Okay, begrabt eure Hoffnungen an irgendeiner Biegung der Limmat, die Schweiz kann das einfach nicht mit dem «Tatort». Was wäre das Ziel? Dass ein internationales Publikum dranbleibt. Dass man nicht schon wieder regelmässig die schlechtesten «Tatort»-Quoten von drei Ländern und 21 Teams einfährt. Wetten, dass dieses Ziel auch mit «Züri brännt» und seinem brandneuen Ermittlerinnenteam Tessa Ott (Carol Schuler) und Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) mühelos unterboten werden wird?
«Züri brännt» beginnt mit einer von Zürichs besten Geschichten der letzten paar Jahrzehnte, mit den Jugendunruhen der 80er-Jahre, zeigt anhand des Chefredaktors einer grossen Zeitung das typische Zürcher Konvertitentum vom Rebellen zum überangepassten Establishment, zeigt eine Band, die heute noch die gleiche Musik macht wie damals und in latenter Peinlichkeit versinkt, zeigt vieles, was dem angejahrten, nostalgischen Zürichmenschen (hey, was waren wir damals wild und so – fuck, wir demonstrierten füdleblutt!) vertraut ist, aber eben nur diesem. Und natürlich zieht ein Verbrechen seine Spur von damals nach heute und eine Frau mit umfassenden Verführerinnenqualitäten, die logischerweise Eva heisst, ist auch dabei.
Ein TV-Publikum aus Berlin, Bielefeld oder Salzburg wird mit all den gar nicht oder schlecht erklärten Marksteinen der Zürcher Lokalgeschichte nichts anfangen können. Beziehungsweise denken: «Ja und? Wir hatten Nazis. Wir haben Reichsbürger. Wir haben Eltern, die ihre Babys im Garten begraben. In echt. Was kümmern uns ein bisschen Jugendkrawalle?» Ein «Tatort» ist nun mal nicht für die Stadt gemacht, in der er spielt, sondern für das gesamte deutschsprachige TV-Publikum. Echt? Ja!!!
Und auch wenn zu Beginn von «Züri brännt» ein Mann erst erschossen und dann verbrannt wurde, wird es dem Publikum jenseits der Grenzen spätestens beim ersten, gewohnt helvetisch-täppisch geäusserten «e Hiirichtig?»/ «eine Hinrichtung?» (es fehlt da ja immer bloss noch ein staunendes «Wükli?») im Switch-Finger zucken.
Ein Anfang, ein wirklich guter, packender Anfang, wäre zum Beispiel nach rund einer Viertelstunde. Da kriegt Kriminalpolizeichef Herzog (Roland Koch) auf einer Feier ein Paket, aus dem ein Totenschädel fällt. Aber wer hält diese Viertelstunde durch?
Aus «Züri brännt» lernen wir mit beeindruckender Effizienz:
Dem neuen Team wird am 18. Oktober der Goodwill für den Anfang und die Neugier auf die Neuen gewiss sein. Dagegen, dass Zürich nach Luzern nicht zur nächsten Desaster-Stadt wird, hilft bloss Beten.
«Züri brännt» gabs jetzt am ZFF zu sehen. Am TV läuft die Folge am So, 18. Oktober zur «Tatort»-Zeit auf SRF 1, ARD und ORF 1.
Respekt für diese plötzlich genderideologiefreie und nüchterne Aussage, Frau Meier. Hätte ich nicht erwartet, jemals sowas aus Ihrer Feder zu lessen.
auf den neuen Zürcher Tatort.