Wir, die Q und der rasende Holländer, sind zurück. Auch wir mussten uns für kurze Zeit dem Portemonnaie widmen und mit Kurzzeit-Jobs die Zeit totschlagen. Doch nachdem wir unser Potenzial beim Dreh des neuen SVP-Films ausgeschöpft und für die Deutsche NPD vier Koryphäen des politischen Auftritts entdeckt haben, sind wir wieder zurück im Studentenleben: Mehr Zeit als Geld.
Jeder, der einmal Student war, weiss: Das Studi-Leben ist nicht immer ein Zucker-Schlecken (badum tsch). Wer mit schmalem Budget einen Abend lang seine Jugend im Nachtleben auskosten will, muss entweder an die längste Trese der Welt in Düsseldorf (da wird man empfangen mit: «Wua, sogar die Studenten haben in der Schweiz Geld»), oder man knüpft sich die lange Nacht der Karaoke-Bars vor, wo man auch ohne Alkohol Spass haben kann. Wir entscheiden uns für Variante zwei.
Zum Start unseres akustischen Trauerspiels wählen wir den absoluten Klassiker, den Göpf Egg des Karaoke-Metiers: Das «Gregys» an der Langstrasse. Die Hütte ist voll, der Pegel noch völler als Rudi und die Bedienung asiatisch – immer. Genau so muss eine Bar mit «leerem Orchester» (ja, das ist die Bedeutung von Karaoke) aussehen.
Wir schreiben uns in der Liste ein und nach gefühlten fünf Bier (oder waren es sechs? Ach, ist ja jetzt egal) sind wir endlich an der Reihe. «Oops! … I Did It Again» und «Nimm si, nimm si wenn si de Eisprung hät» hallt es von uns – auf dem Tisch stehend und ins Mikrofon schreiend – durch die überfüllte Bar. Spätestens beim zweiten Refrain singen alle mit und wir fühlen uns wie die lustigen alten Männer auf der Letzigrund-Bühne beim ACDC-Konzert. Aber der Höhepunkt unseres Rockstar-Lebens soll noch folgen.
Ein kleiner Insider-Tipp am Rande: Nach dem Gang auf die Toilette sollte man nicht die falsche Tür zurück erwischen, ansonsten landet man in einem Freudenhaus/Füdlischuppen/Kontaktbar/Puff/Bordell/Bumskajüte, nenn es wie du willst. Für nur 80 Franken gibt es dort eine private Liveperformance! Das wissen wir natürlich nur, weil wir als investigative Journalisten gründlich recherchiert haben.
Wir werden mit Luftküssen eingedeckt und verlassen auf Händen getragen die Arena (genau so war es). Doch zwei Gehminuten (oder dreizehn Torkelminuten) weiter steht schon das Kinski. Wie die Wiener Staatsoper in der Nacht lächelt es uns hinein. Vorbei an mindestens 300 langhaarigen, männlichen, tätowierten Rockern (oder Spartanern) erreichen wir den Keller, der ebenfalls mit mindestens 300 langhaarigen, männlichen, tätowierten Rockern (oder Spartanern) gefüllt ist. Auf der Bühne steht eine Live-Band. Und ein noch haarigerer, noch männlicherer und total tätowierter Rocker (oder Spartaner) macht die Ansage.
Die Q, alias der wohl grösste Karaoke-Star in der nördlichen Hemisphäre, lässt sich von der Audienz nicht einschüchtern und macht den Anfang: «Hier kommt Alex» von den Toten Hosen. (Aufgepasst: Es kommt der erste Satz, den wir ernst meinen.) Die Meute bebt:
Nach 14 Shots Sambuca getraut sich auch der rasende Holländer auf die Bühne. Nach dem Motivations-Video von Shia LaBeouf stürmt auch der rasende Holländer die Bühne. Es gibt nur ein Problem: Linus kann den Text nicht auswendig, ist leicht Sambuca belastet hat die Kontaktlinsen zu Hause vergessen und sieht nicht bis zur Leinwand, wo der Text steht.
Aber sagten wir ein Problem? Wir meinen natürlich kein Problem. Ein Holländer lässt sich davon nicht abhalten und improvisiert einfach. Und siehe da: Trotz grossen Textunsicherheiten, falscher Sprachwahl und kurzen Ohnmachtserscheinungen kann der findige Nordländer das Kinski zum Kochen bringen:
Wie der Plural in «die lange Nacht der Karaoke Bars» eigentlich schon sagt, ist die Liste der geplanten Bars lang. Die folgenden Karaoke-Bars haben wir uns auch noch vorgenommen:
- Acapulco (knapp vorbei geschrammt)
- Thai 4 You (der Randstein war zu hoch)
- Toro Bar (wir sind hier nicht in Pamplona)
- Lauschuli’s Karaoke Bistro (kennen wir gar nicht)
Erreicht haben wir jedoch nur noch die folgenden Karaoke-Bars:
- Was wotsch eigelti vo mir?
- Wieso lasch mi nöd inne?
- De Türsteher isch eh en Aff!
- Das isch nur für Afänger da drin!
So treffen wir aus uns bis heute unerklärlichen Gründen direkt am Etappenziel ein: Die legendäre Lollipop-Party im Xtra (Reaktion von Hipster-Kollegen: «Altä, du gasch is Xtra?» Reaktion von wahren Freunden: «Altä, voll geil, ich bin au det!»).
Auf der Suche nach 40-jährigen Schlager-Müttern einem letzten Song betreten wir die Bühne und wünschen uns – ist ja klar – den Freiheitssong der SVP. Dabei werden wir Zeuge wie uns das Xtra – unverständlicherweise – einen Strich durch die Rechnung macht. So kommt es, dass wir, während die Sonne am Horizont langsam aufgeht, Donald Trump seine morgendliche Prügel-Aktion lanciert und Shaqiri einen neuen Vertrag abschliesst, uns mit Gölä und all seinen Klassikern befriedigen müssen. Für euch haben wir aber trotzdem noch den Freiheitssong gesungen. Also fast:
Natürlich hat die nächste Anfrage für einen Partei-Song nicht lange auf sich warten lassen. Doch 15 Jahre Planung, gender-gerechte Formulierung und unentgeltliche Arbeit ist nicht unser Stil, tschuldigung liebe SP.