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Dyonikal-Sänger Lukas im Inzest-Interview – vom Album über Burnout bis zur Hinterfotzigkeit 

Dyonikal-Sänger Lukas im Inzest-Interview – vom Album über Burnout bis zur Hinterfotzigkeit 

Wenn Lukas Bünger nicht gerade in der IT-Abteilung von watson arbeitet, macht er mit seiner Band Dyonikal Musik. Seine guten Kontakte in die Medienbranche, naja, zu watson halt, nutzte der 31-Jährige, um uns ein inzestuöses Interview unterzujubeln.
07.10.2015, 08:5807.10.2015, 10:24
Philipp Dahm
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Philipp Dahm (watson): Lukas, ich habe gerade einen Kollege von dir – ohne jetzt Sven Rüfs Namen nennen zu wollen – gebeten, dich mit drei Adjektiven zu beschreiben. Das erste ist «rothaarig».
Lukas Bünger (watson): Das stimmt. Zu 75 Prozent. Shit. [Na, das geht ja gut los! Gedanke d. Redaktors]

Lukas Bünger alias «Kollege»
Lukas Bünger alias «Kollege»
bild: watson/phi

Das zweite Adjektiv ist «piratös». Warum?
Wegen meines Holzbeins. [Lukas lacht, ich finde es so komisch wie Chlamydien. Anm. d. Redaktors].

(Ironisch) Was hat es mit dem Holzbein auf sich? Vielleicht weil du so nonkonform bist?
Ich weiss nicht, warum er piratös sagt. Warum sagt er piratös? Weil ich eine Wildsau bin, wahrscheinlich, ja.​

(Uninteressiert) Müssen wir uns jetzt Sorgen machen?
​Nein [Hätten wir auch nicht. Retourkutsche d. Red.]. Aber piratös ... Wir hatten neulich eine Diskussion über Kultursubventionen, vielleicht hat er ja das gemeint.

Schweizer Eigengewächs Dyonikal (von Thomas Jud, Philip Garrod, Lukas Bünger und Jonas Frölicher)
Schweizer Eigengewächs Dyonikal (von Thomas Jud, Philip Garrod, Lukas Bünger und Jonas Frölicher)
bild: mischa scherrer

(Eine Story witternd) Aha!
Aber ich glaub nicht, dass er das gemeint hat. [Warum sagst du es denn, fragt sich d. Redaktor]​

(Beharrend) Wieso? Was ist deine Meinung zu Kultursubventionen?
​(Verunsichert) Ich finde es schwierig. Wir haben darüber geredet, dass er* welche angenommen hat. Ich weiss nicht, ob ich welche bekommen würde, aber ich würde es auch nicht wollen. Ich finde, es ist der falsche Ort für so eine Unterstützung. Es stellt sich dann immer die Frage: Welchen Künstler unterstützt du und welche nicht? Du kannst nicht alle fördern: Spätestens dann beginnt eine Vertretung politischer und ökonomischer Interessen. Das kann es nicht sein!

Dyonikal total künstlerisch wertvoll.
Dyonikal total künstlerisch wertvoll.
bild: mischa scherrer

(Messerscharf) Du hast also Angst, dass du nicht den neuen Willi-Song für die SVP machen kannst, weil du ...
(Erregt) Nicht ich! Ich halte es grundsätzlich für ungesund für die Schweizer Musiklandschaft, dass sie so subventioniert wird. Es wäre besser, Plattformen zu bieten, wo dann ein Wettbewerb stattfinden kann. Aber wenn du Künstler aus der Sparte Populärmusik direkt unterstützt, ist die Gefahr von Vetternwirtschaft gross.

Du willst also im Prinzip sagen, dass unser Kollege* Vetternwirtschaft betreibt und seine Zuschüsse nicht verdient hat?!
(Abwehrend) ​Nein, weil er ja im Prinzip alles selber stemmt, die Kultursubvention nur einen kleinen Teil seines Budgets deckt und er trotzdem seine Musik machen würde – auch wenn er keine Kohle bekäme.

Vetternwirtschaft wäre es aber doch auch, wenn du beispielsweise bei einem Medium arbeiten würdest, dass dann ein Interview mit dir macht!?
​(Überzeugt) Ja, das finde ich auch voll daneben! Ich kenne ausser dem Sven* auch niemanden, der sowas machen würde.

*Aus Respekt vor dem Opfer wollen wir hier Sven Rüf nicht nennen. Sein Name ist der Redaktion jedoch bekannt.

Unser Kollege Baroni!
​(Einsichtig) Vielleicht der!

Das passt ja alles wunderbar zum dritten Adjektiv: «hinterfotzig»! Was an dir ist hinterfotzig?
(Prustend) Nichts! Ich bin durch und durch transparent, immer nett, zuvorkommend und finde Provokationen etwas ganz Schreckliches! (Philosophisch) Auch wenn der Mensch diese herausfordert, was ihn oft überfordert. (Merkt's selbst) Stimmt natürlich nicht, aber hinterfotzig? Es gibt sicher Situationen, in denen ich hinterfotzig bin. Aber mehr so im Privaten, zum Teil.

(Lapidar) Na gut. Eigentlich wollten wir ja über euer erstes Album sprechen. Es heisst «Aglio e olio»**.
(Ergeben) Genau.

** Das Album heisst in Tat und Wahrheit «Göschene Airolo». («Aglio e olio» heisst aber eine EP der Beastie Boys!)

Bild

(Kurz) Wieviele Stücke sind drauf? Zwölf?
(knapp) Ja.

Hast du dich schon lange mit dem Gedanken getragen, ein Album zu machen?
​Die Band, in der ich spiele, gibt es schon seit 13 Jahren, wir haben auch vorher schon Alben gemacht.

(Unvorbereitet), Ach, das war gar nicht das Erste!?
​Nein, aber es ist das erste auf Schwiizerdütsch. 

(Verwirrt) Und was habt ihr davor gemacht?
Auf Englisch.

(Genervt) Ja, ich habe mir schon gedacht, dass ihr nicht Flämisch gesungen habt. Wie viele Alben?
​Eineinhalb. Ein Album und eine EP.

Warum habt ihr vorher Englisch gesungen?
​Meine musikalischen Helden sind alle englischsprachig, das war so eine Annäherung. Aber die Identifizierung meiner Bandkollegen mit den Texten war schwierig. Und ich habe gemerkt: Ich würde nie so denken wie im Englischen, ich bin Schwiizer im Guten wie im Schlechten. Ich bin zurückhaltend ...

(Aufschreiend) Bitte???
Ja, nur nicht bei dir!​ Nein, also nicht so zurückhaltend: Ich wäge ab, ich mag keine Übertreibung oder Schrilles, aber dafür Konsens. Wenn einer sagt: «The roses, the clouds, the sky – das hat mich so berührt,» verstehe ich das nicht. Aber ich verstehe, wenn einer sagt: «Mir gaht's dräckig.»

«En Tote Fisch» ist für Bünger der persönlichste Song.
«En Tote Fisch» ist für Bünger der persönlichste Song.
bild: watson/phi

Okay. Das Album. Zwölf Songs. Welcher ist dir am Wichtigsten?
Es gibt einen, der heisst «En Tote Fisch». Die Musik ist gelungen. Es hat ein Gitarrensolo, das ist immer wichtig. Aber er bedeutet mir viel, weil ich ihn geschrieben habe, als ich nicht schaffen konnte. Ich hatte immer gearbeitet, und wenn du es dann nicht mehr kannst, ist das schwer zu erklären, wenn du keinen Gips hast.

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Es war nicht direkt etwas Körperliches ...
Ich hatte ein Burnout und bin eigentlich gut im Erklären – aber dazu brachte ich keine Silbe heraus. Ich konnte das nicht plausibel darlegen, das geht auch gar nicht. Es hat mich völlig isoliert.

Hast du lange gebraucht, um aus der Erschöpfungsdepression herauszukommen?
Zehn Monate. Ich habe das Lied danach geschrieben, und es ist mir dann textlich gut gelungen. Es gibt viele, die sich hinter Metaphern verstecken, aber wenn du etwas verändern willst, darfst du nicht um den heissen Brei herumreden.

(Nun wieder seicht) Es gibt da noch den Song «Mängmal». Ist er über eine Frau, mit der du wirklich zusammen warst? Er ist ein bisschen universal, denn ich dachte, du schreibst über MEINE Freundin!
​Die Ausgangslage war: Sie ist ein Emo und fühlte sich oft angemacht. Und ich habe es meistens nicht begriffen, was mich dann nachher immer genervt hat. Es funktioniert nicht nur in eine Richtung. Sie nervt, aber manchmal war das umgekehrt genau so.

Jounalism at it's best – eine gute Vorbereitung ist natürlich die erste Chronisten-Pflicht. Hier der Recherche-Zettel zum Interview.
Jounalism at it's best – eine gute Vorbereitung ist natürlich die erste Chronisten-Pflicht. Hier der Recherche-Zettel zum Interview.
bild: watson/phi

(Neugierig) Was hat sie zu dem Lied gesagt?
​Sie war zu Tränen gerührt. Aber als sie ihn das erste Mal gehört hat, hatten wir gerade eine Pause, und sie war bei einem Konzert der Band gekommen, bei dem nur Freunde und Familie eingeladen waren. Alle wussten, dass es um sie geht, da hatte sie sich ein bisschen erschrocken. Aber heute sie liebt es.

(Auf die Uhr schauend) So, ich muss das alles noch tippen und habe morgen Frühdienst. Was muss ich noch schreiben?
Plattentaufe, am Mittwoch. 19 Uhr​. [Am 7. Oktober.] Im Mascotte in Zürich. Wird eine grosse Sause. Man kann auch früh gehen, wenn man will.

(Abschliessend) Gut, zum Schluss beschreibe Sven Rüf* in drei Adjektiven!
(Wie aus der Pistole geschossen) Hinterfotzig .... (überlegt)​ pragmatisch ... visionslos ... Bitch kannst du noch schreiben. [Visionslos wurde dann noch gestrichen und durch sportlich ersetzt, Schlusswort d. Redaktors]

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