien übereinstimmend zitierten. In dem Schreiben hiess es demnach: «Da Sie erklärt haben, dass Sie nicht die Absicht haben, zurückzutreten, habe ich den Präsidenten gebeten, Sie mit dem heutigen Tag abzusetzen, und das hat er getan.» Barr fügte hinzu: «Leider haben Sie mit Ihrer Erklärung von gestern Abend das öffentliche Spektakel dem Dienst an der Öffentlichkeit vorgezogen.»

Trump: Das ist Barrs Angelegenheit

Trump bestätigte allerdings zunächst nicht, dass er Berman entlassen habe. Der Präsident sagte vor seiner Abreise zu einer Kundgebung nach Tulsa (Oklahoma) am Samstagnachmittag (Ortszeit), der Konflikt mit Berman sei eine Angelegenheit Barrs. «Das ist seine Abteilung, nicht meine Abteilung», sagte Trump. «Ich bin nicht involviert.»

FILE - In this Friday, Feb. 28, 2020, file photo, President Donald Trump speaks during a campaign rally, in North Charleston, S.C. Trump is looking to reverse a decline in his political fortunes by re ...
Donald Trump weist die Vorwürfe zurück.Bild: keystone

Barr verwies in seinem Brief darauf, dass es dem Präsidenten vorbehalten sei, Bezirksstaatsanwälte zu ersetzen. Er teilte ausserdem mit, dass nicht Carpenito, sondern kraft Gesetzes Bermans Stellvertreterin Audrey Strauss das Amt nun geschäftsführend übernehmen werde, bis ein dauerhafter Nachfolger bestätigt ist. Berman begründete seinen Rückzug daraufhin damit, dass Barr mit der Ernennung seiner Stellvertreterin als geschäftsführende Leiterin der Behörde nun doch den Rechtsweg eingehalten habe.

Heftige Kritik der Demokraten

Scharfe Kritik kam von den Demokraten im US-Kongress. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, warf dem Präsidenten und seinen «Kumpanen» vor, Trumps persönliche und politische Interessen über die der Amerikaner zu stellen, indem sie sich in strafrechtliche Ermittlungen einmischten. Der Minderheitsführer der Demokraten im US-Senat, Chuck Schumer, forderte Clayton dazu auf, seine Nominierung zurückzuziehen.

Der demokratische Senator Bernie Sanders nannte Trump «den korruptesten Präsidenten in unserem Leben». Der Kongress müsse den Vorgang untersuchen. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Jerry Nadler, lud Berman ein, bei einer geplanten Anhörung zu Barr auszusagen. Nadler warf Barr vor, sich im Auftrag Trumps mehrfach in strafrechtliche Ermittlungen eingemischt zu haben.

FILE - In this March 12, 2020, file photo Democratic presidential candidate, Sen. Bernie Sanders, I-Vt., speaks to reporters about coronavirus in Burlington, Vt. (AP Photo/Charles Krupa, File)
Bernie  ...
Bernie Sanders übt Kritik.Bild: AP

Trumps damaliger Justizminister Jeff Sessions – mit dem Trump sich später überwarf – hatte Berman als geschäftsführenden Bezirksstaatsanwalt ernannt. Trump schickte die Nominierung nie zum Senat. Nach 120 Tagen wurde Berman daraufhin von den Richtern des Bezirksgericht formell auf den Posten berufen. Bermans Vorgänger Preet Bharara warf auf Twitter die Frage auf, warum Trump den prominenten Staatsanwalt wenige Monate vor der Wahl im November loswerden wolle. Trump hatte Bharara entlassen, nachdem dieser sich geweigert hatte, zurückzutreten. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
26 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Töfflifahrer
21.06.2020 08:33registriert August 2015
Also ist er nicht zurückgetreten, sondern von der Trump Administration entlassen worden.
1424
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gawayn
21.06.2020 07:01registriert März 2018
Es ist schlicht oberpeinlich, wie dort in aller Öffentlichkeit das Recht mit Füßen getreten wird.

Mit welcher Selbstverständlichkeit laufende Ermittlungen sabottiert, Ermittler behindert oder gefeuert werden.

Das schlucken locker ein DRITTEL der Wähler einfach so weg und jubeln diesem Berufsbetrüger weiterhin zu.

Gibt es einen Trumpel Virus, oder hat man da Drogen ins Grundwaßer geschleust?

Was dort alles geht schlägt jede Bananenrepublik
982
Melden
Zum Kommentar
avatar
EarlofGrey
21.06.2020 05:40registriert Juli 2016
Na mittlerweile ist er ja von selber zurückgetreten, weil Barr zugesagt haben soll, seine Stellvertreterin Audrey Strauss dürfe für ihn übernehmen. Diese wird jetzt die Untersuchungen zu den Verwicklungen von Rudy Giuliani weiterführen. Mal schauen wie lange es dauert bis Strauss angegriffen wird. Was für ein Schmierentheater....
902
Melden
Zum Kommentar
26
Erste deutsche Stadt verbietet E-Trottis
Die deutsche Stadt Gelsenkirchen räumt auf: Schon am kommenden Wochenende verschwinden alle Leih-E-Scooter aus dem Stadtbild. Was bedeutet das für die Nutzerinnen und Nutzer?

Ab dem kommenden Wochenende dürfen in Gelsenkirchen keine Leih-E-Scooter mehr auf Strassen und Gehwegen fahren. Die Stadt verhängte das Verbot nach einem Streit mit den E-Scooter-Anbietern Bolt und Tier. Beide Anbieter klagten gegen das Verbot. Nun hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden: Das Verbot ist rechtens.

Zur Story