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Bundesrat warnt vor Folgen der Juso-Erbschaftssteuerinitiative

Flucht der Superreichen? Bundesrat warnt vor Folgen der Juso-Erbschaftssteuerinitiative

13.12.2024, 14:0013.12.2024, 15:48
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Der Bundesrat warnt vor den Folgen der Juso-Initiative zur Besteuerung von Millionenerbschaften zugunsten des Klimas. Aus seiner Sicht könnte das Volksbegehren unter dem Strich zu weniger Erträgen führen, weil die meisten Superreichen die Schweiz verlassen würden.

Mitglieder der JUSO Schweiz reichen die Initiative mit 140 000 Unterschriften "Fuer eine soziale Klimapolitik ? steuerlich gerecht finanziert (Initiative f
Die Juso beim Einreichen der Unterschriften für die Initiative.Bild: keystone

Am Freitag hat der Bundesrat die Botschaft zur Volksinitiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich gerecht finanziert (Initiative für eine Zukunft)» ans Parlament überwiesen. Die Initiative fordert eine Besteuerung von 50 Prozent auf Nachlässen und Schenkungen von mehr als 50 Millionen Franken. Dieses Geld soll in Klimaschutzmassnahmen investiert werden. Dies würde auch Unternehmerinnen und Unternehmer treffen.

Die Initiative sieht auch Massnahmen zur Verhinderung von Steuervermeidung vor, insbesondere in Bezug auf den Wegzug aus der Schweiz. Diese sollen gemäss Initiativtext rückwirkend auf den Abstimmungstag in Kraft gesetzt werden.

Wie bereits im Mai angekündigt, lehnt der Bundesrat die Initiative aus zahlreichen Gründen ab. Auch will er keinen Gegenvorschlag. «Die Bekämpfung des Klimawandels hat hohe Priorität, die vorgeschlagene Finanzierung ist aber problematisch und nicht zielführend», sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Bern vor den Medien.

«Es würden weniger Steuern anfallen»

Schätzungen auf Basis eines Gutachtens zeigen laut dem Bundesrat, dass die Initiative insbesondere bei den Kantonen und Gemeinden zu Mindereinnahmen führen könnte. Bis zu 98 Prozent des Steuersubstrats der Superreichen könnten demnach aus der Schweiz abwandern. «Es würden nicht mehr, sondern weniger Steuern anfallen», sagte Keller-Sutter.

Der Bundesrat kritisiert an der Initiative weiter deren Eingriff in den Föderalismus. Die Erhebung einer Erbschaftssteuer falle in die Zuständigkeit der Kantone. «Die Initiative schränkt fiskalischen Spielraum der Kantone ein.»

Ausserdem wäre die Umsetzung des Volksbegehrens äusserst komplex und mit vielen Unsicherheiten verbunden, führte Keller-Sutter aus. Zwar wäre ein Wegzug aus der Schweiz bis zum Erlass der Umsetzungsgesetzgebung noch möglich. Eine Wegzugssteuer - wie sie die Initiantinnen und Initianten ins Spiel gebracht haben - betrachtet der Bundesrat als «unverhältnismässigen Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger».

«Wir sehen keinen Handlungsbedarf»

Nicht zuletzt stört sich der Bundesrat an der Zweckbindung der Steuer. Es sei nicht sachgerecht, die Mittel einseitig für Klimamassnahmen einzusetzen, ohne dass der effektive Bedarf an Mitteln berücksichtigt werde, so Keller-Sutter. «Der Staat gäbe Geld für Fördermassnahmen aus, weil er das Geld hat und ausgeben muss.» Hohe Ineffizienzen und Mitnahmeeffekte wären aus Sicht des Bundesrats die Folgen.

Keller-Sutter betonte, dass die Schweiz «sehr aktiv» sei in der Klimapolitik. Auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel bis 2050 gebe es bereits definierte und beschlossene Vorlagen. Die Schweiz investiere schon heute jährlich 2 Milliarden Franken für den Klimaschutz.

«Wir sehen keinen Handlungsbedarf», fasste Keller-Sutter die Haltung des Bundesrats zusammen. An die Adresse von Superreichen und Unternehmer sagte Keller-Sutter auf Nachfrage eines Journalisten: «Man kann eine gewisse Gelassenheit haben vor dem politischen Prozess.» Sie hoffe, dass viele Unternehmer ihre eigene Situation erklären würden und nicht in Hektik verfielen.

Breiter Widerstand gegen die Initiative

Im Sommer dieses Jahres hatten sich Wirtschaftsgrössen wie der Thurgauer Unternehmer Peter Spuhler vehement gegen die Initiative ausgesprochen. Der Bundesrat schrieb danach in einer Antwort auf eine Interpellation aus dem Parlament, dass eine rückwirkende Besteuerung von Nachlässen und Schenkungen «staatspolitisch höchst problematisch» wäre.

Auch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren (FDK) nahm ungewöhnlich früh Stellung gegen die Initiative. Diese sei «Gift für den Standort Schweiz».

Die Idee einer nationalen Erbschaftssteuer dürfte im Parlament indes chancenlos sein. Die zuständige Nationalratskommission sagte Ende Oktober deutlich Nein zu einer von EVP-Nationalrat Marc Jost (BE) eingereichten parlamentarischen Initiative. Diese Initiative verlangte, eine Bundessteuer auf Millionen-Nachlässen von natürlichen Personen zugunsten der Finanzierung der AHV einzuführen. (sda/nzu)

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139 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Mister Pucker
13.12.2024 14:18registriert August 2018
Immer wieder sagt man uns, die Superreichen gehen. Ganz ehrlich: wenn die nicht fair besteuert werden, und uns dann über Mieten, unfaire Löhne usw. noch schröpfen, dann weiss ich auch nicht, warum mich das stören sollte. Die Schere geht auf. Mit der Steuer gäbe es wenigstens leichtes Gegensteuer zum Oligarchentum.
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En Espresso bitte
13.12.2024 14:20registriert Januar 2019
Ab 50 Mio? Ach kommt schon... Jeder, der 50 Mio hat, hat jemanden, der weiss, wie man Steuern umgehen kann.
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skandalf
13.12.2024 14:14registriert November 2021
Lasst euch nicht schonwieder von der bürgerlichen pr- Masche einschüchtern. Immer das selbe.
Wenn viele reiche gingen würden die Mieten dafür sinken.
Sie gehen aber nicht. Wohin denn? In die USA in eine Siedlung für reiche die eingemauert und bewacht werden muss?
Wohl kaum!
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