Musig im Pflegidach

Jazz, pünktlich auf den Glockenschlag

Lionel Loueke & Ziv Ravitz @ «Musig im Pflegidach» Muri
bild: marin valentin wolf

Jazz, pünktlich auf den Glockenschlag

Das Konzert im «Musig im Pflegidach» in Muri am Sonntagabend mit Lionel Loueke und Ziv Ravitz entführte das Publikum in einer andere Welt. Israel trifft auf Westafrika, Gitarre auf Schlagzeug. Die beiden talentierten Jazz-Musiker begeisterten mit ihren gelassenen und entspannten Energie und mit ihren Jazzkompositionen.
01.07.2021, 12:29
Jaël Ludl
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Ein lautes, aufregendes Stück ist fertig. Es wird lauthals applaudiert. Jetzt herrscht absolute Stille im Saal. Der Schlagzeuger Ziv Ravitz hat seine Augen geschlossen und schmunzelt zufrieden. Lionel Loueke an der Gitarre spielt die ersten Töne. Das Schlagzeug ist noch immer still. Die beiden schauen sich an und lächeln stolz. Mit seiner sanften Stimme beginnt der Gitarrist zu summen. Diese Komposition heisst «Shadows of the Wall» und wurde vom Schlagzeuger Ravitz komponiert.

Lionel Loueke & Ziv Ravitz – «Shadows On The Wall» @ «Musig im Pflegidach»

Bevor sie zu spielen beginnen, sagt Loueke, es sei eines dieser Lieder, das so schön ist, dass er sich wünschte, er hätte es selber geschrieben. Der Gitarrist ist mit seinem Körper zu seinem Freund Ravitz gerichtet und schaut nicht ins Publikum. Nach dem Stück erklärt er warum. Er sagt, dass die Energie zwischen ihnen das sei, was ihre Musik ausmacht. Wenn er nicht zum Publikum schaue, sondern zu seinem Partner, spüre man diese Energie als Zuschauer am besten.

Die Stadt der Träume

Der in Westafrika geborene Lionel Loueke kennt den Israeli Ziv Ravitz schon lange. Sie haben sich vor vielen Jahren in New York kennengelernt und waren seither immer in Kontakt. Seit ihrer Zeit in der Stadt ihrer Träume war es schon immer ein gemeinsamer Wunsch, zusammen zu spielen und aufzutreten. Dieser ging dank Stephan Diethelm in Erfüllung, als er sie letzten Herbst anfragte, als Duo aufzutreten.

Hinweis
Die Autorin ist Schülerin an der Kanti Wohlen. Im Rahmen ihres Deutschunterrichts verfassen die Schüler auch Konzertberichte, die in die Note einfliessen.

Da die beiden durch Corona nicht so ausgebucht waren wie sonst, sagten sie zu. Bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt im «Musig im Pflegidach» im Herbst 2020 wurden zwei Stücke aufgenommen und veröffentlicht. Durch diese zwei veröffentlichten Stücke wurde ein Plattenlabel auf die beiden aufmerksam und bot dem frisch gegründeten Jazz-Duo an, ein Album mit ihnen aufzunehmen. Sie sagten zu. Im Sommer 2021 wird das Duo ihre erste gemeinsame Platte aufnehmen und im Herbst veröffentlichen.

Loueke sagt, er habe keine Angst, dass ihre Beziehung darunter leiden werde, wenn sie so viel Zeit miteinander verbringen. Obwohl Ravitz wie ein Bruder für ihn sei und Brüder sich oftmals nerven und streiten. Ihre Beziehung ist etwas, das man nicht in Worten beschreiben kann.

Lionel Loueke & Ziv Ravitz – «Tin Min» @ «Musig im Pflegidach»

«Brother from another mother»

Als Ravitz ein Mikrofon in die Hand gedrückt bekommt, beschreibt er seinen Duo-Partner. Gewisse Menschen haben eine spezielle Energie und Ausstrahlung. Wenn ein solcher Mensch in einen Raum komme, fülle sich dieser mit seiner eigenen Energie. Man spüre die Präsenz des Menschen, ohne in davor gesehen zu haben. Solch eine Energie habe Loueke, welchen er als seinen Bruder beschreibt. Er sei sein «Brother from another mother», was heisst, er sei wie ein Bruder einer anderen Mutter.

Während dem Sprechen, sieht man in seinen Augen die Faszination und Liebe, welche er für Loueke empfindet. Eine Zuschauerin sagt, die beiden würden sich zwar wie Brüder lieben, doch auch wie Brüder provozieren. Sie würden sich gegenseitig hochschaukeln und herausfordern, was ihre Musik so speziell mache.

Vielfalt für die Ohren

Pünktlich auf den Glockenschlag des Klosters Muri kommen die beiden Musiker aus dem Backstage-Bereich. Sie bereiten sich vor. Doch plötzlich steht Loueke wieder auf. Er hat seine Kopfhörer vergessen. In totaler Stille wird auf den Gitarristen gewartet. Ravitz unterbricht die Stille, indem er das Publikum begrüsst und zu spielen beginnt. Seine lustige Art bringt das Publikum zum Lachen. Loueke kommt zurück und steigt mit der Gitarre ein.

Die beiden Musiker sind mit ihren ganzen Körpern dabei. Auch als Zuschauer kann man nicht anders, als sich zur Musik zu bewegen. Zu Beginn des Stückes hat Loueke ein Stück Papier zwischen den Saiten seiner Gitarre. Dieses ist da, um den Klang der Töne abzudämpfen, damit es mehr nach einem afrikanischen Instrument, der Kalimba, klingt. In der Mitte des Stückes nimmt er das Papier weg und die Klänge werden klarer.

Bei den Kompositionen von Loueke hört man seinen afrikanischen Hintergrund. Er singt dazu und macht auch andere Klänge mit dem Mund und seiner Zunge, was den Liedern einen ganz speziellen Klang gibt. Dieser afrikanische Klang ist eine der vielen Erinnerungen, die die Zuschauer von diesem Abend mit nach Hause nehmen.

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