Die Jungen Grünen sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb wollen sie die Schweiz mit der Umweltverantwortungsinitiative zu maximaler Nachhaltigkeit verpflichten. Sie fordern «einen grundlegenden Wandel der Wirtschaft und der Gesellschaft». Spätestens zehn Jahre nach einer Annahme darf die Umweltbelastung pro Kopf «die planetaren Grenzen» demnach nicht mehr überschreiten.
So steht es im Text der Initiative, über die wir am 9. Februar abstimmen. Und die laut den am Mittwoch veröffentlichten letzten Umfragen auf eine krachende Niederlage zusteuert. Die Jungpartei der Grünen kann nur die eigene Basis und jene der SP vom Anliegen überzeugen. Jene der Grünliberalen ist gespalten, die Bürgerlichen sind klar im Nein.
Dabei gab es in der ersten SRG-Umfrage im Dezember eine gewisse Sympathie für die Umweltverantwortungsinitiative. Auch in der aktuellen Ausgabe finden 60 Prozent der Befragten gemäss dem Institut GFS Bern, dass es einen schonenderen Umgang mit den natürlichen Ressourcen braucht. Dennoch geht einer Mehrheit die Vorlage zu weit.
Nicht alles läuft schief in der Schweiz. So ist der Energieverbrauch seit Jahren rückläufig, trotz eines gleichzeitig starken Bevölkerungswachstums. Der ökologische Fussabdruck pro Kopf aber ist nach wie vor viel zu gross. «Mehr als zwei Erden wären erforderlich, wenn alle wie die Schweizer Bevölkerung leben würden», hält das Bundesamt für Statistik fest.
Die Zukunftsängste der Jungen Grünen sind somit begründet. Und eigentlich ist hinlänglich bekannt, dass allein durch die Schäden als Folge des Klimawandels enorme Kosten auf die Schweiz zukommen werden. Doch bei der Umweltverantwortungsinitiative fürchten viele die Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohlstand, nicht ganz ohne Grund.
Für die geforderte Umsetzung innerhalb von zehn Jahren ist der Begriff «sportlich» eine eklatante Untertreibung. Es wäre ein Kraftakt, der Wirtschaft und Gesellschaft auf den Kopf stellen würde. Es ist bezeichnend, dass sich selbst die Initianten im Argumentarium auf ihrer Website bei dieser Frage um eine klare Antwort herumdrücken.
Und der dafür notwendige Lebensstil ist nicht jedermanns (oder jederfraus) Sache. Der Empa-Ingenieur Harald Desing, der dem wissenschaftlichen Beirat der Initiative angehört, schilderte ihn gegenüber der Schweiz-Ausgabe der «Zeit»: Zweieinhalb Kilo neue Kleider und ein paar Schuhe pro Jahr, dazu eine überwiegend vegane Ernährung.
Milchprodukte wären eine Delikatesse, Fleisch ein seltener Luxus: «Einmal im Jahr ein Sonntagsbraten, das geht sich aus», findet Desing. Die Mobilität basiert weitgehend auf Muskelkraft. Zug, Bus, Auto und Motorrad sind auf 8500 Kilometer pro Person und Jahr beschränkt. Geflogen wird nicht mehr, solange es keine klimaneutralen Antriebe gibt.
Harald Desing sieht dies nicht als Verlust, sondern als Gewinn. Er gibt aber zu, «dass all das heute illusorisch klingt». Man kann es auch umdrehen. Der von ihm propagierte Lebensstil erinnert an längst vergangene Zeiten, in denen der Horizont der meisten Menschen während ihres ganzen Lebens kaum weiter reichte als bis zur nächsten grösseren Siedlung.
Seither hat die Menschheit eine gewaltige Entwicklung hingelegt. Und die Bereitschaft zum Verzicht ist minim. Das zeigt sich am Erfolg der chinesischen Onlineshops wie Temu und Aliexpress auch in der Schweiz. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat letztes Jahr laut einer Comparis-Umfrage dort eingekauft. Der Hauptgrund sind die tiefen Preise.
Frauen kaufen die Billigstware häufiger als Männer, obwohl sie als ökologisch bewusster gelten und auch der Umweltverantwortungsinitiative in den Umfragen stärker zustimmen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei einer Flugticketabgabe. Gemäss einer Umfrage der «NZZ am Sonntag» von 2022 ist die Skepsis bei keiner Altersgruppe so gross wie bei den Jüngeren.
Die Jungen Grünen politisieren an ihrer eigenen Generation vorbei. Ähnliche Befunde gibt es bei den Klimaklebern. Bei den meisten Jungen überwiegt der Wunsch, den gleichen Lebensstil zu haben wie ihre Eltern und Grosseltern. Die Folgen werden verdrängt. Kein Wunder, will der ökologisch sensibilisierte Nachwuchs mit dem Kopf durch die Wand.
Ähnliches lässt sich über eine Vorlage behaupten, die ein ähnliches Ziel verfolgt: die Erbschaftssteuerinitiative der Juso. Sie wird auch «Initiative für eine Zukunft» genannt und fordert eine Besteuerung von 50 Prozent auf Nachlässe und Schenkungen von mehr als 50 Millionen Franken. Mit den Einnahmen soll eine «soziale Klimapolitik» finanziert werden.
Sie sorgte im letzten Jahr für Aufruhr, als der ehemalige Thurgauer SVP-Nationalrat und Eisenbahnunternehmer Peter Spuhler mit dem Wegzug aus der Schweiz drohte, falls die Initiative angenommen werden sollte. Sein Vermögen stecke grösstenteils in seiner Firma Stadler Rail, weshalb die geforderte Steuer für seine Nachkommen unbezahlbar sei.
Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann enervierte sich daraufhin auf X über «steuerkriminelle Familienclans, wie der von Spuhler», wofür sie sich später entschuldigte. Ihr Statement aber verrät einiges über das Denken von jungen Linken. In ihren Augen bunkern Superreiche ihr Vermögen ähnlich wie Dagobert Duck in einem Geldspeicher. Man muss es dort nur holen.
Die Realität sieht in den meisten Fällen aus wie bei Peter Spuhler. Andere Milliardäre warnten ebenfalls, sie müssten die Schweiz verlassen. Der Bundesrat lehnt deshalb die Erbschaftssteuerinitiative ab, und auch in der Bevölkerung hat sie einen schweren Stand. In einer repräsentativen watson-Umfrage waren 73 Prozent sicher oder eher dagegen.
Das Parlament dürfte mit ihr kurzen Prozess machen. Die zuständige Wirtschaftskommission empfahl sie letzte Woche zur Ablehnung und lehnte alle Anträge für einen Gegenvorschlag ab. Wenn National- und Ständerat vorwärtsmachen, könnte im November die Abstimmung stattfinden, in der die Juso eine ähnliche Abfuhr erleiden dürften wie die Jungen Grünen in zehn Tagen.
Die Tabula rasa der Kommission zeigt, wie kontraproduktiv solche «utopischen» Initiativen sein können. Denn selbst Ökonomen halten eine moderate Erbschaftssteuer im Grundsatz für sinnvoll. Bei einem klaren Nein dürfte das Thema für längere Zeit vom Tisch sein. Ähnliches ist zu befürchten beim absehbaren Scheitern der Umweltverantwortungsinitiative.
Man merke, Populisten bringen eine Gesellschaft NIE weiter, es ist dabei egal, ob sie rechts, links oder grün sind!