Schweiz
Aargau

Deutschlands bekanntester Profiler zum Täter von Rupperswil: «Die Phantasien gibt es schon längere Zeit bei ihm»

Deutschlands bekanntester Profiler zum Täter von Rupperswil: «Die Phantasien gibt es schon längere Zeit bei ihm»

Im Fall Rupperswil haben auch Fallanalytiker, sogenannte Profiler, die Ermittlungsarbeit unterstützt. Wie arbeiten diese Spezialisten? Axel Petermann, einer der bekanntesten aus Deutschland, gibt Auskunft.
02.06.2016, 11:4202.06.2016, 12:01
Mehr «Schweiz»

«Täter sind häufig unauffällig»

In der Sendung «TalkTäglich» auf Tele Züri erläutert der deutsche Profiler Axel Petermann seine Einschätzungen zum Fall Rupperswil. Schau dir die wichtigsten Momente aus der Sendung im Zusammenschnitt oben oder die ganze Sendung am Schluss des Artikels an. Video: © Tele Züri

Nach wie vor hüllen sich die Ermittler zum Vierfachmord Rupperswil in Schweigen, wie sie auf die Spur des Täters gekommen sind. Bei der Medienkonferenz führte Kripo-Chef Markus Gisin aus, dass bei den Ermittlungen auch auf das Know-how von Experten aus verschiedensten Bereichen zurückgegriffen wurde – also auch auf einen oder mehrere Fallanalysten, auch Profiler genannt. 

Doch wie gehen diese bei ihrer Arbeit vor? Axel Petermann (63), Deutschlands bekanntester Profiler, hat dazu im «Talk Täglich» von Tele Züri Auskunft gegeben.

Petermann hat in seiner Polizeikarriere über 1000 Mordfälle bearbeitet und bringt somit eine grosse Erfahrung als Kriminalist mit. In drei Büchern erzählt er von aussergewöhnlichen Fällen und legt dar, wie er als Profiler arbeitet.

Dass der Vierfachmord von Rupperswil aussergewöhnlich ist, stellt auch Petermann fest: «Ich selbst habe so etwas noch nie bearbeitet.»

Wobei er damit nicht nur die Tötungen, sondern auch das geplante Vorgehen des geständigen Täters Thomas N. meint. 

«Indem er den jüngeren Sohn bedrohte, zwang er Frau Schauer, den älteren Sohn und dessen Freundin zu fesseln und zu knebeln»

Markus Gisin, Chef der Kriminalpolizei Aargau, schildert an der Medienkonferenz am 13. Mai 2016, wie der Täter im Vierfachmord von Rupperswil vorgegangen ist. Video: © Tele M1

«Ein Täter hat Bedürfnisse – oder anders gesagt – er hat ein Motiv, das er beim Verbrechen umzusetzen versucht», führt Petermann zu Moderator Hugo Bigi aus.

Ein Profiler versuche eine Tat zu rekonstruieren. Dafür schaut er sich die Spuren an, die der Täter zurückliess.

Wie hat der Täter die Opfer verletzt und getötet? Was hat er mit ihnen nach dem Tod gemacht? Welche Tatwaffe hat er verwendet? Hat er sie mitgenommen oder war es eine Waffe der Gelegenheit?

Die Antworten liefern beispielsweise Hinweise darauf, wie geplant oder situativ ein Verbrechen ist. «Ich suche nach den Entscheidungen des Täters am Tatort», sagt Petermann. 

«In gewisser Weise versuche ich, mich in die Rolle des Täters zu versetzen», erzählt der mittlerweile pensionierte Profiler, der aber nach wie vor, etwa im Auftrag von Angehörigen, kriminalistisch tätig ist. 

«Manchmal bin ich am Tatort viele, viele Stunden und frage mich: Was ist hier geschehen?» Er rekonstruiere die Tat, um etwas über das Motiv des Täters und über seine Persönlichkeit sagen zu können.

Anders als Mordermittler

Ein Profiler geht damit anders vor als ein Mordermittler. Dieser arbeite «sofort auf der Spur», so Petermann.

«Er fährt sofort zum Tatort und versucht herauszufinden, wer das Opfer ist und versucht, in seinem Umfeld den Täter zu finden.»

Ein Mordermittler versuche, aufgrund der Spuren wie Fingerabdrücke oder Blut am Tatort, den Täter zu finden oder prüfe Hinweise aus der Bevölkerung. Er versuche schliesslich, eine Indizienkette zu bilden. 

Der Täter war ja ein «unscheinbarer Typ aus der Nachbarschaft», sagte Hugo Bigi – und fragte Petermann, ob er sich so etwas als Fallanalytiker erklären könne?

«Zunächst denken wir immer, dass ein Verbrechen ganz weit weg geschieht, dass es immer Fremde betrifft. Letztendlich müssen wir uns sagen, dass Verbrechen um uns herum geschehen. Auch an einem ruhigen Ort.»

Sexuelle und sadistische Motive

Denn Täter seien manchmal – und wie in diesem Fall auch – unauffällig. Er wisse nicht viel über den Täter von Rupperswil. Aber er könne sich schon vorstellen, dass er schon sehr früh seine Phantasien hatte.

Jetzt auf

Damit spielte er wohl auf sexuelle und sadistische Motive an, dass der Täter sich am jüngsten Opfer, dem 13-jährigen Sohn, sexuell befriedigte und dass er den Opfern die Kehle durchschnitt. Es sei «bestimmt nicht eine Tat, die aus dem Nichts erwachsen ist. Die Phantasien gibt es schon längere Zeit bei ihm. Und er weiss um seine Phantasien, um seine Neigung.» Deswegen habe er auch nicht auffallen wollen. (pz) 

Profiler Axel Petermann: «Rupperswil ist eine sehr ungewöhnliche Tat»

Sehen Sie die Sendung «TalkTäglich» vom 31. Mai 2016 in voller Länge. Video: © TeleZüri
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
sambeat
02.06.2016 12:55registriert März 2014
Ich finds gut, hüllen sich die Ermittler in Schweigen.
00
Melden
Zum Kommentar
8
Seit mehr als einem Jahr steht in Meilen dieser Veloturm – doch (fast) niemand nutzt ihn
Seit April 2023 können Velofahrende in Meilen ihre Fahrräder in einem futuristischen Metallturm sicher und wetterfest abstellen. Doch das Angebot wird kaum genutzt, und das Design erhitzt die Gemüter.

Mit einer Höhe von neun Metern ist der Veloturm am Bahnhof Meilen unübersehbar. Seit April 2023 bietet die Konstruktion Platz für 20 Fahrräder. Das Konzept: Die Fahrräder werden vertikal gestapelt und brauchen so weniger Platz als herkömmliche Abstellplätze.

Zur Story