«Im Kühlschrank krabbeln Kakerlaken herum» – mit diesem Titel macht «20 Minuten» auf die Asylunterkunft für ausreisepflichtige Personen in Oftringen aufmerksam. Ein Iraner, der seit acht Monaten im Haus lebt, hat sich mit Bildern und Videos an das Onlineportal gewendet. Auf den Bildern sind eine schmutzige Toilette, eine komplett verkalkte Dusche sowie eine verrostete Herdplatte zu erkennen.
In den Zimmern reihen sich Kajütenbetten aneinander, für etwas Privatsphäre haben die Männer Bettlaken aufgehängt. Auch die Heizung funktioniere nicht, er schlafe deshalb oft mit zwei Decken und einer Jacke, erzählt der Bewohner gegenüber «20 Minuten». «Wir sind doch in der Schweiz und nicht in Asien», so der Iraner.
Der Kanton wehrt sich gegen die Vorwürfe – besonders gegen den, dass die Heizung nicht funktionieren würde. «Wir garantieren in allen Unterkünften gut beheizte Räumlichkeiten», sagt Stephan Müller, Leiter der Sektion Betreuung Asyl des Kantons, gegenüber «20 Minuten». Es sei dem Kanton aber bewusst, dass die Liegenschaft etwas älter sei – eine Renovation sei noch für dieses Jahr geplant. Die ausreisepflichtigen Asylbewerber würden aber nicht wie Menschen zweiten Grades behandelt. Man sei bestrebt, eine menschenwürdige Unterkunft bereitzustellen.
Anders sieht das Lelia Hunziker, Geschäftsleiterin von Integration Aargau: «Es scheint, der Kanton Aargau will zur Abschreckung miserable Unterkünfte mit möglichst tiefen Standards bieten.
Wenn dem so ist, ist das zynisch und eines Kantons in einem reichen Land unwürdig.» Es würden Unterkünfte für Menschen geboten. «Auch Ausreisepflichtige sind Menschen», so Hunziker. «Für mich und hoffentlich auch für die Verantwortlichen.»
Die Unterkünfte müssten menschenwürdig und sicher sein sowie keine Gefahr für die psychische oder physische Gesundheit der Bewohner darstellen, so Hunziker. Auch Privatsphäre sowie individuelle Lebensgewohnheiten sollen in den Unterkünften in bescheidenem Mass Platz finden. «Unterkünfte wie die in Oftringen stellen aus meiner Sicht ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Bewohnerinnen und Bewohner dar», sagt sie. «Das darf nicht sein.»
Sie fordere deshalb klare Standards, welche überprüft werden können. Gäbe es klare Konzepte zur Unterbringung von Asylsuchenden, könnte auch eine Qualitätssicherung stattfinden. «Auch die Gemeinden sind in der Pflicht. Sie sollten, auch wenn sie nicht dafür zuständig sind, wissen, wie Menschen in ihrer Gemeinde leben», findet Hunziker.
«Man muss das Ganze im Verhältnis betrachten», meint hingegen Martina Bircher, SVP-Grossrätin aus der Nachbargemeinde Aarburg. «Dort leben ja Menschen, die einen negativen Bescheid erhalten haben und ausreisepflichtig sind. Sie dürften eigentlich gar nicht mehr in der Schweiz sein», so Bircher. «Wenn sie sich so an den Zuständen stören, könnten sie sich auch an das Gesetz halten und die Schweiz verlassen», findet sie.
Bircher zieht einen Vergleich mit Asylunterkünften in ihrer Heimatgemeinde Aarburg, wo Personen untergebracht sind, die noch auf einen Entscheid warten. «Das sind Welten», sagt sie zu den Unterschieden.
Sie nehme an, dass der Kanton für ausreisepflichtige Asylbewerber absichtlich nicht «topmoderne» Unterkünfte bereitstellt, damit sie das Land schneller verlassen. «Diese Strategie kann ich unterstützen», sagt die Grossrätin.
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Aargauer Asylunterkunft wegen schlechter Zustände in den Medien erscheint. watson veröffentlichte bereits 2016 einen Bericht über eine Unterkunft in Holderbank. Auf den Bildern waren damals sanitäre Räume mit Algen und Schimmel an den Wänden zu sehen. Nur einige Monate später war die Unterkunft renoviert. (aargauerzeitung.ch)