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Gewerkschaft schlägt Alarm: Das Personal in den Pflege- und Altersheimen ist am Anschlag

Gewerkschaft schlägt Alarm: Das Personal in den Pflege- und Altersheimen ist am Anschlag

15.02.2019, 09:59
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Jede zweite Pflegeperson in der Langzeitpflege kann sich laut einer Umfrage nicht vorstellen, bis zur Pensionierung im Beruf zu bleiben. Als Ursache ortet die Unia die Ökonomisierung der Pflege und fordert die Abschaffung der Jahresarbeitszeit.

Branchenvertreter der Gewerkschaft Unia sprachen am Freitag vor den Medien vor «alarmierenden Ergebnissen», welche die neuste Pflegeumfrage ergeben hat. Ausgewertet wurden insbesondere die Angaben von 1194 Personen, die in der Langzeitpflege arbeiten.

Grosser Personalmangel

Demnach gaben 47 Prozent der Befragten an, dass sie nicht bis zur Pensionierung in der Pflege arbeiten wollen. Bei den Fachangestellten Gesundheit (FaGe) lag der entsprechende Anteil sogar bei 52 Prozent. Auch beim diplomierten Pflegefachpersonal ist der Ausstiegswunsch mit 45 Prozent augenfällig.

Nur jede und jeder Fünfte denkt, dass dies sein Job ist bis zur Rente. Das sind schlechte Aussichten für eine Branche, in welcher ohnehin grosser Personalmangel herrscht, wie die Unia in ihrer Mitteilung zur Umfrage schreibt.

Gesundheitlich angeschlagen und gestresst

Hauptgrund für den Ausstiegswunsch sind gesundheitliche Probleme. Jede Zweite (49 Prozent) will aufhören, weil der Pflegeberuf ihre Gesundheit schädigt oder ruiniert. Zum einen sind Pflegeberufe per se körperlich und psychisch belastend. Mit der Subjektfinanzierung sei die Pflege zudem ökonomisiert worden.

Die Zerstückelung der einzelnen Leistungen habe die Arbeit intensiviert und stressanfälliger gemacht, erklärten die Unia-Vertreter. 86 Prozent der Befragten fühlen sich laut Umfrage oft müde und ausgebrannt. 72 Prozent gaben an, regelmässig unter körperlichen Beschwerden zu leiden. 70 Prozent erklärten über alle Berufsgruppen hinweg, sie fühlten sich während der Arbeit ständig gestresst.

Unterbezahlt

Zu den gesundheitlichen Risiken kommt hinzu, dass sich die Pflegenden unterbezahlt fühlen. 79 Prozent erachten ihren Lohn als den Anforderungen nicht angemessen, diese Klage kommt insbesondere von Assistenzpersonal.

Eine Pflegehelferin mit einem Pensum von 72 Prozent verdient gemäss den Unterlagen knapp 2900 Franken brutto. Der durchschnittliche Beschäftigungsgrad in der stationären Langzeitpflege in der Schweiz liegt bei 72 Prozent. Viele Pflegende arbeiten angesichts der schwierigen Arbeitsbedingungen Teilzeit. Fast 90 Prozent der Angestellten in der Langzeitpflege sind Frauen.

Flexibilität zu Lasten der Freizeit

Zwei von drei Befragten fanden zudem, die Dienstplanung sei zu wenig fair und ausgewogen. Schwankungen bei der Arbeitszeit hätten wegen der vielerorts üblichen Jahresarbeitszeit in den vergangenen Jahren massiv zugenommen und stellten die Pflegenden vor massive Probleme, sagte Samuel Burri, Branchenverantwortlicher Pflege, gemäss Redetext. Unter der eingeforderten Flexibilität leide dann die Freizeit und das Familienleben der Pflegenden.

87 Prozent waren der Meinung, dass zu wenig Personal angestellt sei. Der gleiche Prozentsatz gab an, nicht genügend Zeit für Bewohner und Patientinnen zu haben. Das Resultat der Überlastung sei eine mangelhafte Qualität der Pflege (92 Prozent).

Angesichts der prekären Befunde der Umfrage verlangt die Unia die Abschaffung der Jahresarbeitszeit und dadurch faire Dienstpläne und Schichtsysteme; weiter brauche es eine faire Finanzierung der Pflege mit fairen Löhnen, die auch bei Teilzeitpensen zum Leben reichten; über höhere Stellenschlüssel müsse zudem das Personal aufgestockt werden.

Kritik an Arbeitgebern und Verbänden

Arbeitgeber und deren Verbände Curaviva und Senesuisse seien sich der kritischen Arbeitsbedingungen und Probleme der Pflegenden zu wenig bewusst, erklärte Burri. Sie negierten die Probleme und zeigten nur mangelhaftes Interesse an einem sozialpartnerschaftlichen Dialog.

Es brauche künftig einen Dialog auf Augenhöhe und einen runden Tisch zwischen Arbeitgebern, Branchenverbänden und Gewerkschaften. Nur ein regelmässiger Austausch und vereinte Kräfte könnten die Probleme der Branche lösen und die Finanzierung auf politischer Ebene verbessern.

Die Pflege-Umfrage wurde vom 15. Oktober 2018 bis 31. Januar 2019 zum grossen Teil online durchgeführt. 2935 Personen haben teilgenommen, 2885 Beobachtungen konnten ausgewertet werden. Die Hauptbefunde stammten von 1194 Angestellten in Alters- und Pflegeheimen. 93 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen, 7 Prozent Männer. (whr/sda)

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9 Kommentare
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Unfriedlicher_Tibeter
15.02.2019 10:31registriert September 2017
Es gibt Dinge, die gehören einfach nicht privatisiert. Damit meine ich Krankenhäuser, Feuerwehren, öffentliche Bildungsstätten, Altenpflege, Wasserversorgung, Gefängnisse etc.

Selten hat der vorherrschende neoliberale Geist zu einer Verbesserung der genannten Instituationen geführt, eher zu einer Verschlechterung. Ich kann ganz gut nachvollziehen warum niemand die eignene physische und psychische Gesundheit nicht für den Profit einiger Geier verschenken will. Gerade wenn man aus sozialen Gründen in den Pflegeberuf eingestiegen ist, wird man dank der Diktatur der Uhr krank.
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dorfne
15.02.2019 10:37registriert Februar 2017
Wo fallen die Kosten der Pflegeheime an, wenn das Personal schlecht bezahlt und überlastet ist? Ein Pflegeplatz kostet um die 6-7000 Fr. pro Monat und Person. Für Leute wohlgemerkt die sehr wenig bis keine Behandlungspflege brauchen. Der Arzt kommt auf Stippvisite, wenn überhaupt. Dann kommt ein Heer von Freiwilligen und Zivildienstleistenden hinzu. Die sind bienenfleissig in den Gängen und Zimmern unterwegs, mit und bei den Bewohnern, während das Fachpersonal hinter Glas sitzt und sich mit unsinniger Bürokratie herumschlägt. Ich hätte wirklich gern mal eine Kostenanalyse.
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