Nach wie vor hüllen sich die Ermittler zum Vierfachmord Rupperswil in Schweigen, wie sie auf die Spur des Täters gekommen sind. Bei der Medienkonferenz führte Kripo-Chef Markus Gisin aus, dass bei den Ermittlungen auch auf das Know-how von Experten aus verschiedensten Bereichen zurückgegriffen wurde – also auch auf einen oder mehrere Fallanalysten, auch Profiler genannt.
Doch wie gehen diese bei ihrer Arbeit vor? Axel Petermann (63), Deutschlands bekanntester Profiler, hat dazu im «Talk Täglich» von Tele Züri Auskunft gegeben.
Petermann hat in seiner Polizeikarriere über 1000 Mordfälle bearbeitet und bringt somit eine grosse Erfahrung als Kriminalist mit. In drei Büchern erzählt er von aussergewöhnlichen Fällen und legt dar, wie er als Profiler arbeitet.
Dass der Vierfachmord von Rupperswil aussergewöhnlich ist, stellt auch Petermann fest: «Ich selbst habe so etwas noch nie bearbeitet.»
Wobei er damit nicht nur die Tötungen, sondern auch das geplante Vorgehen des geständigen Täters Thomas N. meint.
«Ein Täter hat Bedürfnisse – oder anders gesagt – er hat ein Motiv, das er beim Verbrechen umzusetzen versucht», führt Petermann zu Moderator Hugo Bigi aus.
Ein Profiler versuche eine Tat zu rekonstruieren. Dafür schaut er sich die Spuren an, die der Täter zurückliess.
Wie hat der Täter die Opfer verletzt und getötet? Was hat er mit ihnen nach dem Tod gemacht? Welche Tatwaffe hat er verwendet? Hat er sie mitgenommen oder war es eine Waffe der Gelegenheit?
Die Antworten liefern beispielsweise Hinweise darauf, wie geplant oder situativ ein Verbrechen ist. «Ich suche nach den Entscheidungen des Täters am Tatort», sagt Petermann.
«In gewisser Weise versuche ich, mich in die Rolle des Täters zu versetzen», erzählt der mittlerweile pensionierte Profiler, der aber nach wie vor, etwa im Auftrag von Angehörigen, kriminalistisch tätig ist.
«Manchmal bin ich am Tatort viele, viele Stunden und frage mich: Was ist hier geschehen?» Er rekonstruiere die Tat, um etwas über das Motiv des Täters und über seine Persönlichkeit sagen zu können.
Ein Profiler geht damit anders vor als ein Mordermittler. Dieser arbeite «sofort auf der Spur», so Petermann.
«Er fährt sofort zum Tatort und versucht herauszufinden, wer das Opfer ist und versucht, in seinem Umfeld den Täter zu finden.»
Ein Mordermittler versuche, aufgrund der Spuren wie Fingerabdrücke oder Blut am Tatort, den Täter zu finden oder prüfe Hinweise aus der Bevölkerung. Er versuche schliesslich, eine Indizienkette zu bilden.
Der Täter war ja ein «unscheinbarer Typ aus der Nachbarschaft», sagte Hugo Bigi – und fragte Petermann, ob er sich so etwas als Fallanalytiker erklären könne?
«Zunächst denken wir immer, dass ein Verbrechen ganz weit weg geschieht, dass es immer Fremde betrifft. Letztendlich müssen wir uns sagen, dass Verbrechen um uns herum geschehen. Auch an einem ruhigen Ort.»
Denn Täter seien manchmal – und wie in diesem Fall auch – unauffällig. Er wisse nicht viel über den Täter von Rupperswil. Aber er könne sich schon vorstellen, dass er schon sehr früh seine Phantasien hatte.
Damit spielte er wohl auf sexuelle und sadistische Motive an, dass der Täter sich am jüngsten Opfer, dem 13-jährigen Sohn, sexuell befriedigte und dass er den Opfern die Kehle durchschnitt. Es sei «bestimmt nicht eine Tat, die aus dem Nichts erwachsen ist. Die Phantasien gibt es schon längere Zeit bei ihm. Und er weiss um seine Phantasien, um seine Neigung.» Deswegen habe er auch nicht auffallen wollen. (pz)